Ein Schlüssel liegt auf einem Mietvertrag
ORF.at/Dominique Hammer
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Wirtschaft

Studie: Wohnungsknappheit in Wien vorbei

Die Zeiten, in denen es in Wien zu wenige Wohnungen gibt, sind anscheinend vorbei – zumindest ist das das Ergebnis einer aktuellen Studie. Demnach kamen bereits 2018 mehr Wohnungen auf den Markt, als neue Haushalte gegründet wurden.

Gab es in der Vergangenheit Diskussionen darüber, dass in Wien zu wenige Wohnungen gebaut werden, macht sich jetzt ein anderer Trend bemerkbar: „Diese Zeiten sind vorbei“, analysierte Alexander Bosak, Geschäftsführer von Exploreal. Er gehört zu den Entwicklern einer neuen Datenbank, die Neubauprojekte ab fünf Wohneinheiten in Wien dokumentiert, auswertet und so eine realistische Abbildung des Marktes ermöglichen möchte.

„Es ist damit zu rechnen, dass mehr Wohnungen auf den Markt kommen, als Haushalte gegründet werden“, kündigte Bosak mit Verweis auf Daten zur Haushaltsentwicklung der Statistik Austria und auf eigene Berechnungen und Prognosen an.

2021 wieder weniger Neubauten

Laut den Auswertungen der Datenbank waren für heuer 12.700 Bauträgerwohnungen in der Pipeline, im kommenden Jahr 19.100. Spätestens 2020 werde der „Nachholbedarf“ bei Neubauten gedeckt sein, hieß es. 2021 gehe die Bautätigkeit wieder zurück. Am meisten werde in jenen Bezirken gebaut, in denen es auch die größten Flächenreserven gibt: Leopoldstadt, Landstraße, Favoriten, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing.

Während zuletzt in Sachen Neubau noch Eigentumswohnungen dominiert hätten, seien heuer bereits Mietwohnungen in der Überzahl. 2020 würde der Mietwohnungsanteil weiter steigen – vor allem was den geförderten Bereich betrifft. Die Verschiebung habe vor allem auch damit zu tun, dass große Projekte von internationalen Investoren aufgekauft würden, so Bosak. Diese würden die Wohnungen dann vermieten.

Mietwohnungen bis 700 Euro fehlen

Manche Tendenzen, die Datenbank aufzeigt, werden von Michael Pisecky, dem Wirtschaftskammer-Fachgruppenobmann der Wiener Immo-Treuhändler, aber kritisch gesehen. Was Mietwohnungen anbelangt, so sagte er: „Offiziell ist der Nachholbedarf gedeckt, aber es gibt immer noch zu wenige Wohnungen – vor allem in den Bereichen, wo die Nachfrage in Wien am größten ist. Denn während im höher- und hochpreisigen Segment genügend Wohnraum vorhanden ist, fehlen Wohnungen im leistbaren Segment im Bereich bis circa 700 Euro Monatsmiete.“

Datenbank als Plattform für die Immobilienbranche

In der Datenbank von Exploreal wird der gesamte Projektentwicklungsprozess von Neubauten in Wien abgebildet. Geboten werden Informationen zu Grundkostenanteil, zu den Mitbewerbern oder zur Preisentwicklung. Gedacht ist die Plattform für die Branche: zum Beispiel für Bauträger oder Immobilienmakler. Wohnungssuchende gehören dezidiert nicht zur Zielgruppe.

Ziel ist, die Datenbank auf ganz Österreich auszuweiten, erklärte Gerald Gollenz, stellvertretender Obmann des Fachverbandes der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer. Diese soll unter anderem hilfreich in „Gesprächen mit der Politik“ sein, etwa wenn es um Wohnbauförderungen oder Bauland-Mobilisierung gehe.

Innerstädtische Verdichtung statt Bau im Grünland

Am schnellsten verkaufen sich in Wien laut der Datenbank übrigens Wohnungen bis 300.000 Euro. Diese würden innerhalb eines Jahres vom Markt „absorbiert“, so Bosak. Was die Größe anbelangt, so sind Wohnungen zwischen 50 und 90 Quadratmeter bzw. mit zwei bis drei Zimmern am beliebtesten. So sei die Zweizimmerwohnung eine gefragte Anlegerwohnung. Das könnte auch mit der durchschnittlichen Größe eines Haushalts zu tun haben: In Wien wohnen in 80 Prozent der Haushalte maximal zwei Personen.

Kritisch kommentiert wurde am Mittwoch die rege Bautätigkeit in den Flächenbezirken. Das sei auch aus ökologischen Gründen zu hinterfragen. So sprach sich beispielsweise Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher in der Wirtschaftskammer, dafür aus, den Bestand im innerstädtischen Bereich nachzuverdichten. Auch volkswirtschaftlich sei es günstiger nicht im Grünland zu bauen, da dort neben den Baukosten auch Kosten für die Infrastruktur hinzukommen würden.