Nilsson sorgte mit seinen Fotos für Aufregung: Er lichtete mit seinen Kameras Föten im Mutterleib ab. So wurde das Leben vor der Geburt für die Öffentlichkeit in technisch raffinierter Form sichtbar. Das US-amerikanische „Life Magazine“ stellte am 30. April 1965 eines dieser Fotos eines 18 Wochen alten Fötus auf die Titelseite. Die Gesamtauflage des Magazins von acht Millionen Exemplaren war innerhalb weniger Tage vergriffen und blieb die am schnellsten verkaufte Ausgabe in der Geschichte der Zeitschrift.
Bestseller über 50 Millionen Mal verkauft
Bereits in den 1950er Jahren beschäftigte sich Nilsson mit mikroskopischen Aufnahmen und Makrofotografie. So entstanden erste Aufnahmen von Embryos und Föten. Zahlreiche weitere Fotos befinden sich im 1965 veröffentlichten Buch „Ett barn blir till“ (Ein Kind entsteht), das als internationaler Bestseller über 50 Millionen Mal verkauft und in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde.
Debatten um detaillierte und hochauflösende Fotos
Durch den Einsatz und die Entwicklung von Spezialkameras, Linsen und Endoskopen, war es dem Schweden möglich, Aufnahmen von Föten im Mutterleib zu machen, welche die populäre Vorstellung vom Wachstum eines Kindes im Mutterleib geprägt haben. Die meisten Fotos entstanden aber gar nicht „in utero“ und zeigen meist keine lebenden Föten, sondern vorzeitig beendete Schwangerschaften.
So wurden Schwangerschaft und pränatale Entwicklung mit der Publikation dieser Fotos zu öffentlichen Diskussionsgegenständen. Die Bilder wurden auch von der selbsternannten Pro-Life-Bewegung verwendet, die gegen Schwangerschaftsabbrüche eintritt. Gegen diese Verwendung wehrte sich Nilsson aber stets.
Auch Fotos zu Ameisen oder SARS
Neben den Fötus-Abbildungen hat sich Nilsson auch anderen Projekten gewidmet. So erstellte er Bildessays und Fotoreportagen, wie zum Beispiel über eine Hebamme in Lappland (1949), die Eisbärenjagd in Spitzbergen (1947) und einen Fotografen im Kongo (1949). Diese stießen auf großen Anklang.
Seine eher unbekannteren Wissenschaftsfotografien zeigen Fotos in seinen Büchern, zu den Themen Ameisen (1959) oder dem Leben im Meer (1959). Seine Fotoreportage über die schwedische Heilsarmee erschien im Jahre 1963 als Buch. In den 1980er-Jahren war er einer der ersten, der sich mit der Visualisierung des HI-Virus auseinandersetzte und 2003 machte er als erster eine Aufnahme des SARS-Erregers. Aber auch ein Shooting mit Filmstar Ingrid Bergmann 1950 in Rom und Selbstporträts zählen zu seinem Werk.
2017 starb Lennart Nilsson im Alter von 94 Jahren in Stockholm.
Nilssons Werk im WestLicht
Von 11. Februar bis 3. Mai 2020 ist die Ausstellung „Lennart Nilsson. The Beginning“ in Kooperation mit seinem Nachlass im WestLicht – Schauplatz für Fotografie für Besucherinnen und Besucher zu sehen. Die rund 100 seiner bekannteren und weniger bekannteren Fotografien zeigen die Entwicklung und die Vielfalt seines Werkes und seiner Fotografien.