Hoho-Gebäudeteile von außen
Vincent Leb/ORF
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Wirtschaft

Mehr als nur Pionierprojekt: Häuser aus Holz

Holz wird gerade in Zeiten des Klimawandels als Alternative zu Stahlbeton oder Zement gehandelt. In der Seestadt wird etwa gerade ein Holzhochhaus besiedelt. Forscher und Projektentwickler sehen großes Potential, aber auch noch Schwierigkeiten.

Die Fassade ist mit grau-braunen, gewellten Platten verkleidet, sie soll an Baumrinde erinnern. Im Inneren des Gebäudes schlägt einem der Geruch von Fichtenholz entgegen. Vor genau drei Jahren stand Projektleiterin Caroline Palfy beim Spatenstich des Holzhochhauses (HoHo) mit Schaufel und Helm auf dem Grundstück. Jetzt sitzt sie im Modellraum des zweithöchsten Holzgebäudes der Welt und blickt zufrieden auf die Bauphase zurück.

Hoho Vorzeigebüro
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Ein fertig eingerichtetes „Schaubüro“ im HoHo

Kostensteigerung einkalkuliert

Die ersten gewerblichen Mieter beziehen bereits ihre Räume, vor kurzem konnte Palfy den Vertrag mit der deutschen Hotelgruppe Dormero abschließen. Bis spätestens Herbst 2020 entstehen insgesamt 143 Hotelzimmer und Apartments in dem Holz-Hybridbau. Zu den weiteren Mietern zählen eine Bäckerei, ein Hörgeräte-Anbieter und ein Logistikunternehmen.

Die Kritik, das als „Pionierprojekt“ titulierte Gebäude habe mehr gekostet als die ursprünglich geplanten 65 Millionen Euro, lässt Palfy nicht gelten: „Die Baukosten haben gehalten. Wir haben nur höhere Ausbaukosten, weil einige Mieterinnen und Mieter spezielle Wünsche hatten. Die Errichtung von Hotelräumen lässt sich beispielsweise nicht mit den Baukosten von Büros vergleichen. Das wird sich aber in der Miete niederschlagen.“

Holz wird wettbewerbsfähiger

Auch die von Investor Günter Kerbler geäußerte Schätzung, das HoHo koste rund zehn Prozent mehr als vergleichbare Gebäude in konventioneller Bauweise, relativiert Palfy: Die zusätzlichen Kosten habe vor allem die notwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeit für das Projekt verursacht, nicht der Baustoff. „Holz ist absolut wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen Baustoffen.“

Darüber hinaus sieht Palfy zahlreiche Vorteile von Holz im Bau: Holz ist besonders tragfähig und stabil, hat ein geringes Eigengewicht, ist einfach zu verarbeiten und wächst in der Natur nach. Laut Alfred Teischinger, Professor am Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien, ist Holz außerdem der einzige Werkstoff, der in der Produktion CO2 aufnimmt: Während der Photosynthese verarbeiten Bäume Kohlenstoffdioxid zum für Menschen lebensnotwendigen Sauerstoff. Wird das Holz weiterverarbeitet und nicht etwa verbrannt, bleibt dieser CO2-Speicher erhalten.

Außerdem, so Teischinger, ist die Produktion von Holzbauteilen deutlich weniger energie- und schadstoffintensiv als bei Stahlbeton oder Zement: „Wenn wir tatsächlich eine CO2-Steuer einführen würden, dann wäre die Preisdifferenz zwischen Holz und konventionellen Baustoffen innerhalb kürzester Zeit weg. Jetzt wird der Schadstoffausstoß in der Zementproduktion – wir sprechen da von rund zehn Prozent aller weltweiten CO2-Emissionen – einfach nicht in den Preis einkalkuliert.“

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Hoho kleineres Gebäude
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Das Hoho besteht genau genommen aus zwei Gebäuden
Hoho groß
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Der größere Gebäudeteil misst 84 Meter – damit war das HoHo zwischenzeitlich das höchste Holzhaus der Welt
Hoho Fassade
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Die Fassade bilden beige Platten, die an Baumrinde erinnern sollen
Hoho-Seitengebäude Fassade
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Das kleinere Gebäude ist auch äußerlich als Holzbau erkennbar
Hoho Betonelemente
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Das HoHo ist als Hybridbau errichtet worden: Die Kernelemente bestehen aus Beton
Hoho Stiegenhaus
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Das betrifft vor allem die Stiegenhäuser
Hoho Holzwand
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Böden, Wände und…
Hoho Holzdecke
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… Decken bestehen aus Fichtenholz

„Dort, wo es Sinn macht“

Teischinger zufolge steigt bereits jetzt der Holzanteil im Hausbau. Holz kann laut HoHo-Projektleiterin Palfy in Zukunft durchaus eine bedeutendere Rolle im Städtebau spielen, „es macht aber keinen Sinn, plötzlich alles aus Holz zu bauen“. Schließlich sei auch dieser Rohstoff begrenzt. Deshalb sollte bereits jetzt aufgeforstet werden, um in 20 oder 30 Jahren ausreichend Holzbestände aufgebaut zu haben. Auch Boku-Professor Teischinger hält reine Holzgebäude nicht für realistisch, Hybridgebäude wie das HoHo könnten sich aber schon bald durchsetzen: „Das ist eine Frage der Optimierung. Wo lässt sich jeder Baustoff am besten einsetzen? Reine Holzbauten wird es jedenfalls nicht so schnell geben.“

Fehlende Holzreserven bereiten dem Forscher dabei keine Sorgen: „Wir könnten den Holzbauanteil vermutlich verdoppeln und hätten noch immer genug Holz.“ Die Waldbestände wachsen europaweit, außerdem könnten durch neue Technologien in der Zellstoff- und Papierindustrie zusätzliche Holzkapazitäten freiwerden.

HoHo-Projektleiterin Caroline Palfy möchte ressourcenschonendes Bauen jedenfalls nicht auf Holz beschränken: „Ich bin nicht die Holz-Caroline, sondern jemand, der sich Gedanken über Nachhaltigkeit macht. Ein Gründerzeithaus kann auch nachhaltig sein, wenn ich es saniere, statt es einfach abzureißen.“ Teischinger sieht vor allem die Notwendigkeit, Baustoffe so lange wie möglich weiterzunutzen: „Nach 100 Jahren kann ich ein Holzhaus noch immer zu Spanplatten verarbeiten. Die ältesten Bäume sind mehrere tausend Jahre alt und halten Wind und Wetter stand. Holz hat das Potenzial dazu.“