Besprechung im Büro für Interaktion
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Wirtschaft

Agentur kürzt Arbeitszeit bei gleichem Lohn

Einen Tag die Woche weniger arbeiten und das bei vollem Gehalt: Seit eineinhalb Jahren setzt eine Wiener Social-Media-Agentur auf Arbeitszeitverkürzung. Laut dem Firmenchef stieg die Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dadurch sogar.

Konkret arbeiten die Angestellten in dem im MuseumsQuartier angesiedelten „Büro für Interaktion“ 32 statt 40 Stunden pro Woche, bei einem Vollzeitgehalt von im Monat durchschnittlich 3.000 Euro brutto. „Es hat viel Recherche gegeben, es hat den Vergleich verschiedener Zeitmodelle gegeben – in Wirklichkeit wollte ich zeigen, dass es funktioniert“, schilderte Geschäftsführer Thomas Meyer die Entscheidung für die Arbeitszeitverkürzung im Interview mit „Wien heute“.

System gibt Einblick in Arbeit der Kollegen

Damit das für Österreich ungewöhnliche Arbeitszeitmodell funktioniert, setzt die Agentur auf gut strukturierte Abläufe. So wurde beispielsweise ein eigener Projektmanager engagiert. Über ein Online-System haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zudem Einblick in die Arbeit der anderen und melden sich sofort, wenn es freie Kapazitäten gibt.

Geschäftsführer Thomas Meyer
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Laut Firmenchef Thomas Meyer rechnet sich die Arbeitszeitverkürzung auch finanziell

„Die Leute kommen einfach entspannter in die Arbeit und man merkt, dass die Leistung, obwohl ich dieses Wort nicht sehr gerne habe, definitiv, steigt“, bilanzierte Meyer. Auch finanziell rechne sich das Arbeitszeitmodell durchaus, so der Firmenchef. Er selbst hat noch nicht auf 32 Stunden reduziert – aber: „Das ist langfristig natürlich das Ziel.“ Bis Ende 2020 will das Unternehmen auf die doppelte Mitarbeiterzahl anwachsen. Sorge, keine Fachkräfte zu finden, gibt es hier nicht.

„Ich bin Montag bis Donnerstag da und habe dann drei Tage Wochenende – wo man dann zum Glück auch wirklich abschalten kann“, erzählte Mitarbeiterin Belinda Swoboda. Sie habe nun mehr Zeit für Sport und mache endlich einen Kletterkurs. Ihr Kollege Wolfgang Roth nützt die freie Zeit anders: „Ich reise sehr gerne, bin viel unterwegs und schaue, dass ich mir das einteilen kann.“

Firma mit 30-Stunden-Woche

Wie sich die 30-Stunden-Woche wirtschaftlich ausgeht und welche Auswirkungen dieses Zeitmodell auf die Mitarbeiter hat, hat sich „Wien heute“-Redakteurin Claudia Peintner angesehen.

Wirtschaftskammer gegen 30-Stunden-Woche

Eine Arbeitszeitverkürzung ist in Österreich derzeit noch ungewöhnlich. Seit langem gefordert wird sie von der Arbeiterkammer. „Heute haben wir ein Arbeitszeitgesetz, das noch immer von 40 Wochenstunden spricht“, so Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl. „Hier aufgrund der Digitalisierung etwas zurückzufahren, ist, glaube ich, ganz wichtig, um die Beschäftigten auch gesund in der Arbeit zu haben.“

Die Wiener Wirtschaftskammer ist hingegen strikt gegen eine 30-Stunden-Woche. Bei vollem Lohnausgleich würde das den Faktor Arbeit für Betriebe massiv verteuern, hieß es vom Präsidenten Walter Ruck gegenüber „Wien heute“.