Insgesamt dirigierte der 79-Jährige Muti das Orchester bereits in über 500 Konzerten. „Riccardo Muti nimmt in der Geschichte der Wiener Philharmoniker einen außergewöhnlichen Stellenwert ein“, so Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer am Mittwoch in einer Aussendung.
So wird Muti im kommenden Jahr – in dem der gebürtige Neapolitaner am 28. Juli auch seinen 80. Geburtstag feiert – an Zubin Mehta vorbeiziehen, der bis dato ebenfalls schon fünfmal am Neujahrspult den Taktstock schwang. Damit wird Muti zum meistbeschäftigten Neujahrskonzertdirigenten seit der legendären Ära Lorin Maazel.
Wien als „zweite Heimat“
Als „Vulkan am Pult“ wird Riccardo Muti, der meist herrisch, temperamentvoll und selbstbewusst auftritt, gern bezeichnet. In seiner Heimat Italien wird er teils abgöttisch geliebt, teils scharf kritisiert. Kalt lässt der Mozart-Spezialist mit dem Faible für neapolitanische Musik des 18. Jahrhunderts jedenfalls die wenigsten.
Vom Debüt bei den Salzburger Festspielen 1971 mit Donizettis „Don Pasquale“ bis zur engen Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern: Österreich ist für den Superstar der klassischen Musik ein wichtiges Stück künstlerischer Heimat. „Die Beziehung zu den Wiener Philharmonikern war immer die Konstante in meinem Leben. Wien ist seit jeher meine zweite Heimat“, pflegt der Musikpurist zu sagen.
Jubiläen im Mittelpunkt
Das diesjährige Neujahrskonzert bedeutete für den 41-jährigen Andris Nelsons eine Premiere. „Es ist wunderbar, das neue Jahr mit so etwas Positivem zu beginnen“, so der 41-jährige Dirigent vor dem Konzert. Seine Rolle spielte Nelsons, der seit 2010 regelmäßig mit den Wiener Philharmonikern zusammenarbeitet und die familiäre Atmosphäre hervorhob, demütig herunter: „Am Ende weiß das Orchester besser als jeder Dirigent, wie man das Neujahrskonzert spielt.“ Er sei zwar nervös, aber am Ende stehe die Freude über allem.
Daniel Froschauer, Vorstand der Wiener Philharmoniker, hob die Aufnahme von neun neuen Werken hervor, die 2020 beim Neujahrskonzert erklingen würden. Bei der Zusammenstellung sei es wichtig gewesen, sowohl Johann Strauß Vater als auch alle drei Söhne vertreten zu wissen. Ein weiterer Aspekt sei es gewesen, die drei Jahresregenten – neben Ludwig van Beethoven auch der Musikerverein mit 150 Jahren und die Salzburger Festspiele mit 100 Jahren – zu würdigen.
Beethoven sei „schuld“ an der Gründung des Orchesters der Wiener Philharmoniker gewesen. „Für seine zukunftsweisende Musik brauchte es schon ein Spitzenorchester. Und das waren dann wir“, so Froschauer, der auch die langjährige Verbindung zum Musikverein und den Salzburger Festspielen hervorhob.
Jubiläumsneujahrskonzert
Erstmals hat der Lette Andris Nelsons das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker dirigiert. Im Programm haben sich zahlreiche Jubiläen widergespiegelt.
Bundespräsident und Bundeskanzlerin zu Gast
Österreichs EU-Beitritt 1995 und der aktuelle Ratsvorsitz Kroatiens prägten die Gästeliste ausländischer Politiker beim Neujahrskonzert. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hatte Schwedens Premier Stefan Löfven zu Gast. Außenminister Alexander Schallenberg und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) kamen mit ihren Amtskollegen aus dem neuen EU-Vorsitzland.
Kroatien ist der Union als bisher letztes Mitglied im Jahr 2013 beigetreten. Es ist das erste Mal, dass Kroatien die Ratspräsidentschaft innehat. Vor 25 Jahren wiederum – am 1. Jänner 1995 – war Österreich gemeinsam mit Finnland und Schweden der EU beigetreten.
Gäste des Neujahrskonzerts waren auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein Vorgänger Heinz Fischer.
62. ORF-Übertragung
Bereits zum 62. Mal übertrug der ORF das Neujahrskonzert live in die Welt, wobei diesmal insgesamt 14 Kameras zum Einsatz kamen. Für die Bildregie der Liveübertragung zeichnete Neujahrskonzertroutinier Michael Beyer verantwortlich, der auch die beiden bereits vorab gedrehten Balletteinlagen des Wiener Staatsballetts verantwortet hatte.
Der Pausenfilm widmete sich heuer – wenig überraschend – dem Jahresregenten Beethoven zum 250. Geburtstag. Regisseur Georg Riha drehte für „Beethovens Blätterwirbel“ an diversen Wiener und niederösterreichischen Originalschauplätzen, wo ausgewählte Ensembles der Wiener Philharmoniker spielen. Die Choreografie der zwei bereits im Sommer gefilmten Balletteinlagen des Wiener Staatsballetts stammt vom Spanier Jose Carlos Martinez, der damit sein Neujahrskonzertdebüt gibt.
Mehrere Möglichkeiten zum Nachholen
Wer die Liveübertragung des Neujahrskonzerts verpasste, hat drei weitere Gelegenheiten, es nachzuholen: So bringt ORF III ab 20.15 Uhr ein Dacapo, ORF2 zeigt das Event nochmals in der „matinee“ am Dreikönigstag (6. Jänner, 10.05 Uhr). Auf 3sat ist das Neujahrskonzert am 4. Jänner (20.15 Uhr) zu erleben. Darüber hinaus überträgt Ö1 das Konzert im Radio live – ebenso wie rund 40 Radiostationen weltweit.