Hedy Lamarr in „I Take This Woman“
Jüdisches Museum Wien
Jüdisches Museum Wien
Kultur

„Lady Bluetooth“ im Jüdischen Museum

Hedwig Kiesler wurde 1914 in Wien geboren. Als Hedy Lamarr starb sie im Jahr 2000 in Florida. In den Jahren dazwischen war sie Schauspielerin, Hollywood-Ikone und Erfinderin, die den Grundstock für Mobilfunk legte. Das Jüdische Museum Wien würdigt den Superstar jetzt in einer Ausstellung.

Hedy Lamarr beschrieb sich selbst als „einfach komplizierte Person“, wie Museumsdirektorin Danielle Spera erläuterte. Der Sohn der Schauspielerin, Anthony Loder, bestätigte das bei der Präsentation der Schau. Seine Mutter habe genauso „Peitsche wie Rose“ sein können. Das große Glück sei ihr aber versagt geblieben. Sie sei oft allein gewesen, trotz ihrer Berühmtheit: „Sie hatte viel Stress, Hedy Lamarr zu sein.“ Irgendwann habe sie jedoch auch genug davon gehabt, als Schönheit zu gelten.

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Hedy Lamarr im Film „I take this Woman“
JMW/Foto: Lazlo Willinger, MGM
Hedy Lamarr im Film „I Take This Woman“
Szene aus dem Film „Samson und Deliah“
JMW/Anthony Loder Archive
Szene aus dem Film „Samson und Deliah“
Hedwig Kiesler, Österreich 1930er jahre
JMW/Anthony Loder Archive
Hedwig Kiesler, Österreich, 1930er Jahre
Danielle Spera und Anthony Loder
Danielle Spera
Lamarrs Sohn Anthony Loder und Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums

Wer die Ausstellung „Lady Bluetooth. Hedy Lamarr“ in der Dependance am Judenplatz besucht, ist mit einem Stoff konfrontiert, der auch für mehrere Leben ausreichen würde. Hedwig Kiesler erblickte als Tochter eines jüdischen Bankdirektors das Licht der Welt. Es folgt eine behütete Kindheit und Jugend, der sie insofern entflieht, als sie die Schule verlässt und Schauspielerin wird. Schon Max Reinhard ist von dem beeindruckt, das später ihr Markenzeichen werden wird – von ihrem makellosen Gesicht.

Star auf der Leinwand und in der Society

Einst als schönste Frau der Welt gehandelt, sorgte sie 1933 mit der wohl ersten Nacktszene der Mainstreamfilmgeschichte für großes Aufsehen. In der tschechisch-österreichischen Produktion „Ekstase“ war sie unbekleidet zu sehen, was international für Aufsehen und Aufregung sorgte. Die im selben Jahr geschlossene Ehe mit dem Waffenhändler Fritz Mandl verlief eher unglücklich. 1937 flüchtete sie vor ihrem Mann und auch vor dem drohenden Nationalsozialismus. Ihr erster Hollywood-Spielfilm „Algiers“ machte sie – unter dem neuen Namen Hedy Lamarr – berühmt. Tituliert als „schönste Frau der Welt“ mutierte sie zum Leinwand- und Society-Weltstar. Doch das ist nur eine Seite des turbulenten, filmreifen Lebens der Diva, der nicht wirklich ein Happy End vergönnt war.

Eine andere Seite wird nicht unbedingt mit ihr in Verbindung gebracht. Lamarr gilt heute als Miterfinderin des Mobilfunks. Gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil entwickelte sie in den 1940er Jahren das Frequenzsprungverfahren, das unter anderem als Grundlage für die Bluetooth-Technologie gilt. Die beiden entwickelten eine Funk-Fernsteuerung für Torpedos, deren auf mehrere Frequenzen verteiltes Signal nur schwer gestört werden konnte. 1998 erhielt Lamarr dafür den österreichischen Erfinderpreis.

Ehrengrab für Hedy Lamarr auf dem Zentralfriedhof

Das Privatleben Hedy Lamarrs verlief alles andere als ruhig. Sie war insgesamt sechsmal verheiratet. Als der Ruhm verblasste, versuchte sie als Produzentin ihr Glück, ihre Firma ging aber pleite. Später fiel sie durch wenig erfolgreiche Schönheitsoperationen und Ladendiebstähle auf. Sie zog sich immer mehr zurück, übersiedelte nach New York und dann nach Florida, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 2000 wohnte.

Seine Mutter habe sich stets als Österreicherin gefühlt, berichtete Anthony Loder. Nur einmal kehrte sie zu Lebzeiten in ihre Heimat zurück, im Jahr 1955. Nach ihrem Tod fand sie Ruhe in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof. Ihre Kinder verstreuten einen Teil ihrer Asche im Wienerwald.

Veranstaltungshinweis

„Lady Bluetooth. Hedy Lamarr“. 27.11.2019 bis 10.5.2020, Museum am Judenplatz.

Spieldose, Filmplakate, Trachtenhut

Anthony Loder zeigte sich von der von Andrea Winklbauer kuratierten Ausstellung höchst angetan. In nur zwei Räumen sei das Leben seiner Mutter umfangreich dargestellt. Zu sehen sind in der Schau zahlreiche Filmplakate, Fotografien und auch Filmausschnitte sowie Originalbriefe. Doch auch persönliche Gegenstände aus dem Nachlass werden gezeigt. So blieb etwa eine Spieldose aus der Kindheit bis heute erhalten. Auch ein Trachtenhut aus späteren Jahren ist mit dabei. Die Deckeninstallation ist übrigens jenen Lochkarten nachempfunden, die den Wechsel der Funkfrequenzen synchronisieren.

In Kooperation mit dem Filmarchiv findet von 12. Dezember bis 7. Jänner 2020 eine Retrospektive mit den Filmen Hedy Lamarrs statt. Bereits im September erschienen ist Michaela Lindingers „Hedy Lamarr. Filmgöttin – Antifaschistin – Erfinderin“, Molden Verlag, 256 Seiten, 28 Euro. Am 12. Dezember stellt Frank Stern im Filmarchiv sein in der Reihe Edition Filme Geschichte Österreich erschienenes Werk „Hedy Lamarr – Ihre Filme“ vor.