Blick in einen Operationssaal
ORF
ORF
Chronik

Kritik an Transplantation: Protest aus Griechenland

Mit scharfer Kritik reagieren griechische Spezialisten auf die Vorwürfe rund um eine Lungentransplantation für eine griechische Patientin am Wiener AKH. In einem Brief an die europäische Transplantationsorganisation Eurotransplant fordern sie Aufklärung.

„Im Lichte dessen, dass der gesamte Prozess transparent und im Einklang mit allen Regeln ablief, verstehen wir nicht, wie hier Kritik aufkommen kann“, heißt es in dem Schreiben, das der Präsident der griechischen Transplantationsorganisation, Andreas Karabinis, verfasste.

„Es ist auch nicht verständlich, dass hier schwere Anschuldigungen dafür getätigt werden, dass das Wiener Team uns dabei geholfen hat, unser Programm aufzustellen, während Eurotransplant jegliche Hilfe schuldig blieb“, so Karabinis weiter. Er fordert von Eurotransplant eine Erklärung über die Sachlage ein. Andernfalls müsse man sich nach anderen Partnern bei Transplantationen umsehen. Dies gelte auch für Bereitstellung von Spenderorganen aus Griechenland.

Schwere Vorwürfe gegen Wiener AKH

Die Süddeutsche Zeitung erhebt schwere Vorwürfe zum Umgang mit Organspenden am Wiener AKH. Im Fokus steht dabei die Lungentransplantation für eine griechische Patientin. Diese soll am 8. Oktober binnen Stunden eine Lunge erhalten haben, obwohl man sonst Monate wartet. Das AKH, der Chef der chirurgischen Universitätsklinik Walter Klepetko Patientenvertreter – und nun auch griechische Ärzte – widersprachen den Darstellungen.

In dem Brief an Eurotransplant schildern die involvierten griechischen Spezialisten nun, dass das AKH sie seit Jahren beim Aufbau eines eigenen Lungentransplantationszentrums unterstützt habe. Man habe dadurch „große Fortschritte bei der Aufbringung von Organspendern gemacht“, schrieb Karabinis. Seit 2012 wurden demnach 61 Spenderlungen an die europäische Transplantationsorganisation Eurotransplant geschickt. „In derselben Zeit erhielten 39 Patienten eine Lunge im Wiener AKH transplantiert.“

Walter Klepetko bei einer Pressekonferenz 2018
APA/Georg Hochmuth
Chefchirurg Walter Klepetko wehrt sich gegen die Vorwürfe, er hätte sich nicht an die Regeln gehalten

Für erste Transplantation um Hilfe gebeten

In der Zwischenzeit sei man nach der Ausbildung von griechischen Chirurgen und Lungenspezialisten am AKH soweit, ein eigenes griechisches Lungentransplantationsprogramm starten zu können. Für die ersten Lungentransplantationen sei mit dem Wiener Zentrum ein spezielles Vorgehen vereinbart worden. Ein Team aus Wien sollte nach Athen zum Onassis Cardiac Surgery Center fliegen, um bei den ersten Eingriffen zu helfen.

„Unglücklicherweise war der erste geeignete Empfänger jemand, der dies ganz dringend und in einer sehr komplexen Situation benötigte“, erklärte Karabinis. Es handelte sich um jene Frau, die dann wegen einer Lungenhochdruckerkrankung in Wien operiert wurde.

Vorwürfe bei Organspenden gegen AKH

Schwere Vorwürfe zum Umgang mit Organspenden erhebt die „Süddeutsche Zeitung“ gegen das AKH. Eine Griechin soll binnen Stunden eine Lunge erhalten haben, obwohl man sonst Monate wartet.

Man habe das Wiener Team daher gefragt, ob man die Transplantation mit dem Organ aus Griechenland durchführen könnte, heißt es in dem Brief weiter. Die Wiener Chirurgen hätten dem unter der Bedingung zugestimmt, dass die Zuteilung des Organs über Eurotransplant erfolge. Diese Erklärung deckt sich mit den Angaben des Chirurgie-Leiters im AKH, Walter Klepetko.

Patientenvertreter verweisen auf niedrige Sterberate

Am Samstagabend meldete sich auch der Österreichische Verband der Herz- und Lungentransplantierten mit rund 150 Empfängern von Spenderlungen als Mitglieder zu Wort: „Unsere Patienten haben sehr großes Vertrauen in den korrekten Umgang mit den Spenderorganen und deren Verteilung an die Empfänger.“

Die Versorgungssicherheit der österreichischen Patientinnen und Patienten sei ausgezeichnet, so der Verband – die Sterberate auf der Warteliste betrage nur 1,3 Prozent: „In besonderer Weise haben die Kooperationen mit den osteuropäischen Ländern zur Versorgungssicherheit beigetragen.“

Österreich bei Transplantationen auf Platz vier

International nimmt Österreich bei den durchgeführten Organtransplantationen einen der Spitzenränge ein: 2017 waren es in Spanien 113,3 derartiger Eingriffe pro Million Einwohner. Dann folgten Belgien (94,5) und Frankreich (94).

Österreich kam auf eine Quote von 90 Transplantationen pro Million Einwohner und landete in einem Vergleich von 23 europäischen Staaten inklusive der Türkei an vierter Stelle. In Deutschland lag die Quote zum Beispiel nur bei 41 Transplantationen pro Million Einwohner. Klepetko baute in den vergangenen 20 Jahren in Wien eines der größten Lungentransplantationszentren der Welt auf. Jährlich werden rund 100 solcher oft lebensrettender Eingriffe durchgeführt, bisher insgesamt fast 2.000.