Chronik

Mann unter Polizeibus: Unterschiedliche Angaben

Die Klimademo Ende Mai in Wien hat seit Mittwoch ein gerichtliches Nachspiel. Der deutsche Aktivist Anselm Schindler war von Polizisten fixiert und fast von einem Polizeibus überfahren worden. Er und die Polizisten machten vor Gericht unterschiedliche Angaben.

Im letzten Moment rissen die Polizisten am 31. Mai den Kopf des Mannes weg. Der Fall sorgte für enormes Aufsehen von allen Seiten. Schindlers Anwalt hat nach dem Vorfall eine Maßnahmenbeschwerde beim Wiener Landesverwaltungsgericht eingebracht. Demnach geht es dem Klimaaktivisten nicht nur um die „gefährliche Fixierung durch die Polizisten“, sondern auch um seine Festnahme, die zu Unrecht erfolgt sei, heißt es.

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Richterin betonte, dass Polizist aus Fenster geschaut habe

Zu Beginn des ersten Verhandlungstages zeigte die Richterin im Saal des Wiener Landesgerichts zunächst das Video, auf dem die Szene zu sehen ist, wie Schindler fixiert und fast vom Polizeibus überrollt worden wäre. Die Richterin betonte, dass der Fahrer des Polizeibusses aus dem Bus auf den Aktivisten geschaut habe. Danach war Schindler selbst am Wort: Er schilderte seine Angst und dass er nicht verstehen könne, warum die Situation so eskaliert sei.

Aktivist unter Polizeiauto

„Wien heute“ hat am Rand der Verhandlung mit dem deutschen Aktivisten Anselm Schindler und dessen Anwalt gesprochen.

Er habe die Demo vom Geheisteig aus beobachtet, Videos und Fotos gemacht. Dann sollen Polizisten ihn weggedrängt haben, sagte Schindler. „Ich wurde weggezerrt. Mir wurde schwarz vor Augen. Ich ging zu Boden, hatte Knie eines Polizisten im Rücken. Ich bekam keine Luft und hatte Schmerzen“, zitiert der „Kurier“.

Dann schilderte Schindler die Situation beim Polizeibus. Der Reifen sei auf ihn zugekommen, dann habe ihn jemand unter dem Polizeiauto hervorgerissen. Außerdem habe er einen Ausweis bei sich gehabt und sei dennoch über Nacht festgehalten worden.

Der deutsche Aktivist Anselm Schindler mit seinem Rechtzsanwalt Clemens Lahner (r.)
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Anselm Schindler mit seinem Rechtsanwalt Clemens Lahner (r.) am ersten Verhandlungstag

Polizisten sprechen von dynamischer Situation

Die beteiligten Polizisten zeichneten ein anderes Bild. Sie hätten Schindler und umstehende Personen aufgefordert zu gehen, weil sie die Demonstration auflösen mussten. Doch Schindler habe sich geweigert, dann habe man ihm ein Bein gestellt und zu Boden gedrückt. Weil es so eine dynamische Situation gewesen sei, und Schindler passiven Widerstand geleistet habe, sei man zum Polizeibus gerutscht, so die Beamten vor Gericht. Als sich dieser in Bewegung setzte, habe man ihn sofort weggezogen.

Clemens Lahner, der Rechtsanwalt von Schindler, fand es für ein Fazit nach dem ersten Prozesstag „noch zu früh“, nur so viel: „Grundsätzlich konnte mein Mandant heute dem Gericht nachvollziehbar schildern, was passiert ist. Der Beamte, der die Festnahme durchgeführt hat, schildert die Dinge zwar ein wenig anders. Er musste aber auch zugestehen, dass einige Dinge so wie er sie in Erinnerung hatte, mit den vorliegenden Videos nicht übereinstimmen“.

Bis inklusive Freitag wird aller Voraussicht nach verhandelt. Auch Demonstranten, Videomacher, ein Amtsarzt und unbeteiligte Zeugen sollen noch zu Wort kommen.