Severin Groebner im Kabarett Niedermair
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Kultur

Groebner: „Wir sind Dreckschleudern“

Wird es wegen des Klimawandels eine „Zimmerpflanzenverordnung“ geben? Müssen wir unsere Hunde aufessen? Severin Groebner blickt bei der Wien-Premiere seines neuen Kabarettprogramms in die Zukunft – es trägt den Titel „gut möglich“.

„Was hast du damals gemacht, als die Polen überfallen worden sind?“, hat Kabarettist Severin Groebner einst seinen Opa gefragt. Und was werden ihn selbst seine Enkel einmal fragen? „Opa, was hast du damals gemacht, als das Eis von den Polen geschmolzen ist?“.

Jetzt ist es für Enkelkinder schlimm, wenn sie das NSDAP-Parteibuch der Großeltern finden. Doch wie wird es einmal sein, wenn die künftige Generation unser Bonusmeilenheft der Fluglinie findet? Auf wen werden wir uns herausreden können? Und wie nachhaltig böse werden unsere Enkel auf uns „freiwilligen Dreckschleudern“ sein?

Der Spitz an der Tafel

Groebner stellt am Wochenende bei der Wien-Premiere seines Soloprogramms „gut möglich“ im Kabarett Niedermair nicht nur viele Fragen zur Zukunft. Er denkt sich auch alle möglichen Untergangsszenarien aus, wie es tatsächlich einmal sein könnte. Wird es in den Wohnungen eine „Zimmerpflanzenverordnung“ geben, um dem Klimawandel entgegenzusteuern?

Plakat „gut möglich“
ORF/ Florian Kobler

Severin Groebner

spielt „gut möglich“ noch am 21.9.2019, 19.30 Uhr, im Kabarett Niedermair. Er veröffentlicht regelmäßig Kolumnen in der „Wiener Zeitung“. 2013 bekam er den Österreichischen Kabarettpreis für sein Programm „Servus Piefke!“ – mehr dazu in Groebner: „In Wien musst du immer bitte sagen“ (wien.ORF.at).

„Hundert Prozent von den Hunden sind verschwunden“, ist Groebner jedenfalls überzeugt. Das liege am Siegeszug der traditionellen chinesischen Küche. „Früher haben wir die Hunde mit Stöckchen gehabt, jetzt mit Stäbchen.“ Da bekommt das Wort Tafelspitz eine ganz andere Bedeutung.

Europäer flüchten nach Afrika

„Keine Zukunft ohne Herkunft.“ Die Menschheit beeinflusst das Wetter chemisch und lässt es überall regnen, „wo dafür bezahlt wird“. Österreich hat einen Bundeskanzler Kevin, Nationalisten haben europaweit die Währung unbenannt, „um das wirtschaftliche Heimatgefühl zu stärken. Der Euro heißt jetzt Unsro“. Oder die Nationalisten gewinnen doch nicht, weil „jede braune Scheiße irgendwann in der Kanalisation landet.“

Weil Grönland schmilzt, geht Europa unter und die Sahara wird grün. Afrika wird zum Traumziel für Wirtschaftsflüchtlinge aus Europa. „Die hungernden europäischen Migranten werden nach Afrika ziehen, wo sie vor der Küste von den Grenzschutztruppen der Afrikanischen Union in Lager gesteckt werden. Es gibt aber auch Afrikaner, die das unmenschlich finden – und die unterschreiben dann eine Petition.“

Soziale Netzwerke ohne Freunde

Warum wird seit Jahren an der Erfindung der künstlichen Intelligenz gearbeitet aber nicht an der künstlichen Dummheit, fragt sich Groebner. „Weil die breitet sich ganz evolutionär natürlich aus. Hie und da geht man auf die Straße und denkt sich: Sind schon wieder mehr geworden.“

Groebner ist sich sicher, dass Menschen „nichts schneller loswerden wollen als Verantwortung“. Deshalb leben sie vielleicht auch gerne in einem Überwachungsstaat, wo jeder jeden überwacht und eine Maschine alle. „Es ist wie in den sozialen Netzwerken, nur ohne Freunde.“ Die überwachende „Mama-Maschine“ ist ein „allgemeiner logischer großer Algorithmus – kurz ALGA“. Immerin scheitert die Maschine zumindest an den Wienerinnen und Wienern. „Weil sie nie das sagen, was sie meinen.“

Eine echte Revolution

Damit Reiche dem Chaos auf der Erde entkommen können, wird es natürlich Flüge zum Mars geben – vermutlich mit den üblichen Komplikationen. „Die Raumfähre zum Mars, geplante Abfahrt um 21.30 Uhr, verspätet sich aufgrund von Sonnenwinden um wenige Monate.“ Aber selbst wenn der Planet verwüstet ist, hat Groebner noch eine Hoffnung: Dass Frauen oder Aliens die Macht übernehmen und den Schaden wieder gut machen, also ordentlich zusammenräumen. Doch was werden sich Aliens denken, wenn sie die Waldbrände und Kohleförderanlagen sehen. „Die Spezies, die da wohnt, so wie die baggern und buddeln und bohren, mir scheint, die haben was verloren.“

Groebner ist überzeugt davon, dass er sterben wird. Davor hätte er aber eigentlich noch gern eine Revolution erlebt – „also eine echte, keine Spülmaschinentabs“. Groebner bringt seinen schwarzen Humor über die Apokalypse der Menschheit schlau und lustig auf die Bühne. Seine Szenarien für die Zukunft sind überspitzt, spielen mit Vorurteilen und Ängsten. Sie sind aber – wie sein Programm schon sagt – auch irgendwie „gut möglich“. Darüber zu lachen ist deshalb an manchen Stellen gar nicht so einfach. Auch wenn Humor bestimmt der beste Wegbegleiter für die Zukunft ist.