Schmidt bei einer Pressekonferenz der Foreign Press Association
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Kultur

Schmidt: „Habe nicht mit Brüskierung gerechnet“

Die Absage als Direktor für das Kunsthistorische Museum (KHM) des Kunsthistorikers Eike Schmidt sorgt für große Aufregung in der Kulturszene. In seinem ersten Interview in Österreich sagte der Deutsche am Donnerstagabend, er habe nicht mit Brüskierung gerechnet.

Der Vortragstermin im Wiener Semperdepot war schon längere Zeit vorausgeplant. Dass er auf so ein Medieninteresse stößt, war nicht vorhersehbar. Seit der Absage des KHM-Direktorenpostens, den er im November antreten hätte sollen, ist das Interesse an der Person Schmidt jedenfalls gestiegen. Donnerstagabend hat sich der derzeitige Leiter der Uffizien in Florenz erstmals auch in Österreich zu seiner Absage zu Wort gemeldet.

Museumspolitische Änderungen in Italien als Absagegrund

Im Interview mit Ö1 erzählte Schmidt, dass er erst vor einer Woche entschieden habe, in Florenz zu bleiben. Dort ist er seit 2015 als Direktor tätig. Die Entscheidung sei auch für ihn selbst nicht absehbar gewesen. Hauptgrund dafür war, dass ihm Florenz sehr ans Herz gewachsen sei und dass durch die museumspolitischen Änderungen in Italien in den letzten Wochen neue Möglichkeiten geschaffen werden, so der deutsche Kunsthistoriker.

Auf die Frage, ob er über die negativen Reaktionen aus Wien aufgrund seiner Absage überrascht gewesen sei, antwortete der 51-Jährige: „Ich habe nicht mit einer Brüskierung gerechnet, ich habe aber damit gerechnet, dass das Wellen schlagen wird. Ich denke auch, dass der Wirbel, den es gab, auch sehr daran lag, dass die Nachricht vorweg von der Presse gegeben wurde, bevor ich mich mit allen und insbesondere mit dem Minister getroffen habe.“

Kunsthistorisches Museum von außen mit Flagge
APA/Hans Punz
Für die Leitung des Kunsthistorischen Museums muss nun von der Politik rasch eine neue Lösung gefunden werden

Absage in Wien ohne Vertrag in Florenz

In Wien hat Schmidt abgesagt, ohne in Florenz einen neuen Vertrag unterschrieben zu haben. Zwischen den Stühlen sieht er sich dennoch nicht: „Nichts macht mich sicher, dass ich einen neuen Vertrag bekommen werde, aber man muss sich manchmal eben in die Waagschale werfen.“ Mit Sabine Haag und Paul Frey, die das Museum seit über zehn Jahren führen, sei das Museum sehr gut abgesichert. Man könnte sich insofern gar keine stabilere Situation wünschen, so Schmidt.

Zu seiner Entscheidungsfindung sagte der Kunsthistoriker weiter: „Ich habe, als ich mit diesen Erwägungen begann, zuallerst mit Sabine Haag Kontakt aufgenommen und sie gefragt, ob sie bereit wäre, und tatsächlich war sie das. Das war für mich auch keine Überraschung, weil ich das immer schon gefühlt habe. Ich habe daraus auch sicherlich Kraft für meine eigene Entscheidung gezogen.“

Ob rechtliche Schritte aufgrund der Absage Schmidts eingeleitet werden, ist derzeit noch nicht bekannt. Er sei kein Verwaltungsjurist, so der Deutsche im Ö1-Interview. Rechtliche Fragen hätten bei seinem Entscheidungsprozess keine Rolle gespielt.

Schmidt über Haag: „Es kann nicht zwei Direktoren geben“

Im Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“ äußerte sich Schmidt sehr detailliert zu Haag, die mittlerweile gebeten wurde, das KHM weiterhin interimistisch zu führen: „2017 wurde ich zum neuen Generaldirektor berufen. Doch ich konnte rasch feststellen, dass meine Vorgängerin Sabine Haag keinen neuen Posten außerhalb des Museums angenommen hat, wie es zu erwarten gewesen wäre. Meines Wissens hat sie sogar einige Angebote ausgeschlagen.“ Es sei deutlich gewesen, dass sie Projekte hatte, die sie vorantreiben wollte.

Sie auf eine zweite Ebene herunterzustufen, wäre unwürdig gewesen, so Schmidt im „Spiegel“. „Für mich wurde immer deutlicher, dass sie gerne ihre Stelle behalten würde, und es kann nicht zwei Direktoren geben. Ich befürworte, dass sie es nun auch tatsächlich bleibt.“

Schmidt vor Bildern in den Florenzer Uffizien
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Schmidt ist seit 2015 Direktor der Uffizien in Florenz

Immer mehr Stimmen für Haag als alte, neue Leiterin

Unterdessen reißt in Österreich die Unterstützung für die interimistische KHM-Direktorin Haag nach dem überraschenden Rückzug von Schmidt nicht ab: Nach dem Museumsbund bekommt Haag nun auch von ICOM Österreich Rückendeckung: Das österreichische Komitee des internationalen Museumsverbands hofft auf eine rasche Bestätigung Haags durch Kulturminister Alexander Schallenberg, um „weiteren Schaden“ abzuwenden.

Haag sei eine „hervorragende Museumsmanagerin, die das KHM in ihrer Amtszeit großartig für die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet hat“, so ICOM-Österreich-Präsidentin Danielle Spera. Sie verweist auf „mutige Kooperationen zwischen moderner Kunst und Alten Meistern, fantastische Sonderausstellungen als Publikumsmagneten, neue Strategien im Social-Media-Bereich und viele Initiativen in Forschung und Vermittlung, um gerade auch Menschen mit Einschränkungen im Museum willkommen zu heißen.“