Handy-Screen mit Lehrerbewertungs-App
APA/Gorg Hochmuth
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Technik & IT

Lehrerbewertungs-App wieder offline

Die vergangene Woche präsentierte Lehrerbewertungs-App „Lernsieg“ ist derzeit nicht in Betrieb. Es hätte so viele Hassnachrichten gegen ihn gegeben, dass er sich dazu entschlossen habe, die Seite offline zu stellen, teilte der 18-jährige Erfinder mit.

„Es ist ein Fehler aufgetreten“ ist beim Öffnen der umstrittenen Lehrerbewertungs-App „Lernsieg“ derzeit zu lesen. Grund dafür ist kein technischer Fehler, sondern ein bewusster Schritt der Verantwortlichen. Die App und die Website wurden, wie der „Kurier“ berichtet, am Montagabend offline genommen.

Hassnachrichten an 18-jährigen Erfinder

Der 18-jährige Erfinder Benjamin Hadrigan sei mit einer Flut an Hass-E-Mails konfrontiert worden, die einem Schüler weder in Menge noch Inhalt zumutbar seien, teilte eine Pressesprecherin am Dienstag mit. Dass die App offline genommen wurde, bedeute allerdings nicht das endgültige Aus von „Lernsieg“. Vielmehr solle der Fokus verlagert werden – weg von Hadrigan, hin zu einer breit aufgestellten Initiatorengruppe.

App-Entwickler Benjamin Hadrigan
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Benjamin Hadrigan will das Bildungssystem mit seiner App transparenter und fairer machen – niemand müsse sich fürchten

Mehrere 10.000 Nutzer haben die App seit Freitagvormittag heruntergeladen. „Lernsieg“ ist am ersten Wochenende gemischt gestartet: Einerseits langten zahlreiche durchaus differenzierte Bewertungen von Schulen wie Lehrern ein, andererseits wurde die App selbst etwa im Google Play Store eher schlecht bewertet. Montagfrüh lag man bei gerade bei 2,6 von fünf Sternen – weit schlechter als fast alle Schulen und die meisten Lehrer.

Datenbank mit 90.000 Lehrern und Schulen

Für die kostenlose App wurde eine Datenbank mit rund 90.000 Lehrern und den entsprechenden Schulen angelegt. Nach Angaben der Betreiber wurden dazu die Daten der verschiedenen Schul-Websites herangezogen.

Schüler können in der Anwendung ihre Pädagogen ab der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule (NMS) in Kategorien wie Unterricht, Fairness und Pünktlichkeit mit einem („Nicht genügend“) bis fünf Sternen („Sehr gut“) bewerten. Bei weniger als fünf Sternen kann in vorgegeben Unterkategorien konkretisiert werden, welche Mängel es gibt, etwa dass der Unterricht zu langsam oder nicht spannend genug aufgebaut ist. Für jede Schule gibt es dann ein Ranking der „besten“ Lehrer. Bewertet werden können auch die Schulen selbst.

Lehrerbewertungsapp wieder offline

Die umstrittene Lehrerbewertungs-App ist nach wenigen Tagen wieder offline. Der 18-jährige Entwickler hat eine Reihe von Hassmails erhalten. Über die weitere Vorgehensweise wird beraten.

Erste Bilanz: Keine „pauschal ungerechten“ Bewertungen

Befürchtungen, wonach Lehrer pauschal ungerecht abgestraft würden, sind vorerst offenbar nicht eingetreten. Zwar sind weitaus nicht alle Lehrer bereits bewertet, aber doch bereits eine stattliche Anzahl. Größtenteils fallen die Noten recht gut aus, viele kommen auf einen Schnitt von mehr als vier Sternen. Vereinzelt gibt es aber auch Pädagogen mit einem in diesem Zusammenhang nicht so schmeichelhaften Einser vor dem Komma.

Wirklich aussagekräftig sind die Zahlen noch nicht: Zwar finden sich für viele Schulen und Lehrer vor allem im AHS-Bereich bereits zahlreiche Bewertungen. Andere sind wiederum noch von niemandem beurteilt worden.

Gewerkschaft befürchtet Missbrauch von Daten

Die AHS-Lehrergewerkschaft übt seit dem Start heftige Kritik an der Lehrerbewertungs-App. Man werde „alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“, so der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG). Bildungsministerin Iris Rauskala rief die Lehrergewerkschaft „dringend auf, im Sinn ihrer gesetzlichen Fürsorgepflicht aktiv zu werden und die LehrerInnen vor diesem digitalen Pranger zu schützen“.

Sie befürchtet, dass „Daten von Lehrern und Schülern verkauft werden könnten“: „Für uns liegt der Verdacht nahe, dass das Geschäftsmodell dieser App eine groß angelegte Handynummernsammelaktion in der für die Werbebranche höchst lukrativen Gruppe der Jugendlichen ist.“

Bildungsministerin schaltet Datenschutzexperten ein

Wie am Dienstag bekannt wurde, haben Bildungsministerin Iris Rauskala sowie die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) den Datenschutzrechtsexperten Nikolaus Forgo von der Universität Wien mit einem Gutachten zur umstrittenen Lehrerbewertungs-App „Lernsieg“ beauftragt. Er soll unter anderem klären, ob bei der Datenverarbeitung die Rechte aller Betroffenen gewahrt bleiben.

Neben einer ausreichenden Datenschutzfolgeabschätzung soll auch geprüft werden, ob die Weitergabe der Schülerdaten (Telefonnummer samt von ihnen besuchte Schule) an Dritte wie die App-Investorengruppe verhindert wird und ob die Löschung ungerechtfertigt schlechter Beurteilungen sichergestellt ist. Rauskala betonte, das Ministerium komme damit seiner Fürsorgepflicht für die Pädagogen nach. Sie wolle „kein willkürliches Sternchenvergeben, sondern echte Feedbackkultur“.