Politik

Versorgungslücke bei Ärzten verschärft sich

Die Bevölkerung Wiens wird immer älter. Das hat auch Auswirkungen auf den Bedarf an medizinischer bzw. geriatrischer Versorgung. Die zusätzliche Nachfrage nach Medizinern wird aber wohl nicht gedeckt werden können, wie die Ärztekammer prophezeite.

Untermauert wurde dies mit einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). 2018 waren fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung über 80 Jahre alt, 2050 wird der Anteil auf elf Prozent steigen. Die gute Nachricht: Die Lebensjahre in guter Gesundheit nehmen zu, erläuterte die stellvertretende WIFO-Leiterin Ulrike Famira-Mühlberger.

Nachfrage nach Ärzten steigt enorm

Trotzdem wird sich laut der aktuellen Erhebung in den nächsten 30 Jahren die Lücke in Sachen Angebot und Nachfrage nicht schließen. Zwar wird es mehr Ärzte geben, der Bedarf wird aber ebenfalls größer. Bis 2030 wird mit einem Anstieg des Ärztebedarfs von 18 Prozent gerechnet. Bis zum Jahr 2050 soll die Nachfrage sogar um knapp 47 Prozent steigen. Das größte Problem, diese erfüllen zu können, werden demnach die Allgemeinmedizin bzw. die Spitäler haben.

Bei den Fachärzte dürften, so wird geschätzt, hingegen alle Ausbildungsplätze besetzt werden können. In der Geriatrie wiederum wird laut Famira-Mühlberger angesichts der Multimorbidität der Patienten mehr Zeit für die Betroffenen nötig sein – der Personalbedarf also auch deswegen zunehmen. Auch würde die Zahl der Hausbesuche steigen, wobei hier das Honorar derzeit gering sei, wie sie befand.

Zahl der Wiener Kassenärzte sinkt

„In Wien nimmt die Zahl der Kassenärzte ab“, verwies Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres auf die bereits jetzt schwieriger werdende Situation. Er bekräftige die Forderung der Ärztekammer nach 300 zusätzlichen Medizinern mit Kassenvertrag. Generell, so hielt er fest, sei es nötig, den Anteil der Gesundheitsausgabe am Bruttoinlandsprodukt zu heben.

In der Annahme des WIFO wird von voll belegten Studienplätzen ausgegangen, wobei die Abschlussquote 90 Prozent beträgt. Eines wird sich aber nicht ändern: Zahlreiche Absolventen gehen nach dem Studium ins Ausland – derzeit sogar vier von zehn, wie Szekeres ausführte. Zwar könnte der Trend laut WIFO abnehmen, jedoch nur leicht.

Mehr Studienplätze nicht nötig

Szekeres gab zu Bedenken, dass sich die Situation nur ändern werde, wenn das Gehaltsniveau an die Schweiz oder an Deutschland angepasst werde. Die Erhöhung der Zahl der Studienplätze ist laut dem Kammerpräsidenten nicht unbedingt nötig: „Das würde dazu führen, dass Österreich noch mehr für das Ausland ausbildet. Das macht ja auch nicht viel Sinn.“

Auch Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sieht ein Versorgungsproblem bei Ärzten: „Unser Kernproblem ist: Wo arbeiten diese Ärzte. Wir haben in Wien 3.600 Fachärzte und davon 2.500 Wahlärzte.“ Er appellierte im Ö1-Morgenjournal an die Ärztekammer: „Wir werden darüber diskutieren müssen, ob Wahlarztordinationen wirklich in jeder Ecke der Stadt in Konkurrenz mit dem öffentlich finanzierten Gesundheitswesen treten können.“ Von Seiten der Stadt habe man ein zusätzliches Budget von 22 Millionen Euro beschlossen.