Birgit Hebein
ORF
ORF
Politik

Hebein: „Schmerzhafte Kompromisse“

Nach der Präsentation des türkis-grünen Regierungsprogramms spricht die grüne Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein von „schmerzhaften Kompromissen“ auf beiden Seiten. Die Handschrift der Grünen sei im Gesamtpaket jedoch trotzdem gut erkennbar.

„Dass es auch schmerzhafte Kompromisse gegeben hat auf beiden Seiten, ist unbestritten. Das werde ich nicht schönreden, das ist definitiv der Fall“, sagte Hebein am Donnerstag im Interview mit „Wien heute“, angesprochen etwa auf die im Regierungsprogramm enthaltene Sicherungshaft und den restriktiven Kurs bei den Themen Migration und Integration.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz sei in der Koalition „der stärkere Partner“, so die Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin, aber: „Das Entscheidende ist, dass die grüne Handschrift sichtbar ist.“ Als Beispiele nannte Hebein die Bereiche Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und Transparenz. Sie sieht Paket „als Chance für unser Land, als Chance für Wien“.

Kurz und Kogler bei der Programmpräsentation
APA/AFP/Alex Halada
Das Regierungsprogramm ist 300 Seiten dick

Kogler und Kurz präsentierten Vorhaben

Die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) präsentierten am Donnerstag ihre gemeinsamen Vorhaben. Das 300 Seiten starke Programm soll laut Kurz „das Beste aus beiden Welten“ vereinen: Für ein solches „Wagnis“ brauche es Mut, so Kogler – mehr dazu im ORF.at-Liveticker.

Kinderarmut soll halbiert werden

Als für sie wichtige Projekte hob Hebein etwa „ein Paket gegen Armut“ hervor. „Wir werden die Kinderarmut halbieren, so ist es vorgesehen.“ Geplant sei beispielsweise eine Art Generalkollektivvertrag, also ein Mindestlohn, der Verbesserungen etwa für die Mitarbeiterinnen von Ärztinnen und Notaren bringen würde.

Vorgesehen ist laut Hebein zudem eine Offensive im Bereich Klimaschutz, Verkehrspolitik und Ausbau des öffentlichen Verkehrs. So solle ein „Österreich-Ticket“ kommen. „Da wird Wien profitieren, vor allem angesichts der Pendler-Pendlerinnen-Problematik“, betonte Hebein gegenüber „Wien heute“. Thema in den Koalitionsverhandlungen war auch der Lobautunnel – die Grünen sind gegen das Projekt, die ÖVP dafür. Vereinbart habe man dazu, „dass wir uns Großbauprojekte einmal genauer ansehen werden – und dann wird man schauen.“

Hebein empfiehlt Zustimmung beim Bundeskongress

Am Samstag muss noch der Bundeskongress der Grünen dem türkis-grünen Regierungsprogramm zustimmen. Sie habe die Wiener Grünen nun eingeladen, detailliert über das Programm zu diskutieren, sagte Hebein. Auf dem Bundeskongress werde man dann eine gemeinsame Entscheidung treffen. „Meine Empfehlung als Parteichefin wird sein, dass wir diesem Abkommen zustimmen.“

Den Wiener Grünen wird eine Schlüsselrolle beim Scheitern der ersten ÖVP-Grün-Verhandlungen im Jahr 2003 zugeschrieben. Sie zeigten sich erfreut, als der damalige Grünen-Chef Alexander van der Bellen nach langen Verhandlungen das Ende der Koalitionsgespräche bekannt gab und auf die Einberufung des Grünen Bundeskongresses verzichtete.

Sorgen, dass eine Regierungsbeteiligung den Grünen bei der Wien-Wahl im Herbst schaden könnte, hat Hebein nicht: „Ich bin davon überzeugt, dass es nie schaden kann, wenn man Verantwortung übernimmt.“ Man müsse aber Ehrlich und offen damit umgehen.