Cafe Palmhof
Privatsammlung Kinsky
Privatsammlung Kinsky
Kultur

Jüdisches Museum würdigt Cafetier Pollak

Das Cafe Palmhof, das sich einst in der Mariahilfer Straße befand, ist in den 1920er-Jahren im Zentrum des Wiener Kultur- und Gesellschaftslebens gestanden. Heute ist das Cafe aus dem Gedächtnis der Stadt verschwunden. Das Jüdische Museum lässt seine berührende Geschichte nun wiederaufleben.

Die Ausstellung „Wir bitten zum Tanz. Der Wiener Cafetier Otto Pollak“ arbeitet am Standort Dorotheergasse die Geschichte des einst so populären Cafes sowie seines Betreibers Otto Pollak und dessen Familie auf. Laut Museumsdirektorin Danielle Spera zählte das Lokal „zu den erfolgreichsten Einrichtungen seiner Zeit“, wie sie bei der Präsentation der Schau sagte. Bis 1. Juni sind Dokumente und Objekte aus dem Nachlass von Otto Pollak zu sehen, die Jahrzehnte lang in Kisten verwahrt worden waren.

Platz für Innovationen

Das Cafe Palmhof in der Mariahilfer Straße 135 in Rudolfsheim-Fünfhaus wurde ab 1919 von Otto Pollak und seinem Bruder Karl betrieben. Ihnen gelang es, das Lokal neu zu positionieren und zu einem populären Treffpunkt zu machen. Tagsüber wurde es als Kaffeehaus geführt, am Abend fanden regelmäßig Konzerte, Tanzveranstaltungen und gesellschaftliche Ereignisse wie die Fräulein-Wien-Wahl 1933 statt.

Das Cafe avancierte zum Fixpunkt im Leben vieler Gäste: als sozialer Treffpunkt, Wohnzimmer, Arbeitsplatz. Über die Jahre hinweg waren die Brüder Pollak bestrebt, Innovationen zu setzen. Die damals angesagtesten Architekten dekorierten die Räumlichkeiten immer wieder um.

Und um dem Publikum immer neue und herausragende Künstler bieten zu können, waren die Brüder oft unterwegs, um Talente zu finden. Die Auftritte erstklassiger Kapellen und Bands sorgten sogar dafür, dass das Radio einmal pro Woche Konzerte live übertrug.

Bombenanschlag und Arisierung

Doch der Antisemitismus machte auch vor dem Cafe nicht Halt. 1925 versuchten Nationalsozialisten den Palmhof zu stürmen, 1934 kam es zu einem Bombenanschlag. 1938 wurde der Betrieb schließlich „arisiert“ und einem früheren Kellner übertragen. Die Familie Pollak wurde nach Theresienstadt und in andere Lager gebracht.

Veranstaltungshinweis:

„Wir bitten zum Tanz. Der Wiener Cafetier Otto Pollak“.Bis 1. Juni 2020 im Jüdischen Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien. Öffnungszeiten: So. – Do. 10.00 – 18.00 Uhr, Fr. 10.00 – 14.00 Uhr (Winterzeit) bzw. 17.00 Uhr (Sommerzeit)

Nur Otto, seine Tochter Helga und eine Cousine überlebten. Das Cafe sowie die Wohnung wurden später zwar restituiert, doch Pollak lehnte ab, den Betrieb weiterzuführen. Der Verlust seiner Familie und die Erlebnisse im Konzentrationslager ließen das nicht zu. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten des Cafe Palmhofs ein Supermarkt.

Im Extrazimmer des Jüdischen Museums wurde die Geschichte der Familie wie auch das Cafe Palmhofs anhand von persönlichen Exponaten aufgearbeitet. Diese hatten die Schrecken des Krieges deswegen überlebt, da sie von der unehelichen Tochter von Karl Pollak, die er mit einer nicht-jüdischen Frau hatte, aufbewahrt worden waren, erzählte die Kuratorin Theresa Eckstein.

Fotos zeigen unbeschwerte Zeit

Fotos von Urlauben, der Hochzeit und vom Inneren des Cafes zeugen von einer ehemals unbeschwerten Zeit. Es gibt persönliche Widmungen von damals bekannten (Musik-)Größen und Promis wie Franz Lehar, Hans Moser oder Rene Dumont. Auch Geschirr und Speisekarten aus dem Palmhof haben die Jahrzehnte überlebt. Berührend dokumentiert ist auch das Leben nach 1938.

So schrieb Otto Pollak einen Brief an seine Tochter Helga, als er die Familienwohnung verlassen musste. Das Mädchen lebte zu diesem Zeitpunkt vorübergehend bei Verwandten in der tschechischen Kleinstadt Gaya. Ebenso gibt es einen Kalender, in dem Otto in Theresienstadt Notizen machte und die herrschende Unmenschlichkeit festhält.

Nach dem Krieg war Pollak ein anderer Mensch: „Er war ein gebrochener Mann“, führte Spera aus. Er starb am 20. Mai 1978 in Wien. Seine Tochter Helga, die seit ihrer Heirat Kinsky heißt, engagiert sich seit den 1990er-Jahren als Zeitzeugin. „Wir wollten mit der Schau aufmerksam machen, auf das was war und nicht mehr ist“, fasste Kuratorin Eckstein zusammen.