Wirtschaft

Neue AMS-Zentren für „kaum Vermittelbare“

Welche Art von Förderung man im Falle von Arbeitslosigkeit bekommt, das wird neuerdings von einem Computerprogramm berechnet. Personen mit den schlechtesten Vermittlungschancen werden in 13 separat geschaffenen Beratungszentren betreut.

Die Ergebnisse des Computeralgorithmus werden von den Beratern des Arbeitsmarktservice (AMS) künftig als Entscheidungsgrundlage für Fördermaßnahmen verwendet. Wer in die unterste Kategorie mit den schlechtesten Vermittlungsaussichten fällt, wird in Zukunft weniger gefördert, bekommt also keine Schulung mehr, sondern nur Beratung. Das betrifft derzeit rund 40 Prozent der AMS-Kundinnen und -Kunden in Wien. Laut Auskunft des AMS haben 61 Prozent davon keine höhere Ausbildung als die Pflichtschule, fast die Hälfte sind älter als 50 Jahre. Für sie alle sind neue Beratungszentren geschaffen worden.

Keine Qualifizierungskurse, nur Workshops bei Kaffee

Ein großer Raum, in dem Kaffee getrunken und geplaudert wird, ein paar Personen sitzen vor einem der Computer, sieben Frauen in einem Sesselkreis: ein Stimmungsbild von einem der 13 neuen Beratungszentren in Wien, die AMS-Kundinnen und -Kunden mit niedrigen Vermittlungschancen offenstehen. Bis Jahresende sollen es insgesamt 15 Niederlassungen sein.

Frauen sitzen im Kreis
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Arbeitslose Personen können ein Jahr lang auf freiwilliger Basis das neue AMS-Beratungsangebot nützen

In der Gruppe wird den arbeitslosen Teilnehmern bei einem „Wien heute“-Lokalaugenschein in Simmering unter anderem erklärt, wie ein Foto fürs Bewerbungsschreiben am besten aussieht. Viele der Personen mit den „schlechtesten Vermittlungschancen“ sind schon lange arbeitslos – aus den verschiedensten Gründen. Während die einen aufgrund von Betreuungspflichten in der Familie (46 Prozent) eingeschränkt vermittelbar sind, haben andere gesundheitliche Beeinträchtigungen (27 Prozent). 66 Prozent der Personen haben Migrationshintergrund. Das Prinzip der Betreuter lautet in allen Fällen, keinen Druck auszuüben. Das Angebot kann freiwillig genutzt werden.

Es gibt keine Qualifizierungskurse, sondern nur Workshops. Hier sollen in Gesprächen die Probleme gelöst werden, die zur Arbeitslosigkeit geführt haben. Rund 60.600 Menschen fallen in Wien derzeit in die unterste Kategorie mit den schlechten Jobchancen. Ein Jahr können sie die neuen Beratungszentren nützen. Wie es dann weitergeht, ist unklar.

Ziel: AMS will Fördermaßnahmen effizienter vergeben

Der Verwaltungsrat des AMS hat Mitte September grünes Licht für die Einführung eines Algorithmus zur Ermittlung der Arbeitsmarktchancen von Arbeitslosen gegeben. Die Arbeitnehmervertreter enthielten sich der Stimme. Mitte 2020 soll das System österreichweit eingeführt sein.

Beratungszentrum ABZ Austria außen
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Derzeit gibt es in Wien 13 neue Beratungszentren für arbeitslose Personen, bis Jahresende sollen es 15 sein

Das AMS will mit der Einteilung von arbeitslosen Menschen in drei Kategorien mit hohen, mittleren und niedrigen Arbeitsmarktchancen via Computeralgorithmus die Vergabe von Fördermaßnahmen effizienter machen. Am meisten Förderung sollen künftig Arbeitslose mit mittleren Arbeitsmarktchancen bekommen. Der Berater trifft aber weiterhin die Letztentscheidung über die Arbeitslosenförderung, etwa ob jemand eine teure Facharbeiterausbildung bekommt oder nicht.

Kritik wegen „Diskriminierung“

Den Vorwurf der Frauendiskriminierung durch den Algorithmus lässt man beim AMS nicht gelten. Durch das neue System würden Frauen stärker gefördert als derzeit. Auch Jugendliche würden nicht in die Kategorie mit niedrigen Arbeitsmarktchancen eingeteilt werden, heißt es. Der Algorithmus umfasst außerdem nicht begünstigte Behinderte.

Im Sommer hat das AMS vom Finanzministerium und dem Sozialministerium die Zusage bekommen, dass es mit dem nahezu gleichen Förderbudget wie 2018 rechnen kann. Im Vorjahr lag es bei 1,25 Mrd. Euro. Man sei der Übergangsregierung dafür „sehr dankbar“, so der AMS-Chef Johannes Kopf.