Totale im Fernsehstudio – Reaktionen der Parteien
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Politik

Wien: Grüne für Sondierung, FPÖ für Opposition

Die Reaktionen der Wiener Parteien auf das Wahlergebnis fallen erwartet gemischt aus, während ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel jubelt, zeigt sich vor allem die FPÖ niedergeschlagen. Sie wollen in die Opposition gehen, die Grünen dafür Sondierungsgespräche mit der ÖVP führen.

In der Frage nach einer möglichen türkis-grünen Koalition sieht die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein nun ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Zug: „Jetzt liegt es an Herrn Kurz zu entscheiden.“ Hebein betonte, dass das Ergebnis mit viel Verantwortung verbunden sei: „Das ist uns bewusst.“ Sie sei in Hinblick auf eine mögliche Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP einer Meinung mit dem grünen Spitzenkandidaten Werner Kogler: Es sollten ernsthafte Sondierungsgespräche geführt werden.

Birgit Hebein
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Birgit Hebein spürte Rückenwind für ihre Politik

ÖVP braucht „komplette Wende“

Hebein erinnerte aber, dass Kurz noch vor kurzem eine Mitte-Rechts-Regierung wollte. Dies werde sich nicht mit den Grünen ausgehen. Für die Grüne Ex- und bald Wieder-Abgeordnete Sigrid Maurer müsste es für eine mögliche türkis-grüne Koalition inhaltlich schon eine „komplette Wende“ geben.

Die Grünen haben sich in Wien bei den Stimmen mehr als verdreifacht. „Das Entscheidende für mich ist, dass das Thema Klimaschutz umgesetzt werden muss – und zwar auf allen Ebenen überall. Das ist jetzt tatsächlich der Auftrag. Ich bin auch in Wien hier vorangegangen als Klimaschutz-Stadträtin, spüre hier einen Rückenwind und hier gilt es nicht lockerzulassen“, sagt Vizebürgermeisterin Hebein.

FPÖ sieht keinen Regierungsauftrag

In der FPÖ mehren sich hingegen die Stimmen, die die Partei angesichts des schwachen Ergebnisses der Nationalratswahl künftig in der Opposition sehen. Auch der Wiener Landesparteiobmann Dominik Nepp zählt dazu: „Ich sehe diese 16 Prozent jetzt nicht als Regierungsauftrag“, sagte er mit Verweis auf die Hochrechnungen. „Ich sehe die FPÖ in der Opposition“, unterstrich Nepp klar.

Michael Stumpf
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Michael Stumpf spricht von einem „Debakel“

Ebenso wie Generalsekretär Harald Vilimsky plädierte er für einen „Neustart“ der Partei – konkret in organisatorischer und struktureller Hinsicht. Als Beispiel nannte er „interne Compliance-Regeln“. Inhaltlich müsse die Partei hingegen ihren bisherigen Themen wie Sicherheit oder der politische Islam treu bleiben. Sein Landesparteisekretär Michael Stumpf unterstreicht das im „Wien heute“-Interview: „Dieses Ergebnis ist ein Drama, es ist aber vor allem ein Drama für Österreich, weil dieses Ergebnis keinen Regierungsauftrag widerspiegelt der FPÖ gegenüber und so bleibt nur eine Option links der FPÖ und das ist dramatisch auch für unser Land.“

SPÖ steht hinter Rendi-Wagner

Die SPÖ hat auch in Wien stark verloren. Landesparteisekretärin Barbara Novak sprach in „Wien heute“ dennoch von einem „sehr guten und ambitionierten Wahlkampf“. Pamela Rendi-Wagner stärkte sie als SPÖ-Parteichefin den Rücken: „Sie hat einen großartigen Wahlkampf gemacht.“ Über eine Ablöse denkt sie nicht nach, die Sozialdemokratie sei „loyal und solidarisch“.

Barbara Novak
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Barbara Novak sieht in der SPÖ eine „loyale und solidarische“ Partei

„Wir werden das Wahlergebnis nutzen, um inhaltliche Konsequenzen zu ziehen“, sagte Bürgermeister Michael Ludwig. Das historisch schlechteste Abschneiden hänge laut Ludwig allerdings nicht nur mit der eigenen Partei zusammen, sagte er. Es habe auch mit dem Erstarken anderer Parteien zu tun, sprach er die „zwei klaren Sieger“ ÖVP und Grüne an – und merkte an: „Es ist sicher gut, dass die Grünen wieder im Parlament sind.“ Die FPÖ habe der ÖVP „durch selbst verschuldete Skandale die Möglichkeit geboten, enttäuschte Wähler abzuziehen“, analysierte Ludwig den Wahlerfolg der Volkspartei, zu dem er jedoch gratulierte.

Als künftige Regierung erhofft sich Novak eine „Koalition, die vor allem auch für die Wienerinnen und Wiener gut ist“. Das sei bei der ÖVP-FPÖ-Regierung nicht der Fall gewesen. Für eine mögliche SPÖ-Regierungsbeteiligung sei es noch zu früh, so die Parteisekretärin. Meint aber, das sei eine Frage, „die schwierig sein wird für die Wiener Grünen“.

ÖVP sieht Kurs bestätigt

Für den Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel ist das Ergebnis ein „sehr, sehr erfreuliches, ich bedanke mich für den großen Vertrauensbereich.“ Zu möglichen Koalitionen wollte er sich nicht äußern. Aber aus dem Ergebnis interpretiert er zwei Dinge heraus: „Einerseits, dass jene Parteien abgewählt oder abgestraft worden sind, die Sebastian Kurz im Parlament abgewählt haben. Und zweitens, dass wohl auch der Wille da ist, dass der künftige Kanzler Sebastian Kurz heißen soll.“

Gernot Blümel
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Gernot Blümel will den ÖVP-Kurs auch in Wien fortsetzen

In Hinblick auf die kommende Wien-Wahl sagt Blümel, dass es schön sei zu sehen, „dass die Menschen sehr zufrieden sind mit dem Kurs, den die Bundesregierung eingeschlagen hat. Das heißt, keine neuen Schulden, die Steuern senken, auch den Kampf gegen illegale Migration führen – und ich glaube, das sind auch wesentliche Themen gerade im Ballungsraum: Wenn ich mir ansehe, dass in vielen Schulen 80, 90 teilweise 100 Prozent Klassen da sind, wo Schüler mit Migrationshintergrund sind. Und deswegen glaube ich, dass wir diesen Weg auch in Wien fortsetzen wollen.“

NEOS feiert bestes Ergebnis einer liberalen Partei

„Wir sind sehr zufrieden. Das ist das beste bundesweite Ergebnis, das eine liberale Partei in Österreich jemals bei einer Nationalratswahl hatte“, sagt Christoph Wiederkehr, Chef von NEOS Wien. „Wir sind sehr gestärkt.“ Auf das Thema Koalition angesprochen sagt Wiederkehr: „Wir haben immer gesagt, dass wir auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, weil es auch eine Alternative zu dieser ehemaligen Regierung gebraucht hat.“

Christoph Wiederkehr
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Für Christoph Wiederkehr ist NEOS bereit, „Verantwortung zu übernehmen“

Das Plus in Wien ist für Wiederkehr „ein richtiger Rückenschub für unsere Themen – nämlich beste Bildung (…) und die Frage der Transparenz.“ Gestärkt mit diesen Themen will NEOS auch in den Gemeinderatswahlkampf gehen.