Zahlreiche Bücherregale, sowohl an der Wand als auch im Raum verteilt stehend
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Kultur

Wieder mehr Grätzl-Buchhandlungen

Die größte österreichische Buchmesse, die Buch Wien, ist am Mittwoch in der Messe gestartet. Hunderte Neuerscheinungen werden dort präsentiert – aber auch dem Buchhandel selbst geht es in Wien wieder besser, vor allem kleine Grätzl-Buchhandlungen werden mehr.

Dominierte lange das Buchhandlungssterben, kamen in letzter Zeit in Wien auch acht neue Geschäfte dazu: Darunter etwa die „Buchhandlung im Stuwerviertel“, die von einem jungen deutschen und einem Wiener Buchhändler betrieben wird. In der Margaretenstraße im fünften Bezirk eröffnete vor einem Jahr „Metamorphose“: „Es ist nicht einfach“, sagt Buchhändlerin Kerstin Tuma im „Wien heute“-Interview. „Aber ich habe mich als kleine Buchhandlung für Bibliophile spezialisiert – für Bücher mit schönen Ausgaben.“ Damit will sie vor allem Liebhaber ansprechen.

Im Schnitt kostet ein Buch heute rund 15 Euro – hohe Gewinne gehen sich laut den Händlern damit nicht mehr aus. Dennoch gab es im stationären Buchhandel heuer im ersten Halbjahr seit langem wieder ein Umsatzplus von 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der Buchgeschäfte in Wien hat sich bei 170 Filialen eingependelt. Der Marktanteil der E-Books stagniert bei drei Prozent.

Ein Buchhändler kniet vor einem Bücherregal
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Kleine Buchhändler müssen sich Nischen suchen oder auf kreatives Marketing setzen

Bücher „kein Selbstläufer“

Vor allem Krimis, Kinder- und Kochbücher sind gefragt, aber noch lange kein Selbstläufer: „Wir können uns nicht reinsetzen und warten bis jemand reinkommt und genau das eine Buch nimmt, das am Tisch liegt. Wir machen sehr viele Veranstaltungen, wir lassen uns da viel einfallen. Wir haben einen Online-Shop und eine eigene Zeitung mit zwei Partnerbuchhandlungen“, sagt Ulla Harms vom Buchkontor in Rudolfsheim-Fünfhaus.

Wieder mehr „Grätzl“-Buchhandlungen

Dem Buchhandel geht es in Wien wieder besser, vor allem kleine „Grätzl“-Buchhandlungen werden mehr.

Zwei bis drei Bücher liest Hansjörg Jehsenko in der Woche. Nach 20 Jahren als Angestellter in der Buchbranche eröffnete er im August die Buchhandlung Mio im Sonnwendviertel in Favoriten: „Wovon auch die kleinen Buchhandlungen profitieren, ist, dass die Leute wieder gerne in die Geschäfte kommen, die sozusagen auch im Viertel verankert sind. Und ihren Beitrag leisten wollen, dass das Viertel auch gedeiht“, so Jehsenko.

Den Geschäftsverlauf in der Branche beschreibt der studierte Historiker mittlerweile als „stabil“: „Es gibt jetzt nicht mehr die ganz große Verschiebung Richtung Online-Handel, wie es vor zehn, fünfzehn Jahren war.“ Die Rahmenbedingungen seien jetzt relativ stabil.

Die Buchhandlung Metamorphose von außen
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Die Buchhandlung Metamorphose setzt auf schöne Ausgaben für Bibliophile

„Buch Wien“ startet in der Messe

Noch bis 10. November sind insgesamt 385 Aussteller bei der „Buch Wien“ vertreten. Damit verzeichnet man laut Veranstaltern erneut ein Plus, das gelte auch für die 575 Autoren, die Arbeiten mit großer thematischer Bandbreite präsentieren werden. Die Veranstaltungen sollen auch als Bühne für den „demokratischen Diskurs“ dienen.

Davon gebe es dieser Tage mitunter zu wenig, so Programmdirektor Günter Kaindlstorfer. Bücher und die Meinungspluralität, die die Auseinandersetzung damit befördert, würden entscheidend dazu beitragen, die Welt zu einem zivilisierteren Ort zu machen – und „etwas mehr Zivilisiertheit hat die Welt bitter nötig“, so Kaindlstorfer.

Als Hauptort für den angestrebten Diskurs, den man in nicht weniger als 511 Diskussionen, Lesungen oder Performances führen möchte, fungiert erneut die Messe Wien (Halle D). Als Eröffnungsredner wird „Falter“-Herausgeber Armin Thurnher fungieren, der vermutlich nicht umhinkommen werde, die politische Lage in Österreich zu kommentieren, so der Buch Wien-Programmdirektor.

Gesellschaftspolitik und große Namen

Ganz ohne Gesellschaftspolitik werden auch die mehr als 100 Programmpunkte für Kinder und Jugendliche nicht ablaufen, so Verena Müller vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels. Im Rahmen der Messe nehme man Lese- und Nachwuchsförderung ernst, und Veranstaltungen zu Themen wie „Fake News“ oder Klimawandel würden im Rahmen des Schulprogramms zahlreich angenommen.

Ein Überblick über die Messe Buch Wien aus der Vogelperspektive
LCM Foto/Richard Schuster
Knapp 400 Aussteller sind heuer auf der „Buch Wien“ vertreten

Punkten könne man auch mit etlichen großen Namen der internationalen Literaturszene, wie etwa dem Prix Goncourt-Preisträger Nicolas Mathieu, der seinen prämierten Roman „Wie später ihre Kinder“ vorstellen wird, oder dem rumänischen Schriftsteller Mircea Cartarescu, dem Kaindlstorfer „in den nächsten zehn bis 15 Jahren“ den Literatur-Nobelpreis prophezeite. Als weiteres Highlight sei der Besuch des schottischen Krimi-Bestsellerautors Martin Walker zu werten.

Außerdem geben einander auf dem auch an zahlreichen weiteren Standorten in Wien stattfindenden Eventreigen viele heimische Autoren wie die beispielsweise für den Deutschen Buchpreis nominierten Newcomer Raphaela Edelbauer und Tonio Schachinger sowie etablierte Autoren wie Bernhard Aichner, Franzobel, Doris Knecht, Julya Rabinowich oder das Kabarett-Trio „Wir Staatskünstler“ die Klinke in die Hand.

„On Tour“ durch die Bundesländer

Mit zehn Veranstaltungen geht man bereits ab 23. Oktober im Rahmen von Buch Wien „on Tour“ auch in die Bundesländer, wie Hauptverband-Präsident Benedikt Föger erklärte. Er ortete auch im Jahr 2019 wieder „großes Interesse am Buch“, das sich auch anhand des leichten Plus ablesen lasse, das der österreichische Buchhandel heuer voraussichtlich verzeichnen werde.