Der eiserne Vorhang
APA/Roland Schlager
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Kultur

„Trojanisches Pferd“ für Eisernen Vorhang

Zum 22. Mal präsentiert die Staatsoper ein neues Kunstwerk am Eisernen Vorhang: Die österreichische Malerin Martha Jungwirth hat für die Brandschutzwand des Hauses am Ring ein „Trojanisches Pferd“ geschaffen.

Auf 176 Quadratmetern begrüßt die Besucher ein leicht abstrahiertes Pferd – für Kuratorin Antonia Hoerschelmann ein „magnetisches Gewühl an Farben“, in dem „der Körper des Pferdes als Raumgefüge so viel Luft, so viel Fragezeichen in sich trägt". Das Pferd ist beinahe eine zarte Erscheinung, fast noch ein Fohlen, und doch nicht zuletzt durch das dominante Rot dem Krieg und der Gewalt zuordenbar. Oder, wie Friederike Mayröcker es ausdrückt, die eigens für das Bild einen Text gedichtet hat: "..es bäumt sich auf das legendäre Pferd, das wunde Schlachtfeldpferd…“

Mayröcker: Große Anregung für ihre Arbeit

Jungwirth sei für sie „schon seit Jahrzehnten DIE Malerin“ und eine große Anregung für ihre Arbeit, betonte Mayröcker vor ihrer Lesung für ihre Freundin. „ein trojanisches Pferd im Gebüsch oder, der eiserne Vorhang, des Winters“ lautet der Titel des lyrischen Textes, in dem Mayröcker Flicken aus Alltagsbeobachtungen und Antikenwissen, Kunstgeschichte und Innenansichten in ihrer unverkennbaren poetischen Flechttechnik vereint.

Friederike Mayröcker und Martha Jungwirth
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Mayröcker dichtete für das Kunstwerk ihrer Freundin

Staatsopern-Direktor Dominique Meyer zeigte sich traurig, den schönen Akt der Eisernen-Präsentation zum letzten Mal zu vollziehen. Das heurige Werk erwecke bei ihm nicht zuletzt schöne Erinnerungen an die erfolgreiche Produktion von „Les Troyens“ von Hector Berlioz im Vorjahr. Das Kunstwerk Jungwirths, das durch Vorstellungs- und Führungsbesucher in den kommenden acht Monaten jedenfalls von mehr als 500.000 Gästen gesehen werde, sei „wunderbar, beeindruckend, einfach schön“.

Hauptwerk wird versteigert

Jungwirth, die im Jänner ihren 80. Geburtstag feiert, gehört zu den bedeutendsten Malerinnen nicht nur Österreichs. Mit vielen anderen teile sie jedoch den Umstand „dass sie diese Bedeutung in der Öffentlichkeit erst viel zu spät erhalten hat“, meinte Antonia Hoerschelmann. Ihre Atelierwände seien aber stets mit Neuem gefüllt – „als ich das Pferd zum ersten Mal dort gesehen habe, bin ich sofort gebannt stehen geblieben“, erzählte die langjährige Albertina-Kuratorin. Es sei ein Geschenk zu erleben, wie Jungwirth „die Welt sieht, die Löcher, aber auch die komplexen Präsenzen von Wirklichkeit“. „Das Bild“, wird Jungwirth selbst im Ausstellungstext zitiert, „ist ein intelligentes Fleckengefüge, nichts Festgefahrenes. Es geht um das Fluide, Durchsichtige, Offene.“

Staatsoperndirektor Dominique Meyer und die Künstlerin Martha Jungwirth vor dem Eisernen Vorhang
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Letzte Vorhangpräsentation für Meyer

Seit 1998 bespielt das Projekt Eiserner Vorhang in Kooperation von Staatsoper und museum in progress die gewaltige, temporäre Ausstellungsfläche. Heuer gibt es neben dem großen Werk auch einen ganzen Zyklus dazu, der im Donizetti-Salon ausgestellt ist. Zum Erwerb steht eine Edition von 65 Lithografien des Bildes. Das Hauptwerk von 1,20 mal 2 Meter, dessen Entsprechung sich auf dem Vorhang findet, kommt am 27. November im Auktionshaus im Kinsky zur Versteigerung. Es wird auf 60.000 bis 100.000 Euro geschätzt – die Hälfte des Erlöses geht an das Projekt Eiserner Vorhang.