Der FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt bei einer Vorlesung an der Universität Wien
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Chronik

Leitung von Uni-Institut kritisiert Höbelt

Das Leitungsteam des Geschichte-Instituts der Uni Wien hat in einer online veröffentlichten Stellungnahme Kritik am FPÖ-nahen Historiker Lothar Höbelt geübt. Er habe infolge der Störaktionen zu wenig zur Deeskalation beigetragen, so die Kritik.

Er habe sich auch nicht von Identitären distanziert, die seine Vorlesung besuchten, kritisierte das Leitungsteam. In einer Institutsversammlung Mitte Dezember habe sich Höbelt bereit erklärt, auf Identitären-Chef Martin Sellner, den er nach eigenem Bekunden persönlich zwar nicht kenne, einzuwirken, den „Saalschutz“ für seine Vorlesung zu beenden, schrieb das Leitungsteam.

Diese Zusage habe er aus Sicht der Institutsleitung aber nicht eingehalten. Schließlich hätten in weiterer Folge einige Zuhörer erneut vor einem Banner mit der Aufschrift „Linksextreme raus aus der Uni“ posiert, so der Vorwurf.

Keine Kritik an Verwendung des White Power Zeichens

Auch die Verwendung des White Power Zeichens, das Rechtsextreme und Neonazis zunehmend als Erkennungszeichen verwendeten, habe er in einer seiner Veranstaltungen nicht unterbunden oder kritisiert. Anstatt zu deeskalieren und sich von den Identitären zu distanzieren, verwendete er ein Streitgespräch mit der ÖH-Vorsitzenden Jasmin Chalendi auf der Website der Tageszeitung „Der Standard“ dazu, um weiter zu provozieren, so die Kritik.

Unter anderem habe er dabei die Gedenkkultur an die NS-Zeit als „Marketinggag“ bezeichnet, um höhere Forschungsgelder zu beziehen, hieß es in der Stellungnahme.

Höbelt: „Jede Information gehört kritisch hinterfragt“

Zudem habe er mit Bezug auf die Notwendigkeit eines kritischen Umganges mit Quellen und Selbstzeugnissen, „Zeitzeug*innengespräche“ für Schulen als „ungeeignet“ qualifiziert.

In einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) rechtfertigte der Historiker die Aussage wie folgt: „Jede Information gehört kritisch hinterfragt. Und für den kritischen Umgang mit dem Thema ist es das Falsche, betagte Menschen hinzusetzen, die sich an eine Zeit erinnern, die lange zurückliegt. Man kennt das: Wenn man etwas oft erzählt, fallen einem jedes Mal noch bessere Formulierungen ein“, so Höbelt. Man sollte sich mit den Aussagen kritisch auseinandersetzen. Alles andere sei „nicht wissenschaftlich“.

Keine „Bühne“ für rechtsextremes Auftreten

Die Stellungnahme wurde von den Institutsvorständen Andrea Griesebner, Peter Becker und Tara Andrews verfasst. Die Wissenschafter betonen, dass „vor allem“ österreichische Universitäten verpflichtet seien, „der schleichenden Normalisierung von rechtsextremen Gedankengut entgegenzutreten“. Rechtsextremem Auftreten dürfe in Hörsälen „nicht nochmals eine Bühne geboten werden“.

Demonstranten aus dem linken Spektrum hatten wiederholt die Vorlesung des Historikers gestört. Mit Plakaten und Sprechchören bekundeten sie ihren Unmut darüber, dass der umstrittene Professor weiter an der Uni unterrichten darf. Einmal musste die Veranstaltung wegen einer „antifaschistischen Blockade“ abgesagt werden. Rund 100 großteils vermummte Demonstranten hatten laut Rektorat die Hörsaal-Eingänge blockiert – mehr dazu in Vorlesung gestört: Uni Wien gegen Gewalt.