Fotoprobe „Dies irae“
Burgtheater/Matthias Horn
Burgtheater/Matthias Horn
Kultur

Echte Sex-Szenen: „Dies irae“ wird uraufgeführt

Im Burgtheater wird heute die Endzeit-Oper „Dies irae – Tag des Zorns“ uraufgeführt. Es geht um die Apokalypse und die Angst des Menschen vor dem Untergang. Für Aufregung sorgte im Vorfeld die Information, dass im Stück echte Sex-Szenen zu sehen sein sollen.

Regisseur Kay Voges rekrutierte dafür laut einem Bericht des Magazins „profil“ Paare aus der sogenannten Sex-Positive-Szene. Die Sex-Szenen sollen dann gefilmt und live auf die Bühne übertragen werden. Laut Voges geht es dabei nicht um Pornografie, sondern um den „kleinen Tod als gefühlt zeitlosen Moment der Auflösung“.

Von Karl Kraus bis Greta Thunberg

„Dies irae“ ist Voges erste Inszenierung in Wien – wenn auch nicht im Volkstheater, das der Deutsche künftig leiten wird. In der Oper geht es um die Apokalypse – Kometen und Vulkane, Sintfluten und Erdbeben, Atomkraftwerke und Atomwaffen, Ozonloch und Klimawandel. „Die Menschheitsängste waren seit jener mannigfaltig“, sagte Voges.

Sein Dramaturg Alexander Kerlin trug eine dicke Materialsammlung zusammen – von biblischen Prophezeiungen bis zu „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus und von den Warnungen der antiken Priesterin Kassandra bis zu Greta Thunberg. In Gemeinschaftsarbeit wurden daraus Texte und Szenen gefiltert.

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Fotoprobe „Dies irae“
Burgtheater/Matthias Horn
In „Dies irae“ geht es um die Angst des Menschen vor dem Untergang
Kay Voges mit Komponist Paul Wallfisch
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Kay Voges führt Regie, den passenden Weltuntergangs-Sound dazu liefert der US-Komponist Paul Wallfisch
Eine Szene während einer Probe von „Dies Irae – Tage des Zorns. Eine Endzeit-Oper“
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Voges sieht keine Pornografie auf der Bühne
Eine Szene während einer Probe von „Dies Irae – Tage des Zorns. Eine Endzeit-Oper“
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Auf einer Drehbühne werden Räume simultan bespielt
Eine Szene während einer Probe von „Dies Irae – Tage des Zorns. Eine Endzeit-Oper“
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Weltuntergangs-Szenarien von den Urvölkern bis zur Klimakatastrophe, darum kreist die Endzeitoper „Dies Irae“
Eine Szene während einer Probe von „Dies Irae – Tage des Zorns. Eine Endzeit-Oper“
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Am Donnerstag erlebt das Stück im Burgtheater seine Uraufführung

Puzzleteile statt durchgehende Geschichte

„Es sind viele Stimmen, die da zu Wort kommen, manchmal in einer Kakophonie, manchmal in einer zärtlichen Suche nach der Frage, wie man dasteht in Anbetracht der Endlichkeit“, beschreibt der Regisseur. „Wir versuchen herauszufinden: Was ist das, was uns treibt, den Untergang herbeizusehnen? Gibt er uns eine Art kollektiver Geborgenheit?“

Auf einer Drehbühne mit simultan bespielbaren Räumen wird man keine durchgehende Geschichte, sondern Puzzleteile vorgesetzt bekommen: „Es ist ein Welttheater, eine Gleichzeitigkeit der verschiedensten Aggregatzustände, Situationen und Dramen im Angesicht des Endes.“ Das Publikum würde ein Panoptikum an Menschen kennenlernen – Figuren aus Mythologien oder ein Liebespaar, das sich wie Romeo und Julia Treue bis über den Tod hinaus schwört. „Und wir werden alte Menschen sehen, die den Tod sehnlich erwarten“, so Voges.

Weltuntergangsmusik von Wallfisch

Den passenden Weltuntergangssound dazu liefert Paul Wallfisch, seit langem ein künstlerischer Kompagnon von Voges. Gemeinsam ist ihnen ihre Sehnsucht nach Grenzüberschreitungen, ihre Neugier nach Erweiterung der eigenen künstlerischen Möglichkeiten. Der in Basel geborene US-Musiker und -Komponist ist auch mit der 94-jährigen Cellistin Anita Lasker-Wallfisch, einer der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters von Auschwitz, verwandt.

Die letzte Stunde der Menschheit

Der designierte Volkstheater-Direktor Kay Voges inszeniert zum ersten Mal in Wien – und das am Burgtheater. Die Endzeit-Oper „Dies irae – Tag des Zorns“ wird am Donnerstag uraufgeführt.

Wallfisch arbeitete mit der exzentrischen Künstlerin, Autorin und Sängerin Little Annie und tourte mit seiner 2016 gegründeten Band Swans. „Als Musiker habe ich schon oft in Wien gespielt, mit den unterschiedlichsten Bands und an den unterschiedlichsten Orten – im WUK und in der Szene Wien, im B72 und im Porgy & Bess, zuletzt vor zwei Jahren mit Swans in der Arena. Es war immer eine gute Stadt und ein gutes Publikum. Schräge Musik scheint den Menschen hier nicht fremd zu sein“, meinte Wallfisch.

Rockband im Burgtheater

In den kommenden Jahren werden Voges und Wallfisch wieder stärker zusammenarbeiten: Der Musiker wird in der Volkstheater-Direktion von Kay Voges musikalischer Leiter. Vorerst ist er aber nicht nur mit seiner neuesten Komposition im Burgtheater zu erleben, sondern auch als Live-Musiker.

Neben einer Sopranistin und einem Chor ist nämlich bei „Dies irae“ auch eine dreiköpfige Rockband im Einsatz: An der Seite von Wallfisch musizieren Larry Mullins aka Toby Dammit, der unter anderem mit Iggy Pop und Nick Cave gearbeitet hat, sowie der in Berlin lebende britische Musiker und Komponist Simon Goff.