Sabine Haag am letzten Tag der Bruegel-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum
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Kultur

Sabine Haag bleibt KHM-Chefin

Sabine Haag bleibt an der Spitze des Kunsthistorischen Museums. Das gab Kulturminister Alexander Schallenberg am Freitag bekannt. Ab 1. Jänner 2020 ist sie wieder für fünf Jahre offiziell dessen Generaldirektorin.

Nachdem der designierte KHM-Generaldirektor Eike Schmidt im Herbst kurz vor Antritt von seinem Posten zurückgetreten war, hatte Haag den KHM-Verband interimistisch geleitet. „Sabine Haag hat als Generaldirektorin in den vergangenen Jahren, vor allem aber in den intensiven letzten Monaten, ihre enge professionelle und menschliche Bindung mit dem Kunsthistorischen Museum bewiesen“, so Schallenberg.

Acht Bewerbungen für den Posten

Haag sei als bestgeeignete Kandidatin aus den Hearings hervorgegangen. „Das Kunsthistorische Museum hat damit eine Leitung, die in der Lage ist, dieses Herzstück der österreichischen Museumslandschaft nach einigen turbulenten Monaten wieder in ruhige Gewässer zu führen“, so der Minister. Insgesamt hatten sich auf die Stellenausschreibung acht Personen beworben.

Für Eike Schmidt hatte die kurzfristige Absage Folgen. Die Republik Österreich und der ursprünglich als Leiter für das KHM vorgesehene Schmidt haben sich auf eine Ausgleichszahlung geeinigt. Kolportiert werden 40.000 Euro Schadenersatz, die Schmidt zahlen muss.

Loyale Reformerin an der KHM-Spitze

An ihrer Loyalität zum Kunsthistorischen Museum bestand wohl nie ein Zweifel. Selbst der damalige Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) beschied 2017 Sabine Haag, das Haus als Generaldirektorin „sehr seriös geführt“ zu haben – bevor er Eike Schmidt zu ihrem Nachfolger bestellte. Nun hat sich die Treue zur Institution doch ausgezahlt: Nach allen Kalamitäten bleibt Haag dem KHM bis Ende 2024 erhalten.

Geboren wurde Sabine Haag am 28. Februar 1962 in Bregenz. Nach einem Aufenthalt im kalifornischen Santa Barbara, studierte sie von 1981 bis 1989 Anglistik, Amerikanistik und Kunstgeschichte in Innsbruck und Wien, im Jahr darauf begann sie ihre Tätigkeit als Kuratorin in der Kunstkammer, in deren Dienst sie auch ihre 1995 eingereichte Dissertation stellte.

Unter dem Titel „Studien zur Elfenbeinskulptur des 17. Jahrhunderts: Vorarbeiten für einen systematischen Katalog der Elfenbeinarbeiten des Kunsthistorischen Museums Wien“ leistete sie von Anbeginn ihrer Tätigkeit im KHM Beiträge zur Erfassung und Neubewertung der Bestände. Mit 1. Dezember 2007 wurde sie als Direktorin der Kunstkammer sowie der Weltlichen und Alten Geistlichen Schatzkammer berufen.

„Das Ansehen der Belegschaft gewonnen“

Als künftige Generaldirektorin wurde Haag dann 2008 von der damaligen Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) vorgestellt – und als „konsequente, erfahrene und innovative Arbeiterin“ gepriesen, die in ihrer „langjährigen Tätigkeit den Respekt und das Ansehen der Belegschaft gewonnen“ habe. Beworben hatte sich Haag nicht und versicherte glaubhaft, überrascht gewesen zu sein, als sie von der Ministerin gefragt wurde. Sie nahm jedenfalls die Herausforderung an und trat ihr Amt als KHM-Generaldirektorin mit 1. Jänner 2009 als Nachfolgerin von Wilfried Seipel an.

Unermüdlich war Haag seit diesem Zeitpunkt unterwegs, für das Museum zu werben und die nötigen Gelder aufzutreiben. Die Liste ihrer Verdienste ist lang: Mit der Wiedereröffnung der Kunstkammer im März 2013 und mit dem neuen Zentraldepot in Himberg, das in Rekordzeit und im Kostenrahmen entstand, wurden langjährige Wünsche Wirklichkeit.

Auch das Weltmuseum, dessen Neukonzeption, Umbau und Wiedereröffnung sich schwieriger gestaltete, wurde schließlich 2017 realisiert und zum Erfolg. Die günstige Jahreskarte für den Verbund steigerte den Besucherandrang unter Einheimischen, und mit der Berufung Jasper Sharps als Kurator für zeitgenössische Kunst oder mit Crossover-Projekten wie der „Ganymed“-Reihe, platzierte Haag das KHM auch als interessanten Player der Szene.

Vertrag bis 2024

Zugleich bedeutete Haags Amtsantritt nach der langen Regentschaft des publikumswirksamen Seipel einen Kulturwandel für das KHM. Auch wenn sie in den vergangenen Jahren verstärkt Blockbuster-Ausstellung wie die große Bruegel- oder die aktuelle Caravaggio/Bernini-Schau konzipierte, blieb die 57-jährige, dreifache Mutter im Außenauftritt stets bescheiden. Dieses Understatement mag ihr im Bewerbungsprozess 2017 geschadet haben, als Drozda ihr den später mit seinem Rückzieher unrühmlich gewordenen Eike Schmidt vorzog.

Es half ihr nun allerdings bei der Wiederbestellung zur offiziellen KHM-Generaldirektorin, ließ Haag doch an ihrer Loyalität zum Haus keinen Zweifel, als sie zunächst im Interregnum bis Schmidts vermeintlichem Amtsantritt und dann nach dessen Abgang vor Amtsantritt den KHM-Verband weiterhin interimistisch führte. Diese Haltung wurde nun mit einem neuen Vertrag bis Ende 2024 belohnt.

Sabine Haag wollte „Leadership zeigen“

„Das erfüllt mich persönlich mit großer Freude, es ist aber auch für alle Mitarbeiter wichtig, dass nun die lange Zeit der Ungewissheit vorbei ist und wir im neuen Jahr mit Ruhe an die Zukunftsplanungen gehen können“, sagt Haag im Gespräch mit der APA. Trotz personeller Kontinuität werde diese Zukunft im Zeichen der Veränderung stehen, betont sie. „In der Übergangsphase hat sich der Begriff der Veränderung als positives Momentum hier eingeschrieben. Es hat eine Aktivierung, eine Bewegung, eine Dynamik gegeben, aus der viele positive Impulse entstanden sind.“ Ihre weitere fünfjährige Amtsperiode werde daher auch inhaltliche Veränderungen und eine verschärfte strategische Neuausrichtung des KHM-Museumsverbands bringen.

Gegen Eike Schmidt, der als eine Begründung für seinen überraschenden und kurzfristigen Rückzug einen Monat vor Amtsantritt am 1. Oktober u.a. gönnerhaft angeführt hatte, er habe gemerkt, dass Haag eigentlich gerne weitermachen würde, fällt auch nun kein böses Wort von Haag. „Manches richtet sich von selbst“, sagt sie, lässt aber durchblicken, dass Schmidts Erbe aus der Zeit seiner Designierung überschaubar sei. „Da gibt es nichts Gravierendes. Dazu hat er sich zu wenig konkret eingebracht.“ Die von ihm forcierte Beethoven-Schau werde man freilich durchführen. Ansonsten konzentriere man sich auf jene Pläne, die Haag bei ihrer neuerlichen Bewerbung dem Ministerium vorgelegt hat.

Die vergangenen zweieinhalb Jahre seien nicht einfach gewesen, gibt Haag gerne zu. Sie habe aber versucht, weiterhin arbeits- und zukunftsorientiert zu agieren und ihre Befindlichkeit für sich zu behalten. „Für Professionalität auch in Krisenzeiten werde ich schließlich bezahlt.“ Da Schmidt noch Verpflichtungen an den Uffizien zu erfüllen hatte, hatte sie sich bereit erklärt, als interimistische Leiterin das Haus weiterzuführen. „Das war keine leichte Zeit.“ Als schließlich mit Schmidts Rückzug „die Bombe platzte“, „war ich klar in meiner Entscheidung: Leadership zeigen! Das ist offenbar gelungen – und hat wohl auch den Bundesminister davon überzeugt, dass ich es kann.“