Goldenes Brett
Chronik

„Goldenes Brett“ geht an Homöopathie-Firma

In der Wiener Urania ist Freitagabend der Preis für den „größten antiwissenschaftlichen Unfug des Jahres“ vergeben worden. Das „Goldene Brett vorm Kopf“ geht diesmal an den deutschen Arzneimittelhersteller Hevert für sein juristisches Vorgehen gegen Homöopathie-Gegner.

Wenig überraschend sei noch, dass eine Firma, die homöopathische Präparate herstellt, von deren Wirksamkeit überzeugt ist, hieß es in der Begründung. Allerdings fordere das Unternehmen von Homöopathie-Kritikern juristisch Unterlassungserklärungen ein, wonach sie Aussagen wie „nicht über den Placeboeffekt hinaus wirksam“ nicht mehr tätigen sollen. Andernfalls drohe eine Strafe in Höhe von 5.100 Euro.

Wissenschaftlicher Diskurs in Gefahr

Diese Vorgehensweise berge eine ernste gesellschaftliche Gefahr, heißt es laut der Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP): „‚Homöopathie wirkt nicht über den Placeboeffekt hinaus‘ ist eine wissenschaftliche Aussage, die man nach allgemein anerkannten Methoden prüfen kann.“ Zu diesem Ergebnis seien qualitativ hochwertige Studien gekommen. „Das muss auch in der Öffentlichkeit so gesagt werden dürfen“, sagte die GWUP.

Wissenschaftliche Wahrheiten könnten nicht per Anwaltsbrief geklärt oder vor Gericht ausverhandelt werden, begründen die Initiatoren des Preises: „Sie sind, wie sie sind. Ob das irgendjemandem gefällt oder nicht, darf keine Rolle spielen.“ Mit derselben Logik könnten sonst Autofirmen Berichte über klimaschädliche Abgase unterdrücken und Tabakkonzerne Studien über Lungenkrebs stoppen. Etwas Positives habe das Hevert-Vorgehen aber: Der Satz „Homöopathie wirkt nicht über den Placeboeffekt hinaus“ sei durch die Diskussion quasi zum geflügelten Wort geworden.

Preis für Lebenswerk an Grander

Mit dem Satirepreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde auch die in der Vergangenheit schon oft erfolglos nominierte Firma Grander, und zwar für die Verbreitung eines „magischen, vorwissenschaftlichen Weltbilds“. Beim „Granderwasser“ handle es sich „wohl um eines der bekanntesten Produkte aus dem Bereich von Esoterik und Parawissenschaft“, begründete die GWUP. Grander vertreibt etwa „Wasserbelebungsgeräte“ für die Wasserleitung daheim und setzt dabei auf das Prinzip der „Informationsübertragung“.

„Beim Durchfließen des Gerätes werden die positiven Eigenschaften des Informationswassers auf das herkömmliche Leitungswasser übertragen, ohne dass dieses mit dem Informationswasser in Berührung kommt“, heißt es etwa auf der Grander-Homepage. Einen wissenschaftlich anerkannten Nachweis dafür gebe es freilich nicht, so die GWUP: „Fände man physikalisch plausible Erklärungen dafür, wie oder warum ‚Information‘ von einem Wasser aufs andere übertragen werden kann, wäre das zweifellos eine wissenschaftliche Sensation, mit der man sich mindestens einen Nobelpreis sichern könnte.“

Original Play war nominiert

Nominiert waren auch der Verein Original Play für sein wissenschaftlich nicht anerkanntes „Spielkonzept“, bei dem fremde Erwachsene mit Kindern rangeln, und der deutsche Lungenfacharzt Dieter Köhler, der Feinstaub und Stickoxide für wahrscheinlich harmlos erklärt hat.

Original Play werde „ohne wissenschaftliche Basis zum Allheilmittel für das Kind und zum ‚spirituellen Ausdrucksmittel‘ erklärt“, so die Begründung. Anstatt die These psychologisch oder pädagogisch zu untermauern, werde nur auf die „Natürlichkeit“ und die „Gnade Gottes“ verwiesen. Nach Vorwürfen rund um Kindesmissbrauch in Deutschland war der Verein schwer in die Kritik geraten. Original Play war auch in Kindergärten und Schulen in Wien aktiv. Nach den Vorwürfen wurde allen Kindergärten und Schulen empfohlen, die Kooperation mit dem Verein einzustellen.

Arzt erklärte Feinstaub für wahrscheinlich harmlos

Der dritte Nominierte für den „größten unwissenschaftlichen Unfug des Jahres“ war der deutsche Lungenfacharzt Köhler. Grund ist eine Stellungnahme, in der er Feinstaub und Stickoxide für wahrscheinlich harmlos erklärte. Mit seiner Erklärung, man sehe als Lungenfacharzt niemals Feinstaubtote, stelle er die gesundheitlichen Gefahren von Luftverschmutzung „auf wissenschaftlich unhaltbare Weise als harmlos dar“, meinte die GWUP.