Lotte Tobisch beim Opernball 2019
APA/Helmut Fohringer
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Trauer um „Institution“ Lotte Tobisch

Der Tod von Opernball-Grande-Dame Lotte Tobisch hat am Samstag große Anteilnahme ausgelöst. Mit ihrem Tod „ist Österreich um eine Institution ärmer geworden“, sagte etwa Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

„Ihr dynamisches und offenes Wesen, ihre klare aber verbindliche Art verschafften ihr Anerkennung und Respekt“, so Van der Bellen in einer Aussendung. „Auch soziales Engagement bis ins hohe Alter zeichnete diese besondere Persönlichkeit aus.“ Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein würdigte die Verstorbene als „Ausnahmepersönlichkeit, die sich mit ihrem kulturellen, gesellschaftlichen und sozialen Engagement um Österreich besonders verdient gemacht hat.“

„Lücke kann nicht geschlossen werden“

Für Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat Tobisch „ihre Haltung stets auch im Umgang mit Menschen und Medien öffentlich gemacht. Eine Eigenschaft die vielleicht nicht jedem gefiel, aber die ich an ihr sehr bewunderte.“ Für Kulturminister Alexander Schallenberg hat Tobisch maßgeblich dazu beigetragen, Österreichs Ansehen als Kunst- und Kulturnation nach dem Zweiten Weltkrieg aufzubauen: „Sie wird eine Lücke hinterlassen, die nicht geschlossen werden kann.“

„Legende zu Lebzeiten“

Tobisch werde „mit ihrem unübertroffenen Charme und ihrer großen Offenheit sehr fehlen“, so der Geschäftsführer der Bundestheater-Holding Christian Kircher. Staatsoperndirektor Dominique Meyer würdigte sie als „eine blitzgescheite, belesene, noble, große Persönlichkeit“, die „nie um eine klare Wortmeldung verlegen war“. Von den vielen Neuerungen im Laufe ihrer Ära als Opernball-Organisatorin profitiere man heute noch.

Lotte Tobisch bei ihrem letzten Opernball als Organisatorin – im Jahr 1996.
APA/Herbert Pfarrhofer
Tobisch bei ihrem letzten Opernball als „Ballmutter“

Tobisch habe etwa 1986 die Bühnenlogen bauen lassen, erinnerte die amtierende Opernball-Organisatorin Maria Großbauer, und 1993 die Diskothek im zweiten Souterrain eingeführt. „Lotte Tobisch war über viele Jahrzehnte eine wichtige Persönlichkeit des Wiener Kulturlebens“, sagte Großbauer über ihre Vorgängerin.

„Sie war eine große Dame“, würdigte der frühere Staatsoperndirektor Ioan Holender die Verstorbene im „Wien heute“-Interview, „durch ihre Haltung, durch ihr Wissen, durch ihre Intellektualität, durch ihre Direktheit. Und sie hat nie mehr aus sich gemacht, als sie war – eine rare Eigenschaft.“

Lugner: „Habe sie geschätzt und geliebt“

Der von Tobisch ins Leben gerufene Verein Künstler helfen Künstlern verabschiedete sich „in tiefer Trauer und großer Dankbarkeit“ von der „Legende zu Lebzeiten“, so Vizepräsidentin Gabriele Jacoby. Ihre „außergewöhnliche Popularität, die Lotte Tobisch in allen Schichten der Gesellschaft erlangt hat, verdankte sie ihrer authentischen nie verletzenden Schlagfertigkeit, ihrem Humor, ihrer Klugheit und nicht zuletzt ihrer fabelhaften Erscheinung und Eleganz“, heißt es in einem Nachruf.

Neben ihrer Zeit als Opernball-Chefin sei mit Tobisch auch „eine großartige Schauspielerin und Künstlerin von uns gegangen“, heißt es seitens des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ). „Mit ihren zahlreichen Engagements im Burg- und Volkstheater sowie dem Theater in der Josefstadt und ihren Filmrollen beeindruckte sie über viele Jahrzehnte.“ Zudem habe sie ihr soziales Engagement besonders ausgezeichnet.

TV-Hinweis

ORF2 zeigt in memoriam am Samstag um 21.55 Uhr die Doku „Lotte Tobisch – Ansichten einer Grande Dame“ von Nadia Weiss. Anschließend ist um 22.45 Uhr der Spielfilm „Meine schöne Tochter“ mit Tobisch zu sehen, Regie führte Xaver Schwarzenberger.

Am Sonntag zeigt ORF III um 19.50 Uhr eine Ausgabe der ORF-Reihe „zeit.geschichte im Gespräch“, in der Tobisch über ihre Erlebnisse während und nach dem Zweiten Weltkrieg berichtet.

Für die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) war Tobisch „eine unglaublich engagierte, schillernde und weltoffene Persönlichkeit“. Auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger würdigte die Verstorbene, die 2017 und bei der jüngsten Nationalratswahl im Unterstützungskomitee der Partei aufschien: Sie „war nicht nur eine große Europäerin, sondern hat sich bis zuletzt auch für Generationengerechtigkeit, Toleranz und Weltoffenheit eingesetzt.“

In die Ära von Tobisch fiel auch der Opernball-Karrierestart von Richard Lugner. „Ich habe sie geschätzt und geliebt, es gibt ja verschiedene Arten von Liebe“, sagte der Baumeister. Sie sei eine „tolle Frau von Format und Charakter gewesen, das muss man ihr lassen“. Unter Tobisch sei er nie ein Outlaw auf dem Ball gewesen. Es sei nämlich ihre Meinung gewesen, dass es keine 4.000 feinen Leute auf dem Opernball gibt. „Natürlich sagte sie damit auch, dass der Lugner kein feiner Mensch ist, aber andere halt auch“, so der Baumeister.

Nach langer Krankheit gestorben

Tobisch starb Samstagfrüh nach langer Krankheit im Alter von 93 Jahren im Badener Künstlerheim. Tobisch war vor allem als Organisatorin von Österreichs größtem Society-Event einer breiten Öffentlichkeit bekannt. 16 turbulente Jahre lang prägte die Schauspielerin ab 1981 als Organisatorin den Wiener Opernball.