Hellmut Samonigg MedUni Graz, Wolfgang Fleischhacker MedUni Innsbruck, Markus Müller MedUni Wien
Johannes Greß
Johannes Greß
Chronik

MedUni Wien: Qualität der Lehre gefährdet

Die von der ÖVP geforderte Verdoppelung der Studierendenzahl an den Medizinischen Universitäten Österreichs stößt auf Kritik. MedUni-Wien-Rektor Markus Müller sieht das internationale Ansehen seiner Einrichtung gefährdet.

Österreich hat keinen Ärztemangel und braucht auch nicht mehr Studienplätze für Medizinstudentinnen und -studenten. Das stellten die drei Rektoren der MedUni Graz, Hellmut Samonigg, der MedUni Innsbruck, Wolfgang Fleischhacker und der MedUni Wien, Markus Müller am Montag klar.

Um einen etwaigen Ärztemangel zu beheben, hatte die ÖVP im Laufe des Wahlkampfs gefordert, die Zahl der Studienplätze an den MedUnis zu verdoppeln. Eine solche Verdoppelung gehe an den aktuellen Herausforderungen der medizinischen Versorgung in Österreich vorbei, produziere eine „absurd hohe Zahl“ an Studierenden und sei mit einem „unheimlichen finanziellen Aufwand“ verbunden, kritisierten die drei Rektoren unisono.

Markus Müller, Rektor der MedUni Wien über die medizinische Versorgungslage in Österreich

Österreich ein „Nettoproduzent“

Die Qualität der Ausbildung, die man derzeit an der MedUni Wien anbietet, könne mit einer Verdoppelung der Studierendenzahl nicht gehalten werden, so der MedUni-Wien-Rektor Müller. Die Wiener Medizinuni ist in mehreren Uni-Rankings unter den Top 100 der Welt gelistet. Dies sei auch ein Garant für die „internationale Sichtbarkeit Österreichs“ im Bereich Medizin und universitärer Ausbildung, so Müller. Durch den ÖVP-Vorschlag sieht er diesen Status jedoch gefährdet.

Markus Müller, Rektor MedUni Wien, Pressekonferenz
Johannes Greß
MedUni Wien-Rektor Markus Müller übt Kritik am ÖVP-Vorschlag, die Studienplätze an Österreichs MedUnis zu verdoppeln.

„Österreich ist ein Nettoproduzent von Ärztinnen und Ärzten“, so Müller. De facto würden mit einem Ausbau der Studienplätze „mit österreichischem Steuergeld noch mehr Medizinerinnen und Mediziner für andere Länder ausgebildet“. Sechs von zehn Absolventinnen und Absolventinnen finden laut Müller derzeit einen Job in Österreich, der Rest geht nach dem Studium ins Ausland. Ein Studienjahr koste pro Studierenden jedoch rund 70.000 Euro, ein komplettes Studium also bis zu einer halben Million Euro. Zu teuer, wenn man bedenke, dass viele ohnehin nicht im Land bleiben würden.


Laut Müller sei das Problem nicht im universitären Betrieb zu suchen.

„Mythos Ärztemangel“

Österreichweit gibt es derzeit 494 arbeitslose Ärztinnen und Ärzte. Von einem „Mangel“ könne daher nicht die Rede sein. Den angeblichen „Ärztemangel“ in Österreich betitelt Müller als „Mythos“. Verbesserungsbedarf gebe es anderswo. Beispielsweise in der regionalen Verteilung von Ärztinnen und Ärzten, also zwischen Stadt und Land. Zudem plädiert er dafür, sich mehr auf „Maßnahmen nach dem Studium“ zu konzentrieren. Viele Absolventinnen und Absolventen würden oft ein Jahr lang auf einen Ausbildungsplatz warten. Einer zunehmend „mobileren Generation“ falle es leicht, einfach in die nächstbessere Stadt zu übersiedeln. Nur allzu oft ist diese Stadt dann eine Deutsche.