Viennale-Präsident Eric Pleskow 2015
APA/Herbert Neubauer
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Hollywood-Legende Eric Pleskow ist tot

Der oscarprämierte Produzent und Viennale-Präsident Eric Pleskow ist heute im Alter von 95 Jahren gestorben. Pleskow flüchtete als Jugendlicher vor den Nazis aus Wien in die USA und wurde dort zu einem der mächtigsten Filmtycoons Hollywoods.

Der gebürtige Wiener starb am Dienstag in den USA, bestätigte die Viennale. „Sein Tod ist für uns alle ein großer Verlust. Eric hatte ein erfülltes und langes Leben und wir schätzten ihn als langjährigen Freund und Begleiter unseres Festivals“, trauerte das Team der Filmfestivals in einer Aussendung. „Als Präsident und Schutzpatron der Viennale hat er uns mit seinem Humor und seiner Weitsicht stets getragen. Er wird uns sehr fehlen.“

Mit Pleskows Tod würden Wien und Österreich einen „treuen Freund und Botschafter des heimischen Kunstschaffens“ verlieren, würdigte Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Produzenten. Trotz seiner Vertreibung aus Wien „verband ihn mit seiner Heimatstadt Wien doch eine große Zuneigung“ und er sei ein „starker Mentor aller Filmschaffenden“ gewesen. Pleskow habe durch seine internationalen Kontakte, seine Kompetenz und sein Ansehen zum großen Erfolg der Viennale beigetragen, konstatierten Bürgermeister Michael Ludwig und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (beide SPÖ).

Eric Pleskow bei der Viennale-Eröffnung 2010
APA/Georg Hochmuth
Pleskow war als Präsident der Viennale regelmäßig in Wien

Eine Karriere wie im Film

Auch Kulturminister Alexander Schallenberg würdigte den Verstorbenen am Dienstag als „beeindruckende Persönlichkeit“, deren Tod ein schmerzhafter Verlust für den österreichischen Film und die heimische Filmbranche sei: „Sein Engagement wird der heimischen Kulturlandschaft sehr fehlen.“

„Kino war mein Leben“, sagte Pleskow einst in einem Interview. Und sein Werdegang liest sich wie Kino: Nach seiner Flucht aus Wien in den 1930er Jahren landete er in den USA zufällig beim Film. Im Laufe seiner Karriere war Pleskow als oscarprämierter Produzent für zahlreiche Kinomeisterwerke wie „Das Schweigen der Lämmer“, „Einer flog über das Kuckucksnest“, „Der Stadtneurotiker“ und „Amadeus“ mitverantwortlich.

20 Filme für Woody Allen produziert

Sein Zuhause waren seit Jahrzehnten die USA. Ab Ende der 90er Jahre war Pleskow aber auch regelmäßig zu Gast in Wien, als Präsident der Viennale und als Jurymitglied des Wiener Filmfonds. In ersterer Funktion war er für seine humoristischen, politischen Reden bekannt, die der verschmitzte „Frühstückspräsident“, wie er sich selbst bezeichnete, bei der Eröffnung hielt. Seit ihn Rückenprobleme von der Teilnahme am Festivalauftakt 2011 abhielten, musste er „seinen“ Festspielen wiederholt fernbleiben, unterhielt aber stets mit amüsanten Grußbriefen zum Auftakt das Publikum.

TV-Hinweis

ORF2 zeigt am Dienstag in Memoriam die Doku „I’m about winning – Der Filmtycoon Eric Pleskow“. Anschließend ist um 0.20 Uhr der von Pleskow produzierte Woody-Allen-Streifen „Der Stadtneurotiker“ zu sehen. Am Samstag sendet ORF1 um 23.35 Uhr „Das Schweigen der Lämmer“.

Einer der zentralen beruflichen Wegbegleiter Pleskows abseits der Viennale war zweifelsohne Woody Allen, für den er 20 Filme produzierte, darunter „Der Stadtneurotiker“ (1977) und „Hannah und ihre Schwestern“ (1986). Ob er nun ein Drehbuch von Allen oder einem Unbekannten in die Hände bekam – er las sie alle, um dem Schreiberling damit Respekt zu zollen, wie Pleskow einst sagte.

Geboren als Erich Pleskoff

Der Respekt war auch wichtiger Bestandteil von Pleskows Rezept für einen guten Film. „Nehmen Sie eine berührende Geschichte, ein gutes Drehbuch und einen leidenschaftlichen Regisseur. Dann braucht man auch noch einen bekannten Hauptdarsteller und eine große Portion Glück.“ Pleskow wusste es stets, all diese Zutaten meisterhaft zu kombinieren. Neben Allen arbeitete er mit Regiegrößen wie Billy Wilder, Francis Ford Coppola, Federico Fellini und Martin Scorsese, entdeckte Oliver Stone, Milos Forman und Sylvester Stallone.

Pleskow, am 24. April 1924 als Erich Pleskoff geboren, entstammte einer Wiener Kaufmannsfamilie, die 1938 auf gefährlichen Fluchtwegen über Paris in die USA gelangte. Dort gelang ihm mit viel Fleiß und Einsatz eine große Karriere. Er absolvierte ein Ingenieurstudium und kam über verschiedene Tätigkeiten mit dem Dokumentarfilm in Berührung. „Zuerst hab ich Kaffee geholt, dann als Editor begonnen, also mit Filmschnitt“, erinnerte er sich einmal in einem Interview.

Viennale-Präsident Eric Pleskow 2015
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Pleskow wurde als Sohn einer Kaufmannsfamilie in Wien geboren

Nachkriegsfilmindustrie mitaufgebaut

Als Mitglied der US-Militärregierung kehrte Pleskow, der die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, nach Europa zurück und baute in München die bayerische Nachkriegsfilmindustrie mit auf. Er eröffnete die Bavaria-Studios wieder, vergab Lizenzen an neue Filmfirmen wie Constantin, war für die Entnazifizierung von deutschen Filmschaffenden zuständig. 1946 bis 1948 war er als Filmberater für das War Department tätig, danach zwei Jahre lang stellvertretender Geschäftsführer der Motion Picture Export Association (MPEA) in Deutschland und Repräsentant für die Sol Lesser Productions.

1951 wechselte Pleskow zur US-Filmfirma United Artists, wo er in verschiedenen Funktionen arbeitete: 1962 wurde er Vizepräsident des internationalen Vertriebs der Firma, 1973 Executive Vice President und neun Monate später – als zweiter Europäer nach Charles Chaplin – Präsident. Unter seiner Ägide entstanden zehn Filme, die den Oscar als bester Film des Jahres erhielten, darunter 1960 Wilders „Das Appartement“, 1975 Formans „Einer flog über das Kuckucksnest“ und 1977 Allens „Der Stadtneurotiker“.

Mitgründer der Firma Orion Pictures

1978 gründete er mit mehreren Partnern die Firma Orion Pictures, wo er als Präsident und Chief Executive Officer fungierte. Während seiner Präsidentschaft wurden u. a. die oscargekrönten Filme „Amadeus“ (1984, Forman), „Platoon“ (1986, Stone), „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990, Kevin Costner) und „Das Schweigen der Lämmer“ (1991, Jonathan Demme) produziert. 1992 schied Pleskow bei Orion aus und gründete mit Barry Spikings eine eigene unabhängige Filmgesellschaft. Gemeinsam mit Leon de Winter und der gemeinsamen Firma Pleswin Entertainment produzierte er etwa 2001 Sönke Wortmanns „Der Himmel von Hollywood“.

Eric Pleskow im April 2019 in seinem Zuhause in den USA mit dem Goldenen Rathausmann
Klaus Lintschinger
Im April wurde Pleskow in seinem Zuhause in den USA der Goldene Rathausmann der Stadt Wien überreicht

Altersdomizil in der Nähe von New York

Als sein Altersdomizil hatte sich Pleskow Westport, Connecticut, eine Zugstunde von New York entfernt, auserkoren. Anerkennung von jener Stadt, aus der er einst fliehen musste, erhielt er in Form des Goldenen Verdienstkreuzes 1971 und der Ehrenbürgerschaft Wiens 2007 – für ihn die „wahrscheinlich wichtigste Auszeichnung, die ich je erhalten habe“. 2009 folgte das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Aber auch andernorts wurde Pleskows Wirken gewürdigt: 1972 verlieh ihm die italienische Regierung die Commenda del Ordine della Repubblica Italiana, 1989 wurde er in Frankreich als Officier de l’ordre des Arts et des Lettres geehrt, 1998 erhielt er in München den CineMerit Award. Und auch Auszeichnungen in Form eines filmischen Denkmals wurde ihm zuteil: 2006 stellte Schauspielerin Andrea Eckert bei der Viennale ihre Doku „I’m About Winning – Der Filmtycoon Eric Pleskow“ vor. Und 2012 schloss sich Lukas Sturm mit der Dokumentation „Die Porzellangassenbuben“ über Pleskow und Ari Rath an.