Volkstheater Außenansicht
APA/Hans Punz
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Kultur

Volkstheater: Finanzdrama und Mitarbeiterbenefiz

Die Finanzen, die Sanierung, Zwangspause für Mitarbeiter: Ein Drama in drei Akten spielt sich derzeit rund um das Volkstheater ab. Der Stadtrechnungshof (RH) fordert angesichts der „prekären Lage“ dringend nicht weniger als ein Konzept zur Rettung des Theaters.

Eine Eigenmittelquote von knapp über acht Prozent ist nur ein Anzeichen für die dramatische finanzielle Situation des Volkstheaters, so der RH. Auch stark gesunkene Besucherzahlen und eine sehr geringe Auslastung von rund 56 Prozent im Zeitraum 2015 bis 2018 machen dem Theater zu schaffen. Der RH berechnete, dass pro Besucher 91 Euro Zuschuss geleistet wurden. Vor mehr als zehn Jahren waren es nur 56 Euro. Hinzu kommt laut dem Bericht auch noch ein mit acht Prozent zu hoher Anteil an Freikarten.

Weitere Kritikpunkte des RH beziehen sich etwa darauf, dass die Zahlungsfähigkeit auf den Subventionen von Bund und Stadt beruht, auf die Zahl der Überstunden vor allem im Bereich der Technik, Prämien für Mitarbeiter, gestiegene Kosten für künstlerische Leistungen und Musik, Mehrkosten bei den Tantiemen, Mängel in der Organisation der Abläufe sowie eine fehlende interne Revision. Das alles zusammengenommen lässt den RH fordern, ein Sanierungskonzept für das Volkstheater zu erarbeiten, durch das „eine nachhaltig stabile wirtschaftliche Situation herbeigeführt werden“ soll.

Gábor Biedermann, Günter Franzmeier, Jan Thümer in Biedermann und die Brandstifter am Volkstheater
www.lupispuma.com / Volkstheater
Bei den Benefizveranstaltungen ist „Biedermann und die Brandstifter“ zu sehen

Benefizveranstaltungen für Mitarbeiter

Die angesprochene Sanierung läuft bereits. Nach dem 1. Jänner 2020 soll das Volkstheater bis in den Herbst hinein geschlossen werden, um die Sanierungsarbeiten durchführen zu können. Von den rund 200 Beschäftigten werde von der Unterbrechung des Betriebs „fast jeder“ mehr oder weniger betroffen sein, bei rund der Hälfte rechnet der kaufmännische Geschäftsführer Cay Stefan Urbanek mit höheren Einkommensverlusten. Das Volkstheater greift daher zu einer ungewöhnlichen Maßnahme, um diesen Beschäftigten unter die Arme zu greifen.

An zwei Tagen, dem 8. und 17. Oktober, finden Benefizvorstellungen mit Rahmenprogramm statt. Gezeigt werden zwei Vorstellungen von „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch. Urbanek rechnete mit einem Erlös von rund 30.000 Euro aus den beiden Veranstaltungen. Das Anliegen der Aktion sei, „die Beschäftigten zu unterstützen, deren Existenzen während der Arbeitsunterbrechungen durch die Sanierung gefährdet sind“, erklärte Betriebsrat Robert Leithner in einer Aussendung.

Bei den Benefizveranstaltungen gebe es zusätzlich die Möglichkeit, ein „Solidaritätspaket“ um 100 Euro zu erwerben. „Es beinhaltet neben der Karte für eine der Benefizvorstellungen eine Führung hinter den Kulissen und eine gemeinsame Weinverkostung mit Mitarbeiter/innen des Volkstheaters“, hieß es. Nach Ende der Saison 2019/20 werden wohl die meisten Beschäftigten beim AMS angemeldet. Mit einer Wiederaufnahme der Tätigkeit sei bei den meisten im Verlauf des Septembers oder Oktobers zu rechnen, so Urbanek: „Niemand soll länger als vier Monate arbeitslos sein.“

Letzte Veranstaltung im Volkstheater am 1. Jänner

„Wir sind stolz, dass wir unseren Zeitplan trotz der langen Ungewissheit halten konnten", sagte Urbanek. Gemäß diesem Plan wird die letzte eigene Vorstellung vor der temporären Schließung des Hauses am 31. Dezember „Biedermann und die Brandstifter“ gelten, die letzte Veranstaltung ist das Neujahrskonzert der Tschuschenkapelle am 1. Jänner. Am 15. Jänner wird in der Halle E des MuseumsQuartiers der Spielbetrieb mit der Dramatisierung des Romans „Schwere Knochen“ von David Schalko eröffnet.

Dann wird schon der neue künstlerische Leiter Kay Voges das Sagen haben. Er unterstütze das neue künstlerische Team mit vollem Elan, um eine reibungslose Übergabe zu gewährleisten, sagte Urbanek. Erste Klarheit über Voges’ Pläne werde es wohl gegen Ende Oktober geben. Laut Zeitplan soll ab Anfang November 2020 auf der neuen Bühne der erste Probebetrieb anlaufen können, mit Anfang Jänner 2021 soll der Spielbetrieb der neuen Direktion starten. „Dann wird wohl mit einem ähnlichen Premierenfeuerwerk zu rechnen sein wie derzeit am Burgtheater“, so Urbanek.

Neues Betriebskonzept kommt

„Im künstlerischen Betrieb wird stets auf die schwierige wirtschaftliche Lage des Hauses Rücksicht genommen“, so Urbanek, in einer schriftlichen Stellungnahme zum RH-Bericht. „Der Betrieb des Volkstheaters wird gerade einem umfassenden Umbruch unterzogen: Die Sanierung des Gebäudes und die Bestellung von Kay Voges als künstlerischem Direktor ab September 2020 führen zu grundlegenden Veränderungen im Betrieb und den künstlerischen Schwerpunktsetzungen“, so Urbanek weiter.

„Trotz der herausfordernden Situation und der Unsicherheiten rund um die notwendige Sanierung des Gebäudes wurde mit außerordentlichem Einsatz ein vielfältiger, seitens der Presse immer wieder gelobter Spielplan umgesetzt.“

Der RH hat in einem umfangreichen Bericht dringend ein finanzielles Sanierungskonzept eingefordert. Die Geschäftsführung stehe „erst am Anfang, um ein neues, umfassendes Betriebskonzept zu erstellen. Da organisatorische Änderungen (wie im Rechnungshof empfohlen) und neue künstlerische Abläufe ineinandergreifen und nur gemeinsam zu dem erwünschten Erfolg führen, müssen diese mit allen beteiligten Partner/innen gut abgestimmt werden“, schließt Urbanek.