Ziel der Ausstellung „Richard Neutra – Wohnhäuser für Kalifornien“ sei es, Neutra jene Aufmerksamkeit zu schenken, die ihm gebühre, sagte einer der beiden Kuratoren, der Architekturfotograf David Schreyer, am Mittwoch bei der Präsentation.
Neutra gilt als ein Vorreiter des nachhaltigen, ökologischen Wohnens. So setzte er bei seinen Entwürfen auf offene Grundrisse, eine enge Beziehung zur umliegenden Landschaft und leichte Konstruktionen. Außerdem überzeugte er mit Konzepten im Umgang mit der knappen, weil teuren Ressource Wohnraum und klimatischen Extrembedingungen, da es in Neutras zweiten Heimat Kalifornien sehr heiß werden kann.
Einblicke in den Alltag
Die Ausstellung zeigt das Werk anhand von neun Beispielen. Es sind kleine Einfamilienhäuser in Kalifornien, von Privatpersonen bewohnt und nicht öffentlich zugänglich. Schreyer fotografierte diese innen wie außen und zeigt die Bauten in ihrem heutigen Zustand und der aktuellen Nutzung. Es sind keine Hochglanzaufnahmen, sondern vielmehr Einblicke in den Alltag. Zeitgleich führte sein Kuratorenkollege, der Kunsthistoriker Andreas Nierhaus, Gespräche mit den Bewohnern über ihr Leben in den Häusern.
Der Traum von Amerika
Neutra wurde 1892 als Sohn einer jüdischen Wiener Familie geboren. Bald nach dem Beginn seines Studiums an der Technischen Hochschule wurde er in die private Bauschule von Adolf Loos aufgenommen. Dieser weckte Neutras Neugier auf die Vereinigten Staaten, da er stets voller Begeisterung von seinem Aufenthalt berichtete.
1923 war es schließlich so weit – Neutra reiste in die USA. Ab 1925 lebte er in Los Angeles. Mit dem von ihm geplanten Lovell Health House wurde er international bekannt. In Folge erhielt er zahlreiche Bauaufträge. Der Großteil der rund 300 Bauten, die Neutra Zeit seines Lebens realisierte, befindet sich in Kalifornien. In Österreich konnte er nur ein Haus verwirklichen: ein kleines Einfamilienhaus in der Wiener Werkbundsiedlung, das 1932 fertiggestellt wurde.
Neutra versuchte zwar ebenso in Österreich Fuß zu fassen und zog in den 1960er Jahren wieder zurück in die alte Heimat. Er wurde auch gebührend gefeiert und mit Ehrungen überhäuft, wie Nierhaus erzählte. Aber die Wiener Architekten fürchteten die Konkurrenz aus Amerika, und unter den Jungen galt Neutra als Vertreter des Establishments. 1969 kehrte er nach Los Angeles zurück. Ein Jahr später starb er.
Ausstellungshinweis
Richard Neutra – Wohnhäuser für Kalifornien, von 13. Februar bis 20. September, Wien Museum MUSA, 1010 Wien, Felderstraße 6–8, Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr. Im Vorfeld ist ein Architekturbuch (256 Seiten, 39 Euro) über Häuser von Neutra erschienen.
Vom Abriss bedrohte Luxusobjekte
Schreyer und Nierhaus erzählten von der durchaus unorthodoxen Herangehensweise an die Ausstellung. Nachdem die beiden Texte über Neutra studiert hatten, war ihr Interesse geweckt, wie die Häuser heutzutage aussehen und welche es noch geben würde. In Kalifornien klapperten die Männer dann Neutras Häuser ab und stießen auf offene Ohren: „David hat einfach an der Tür geklingelt.“
Mittlerweile sind Neutras Häuser, die er eigentlich für die Mittelschicht konzipiert hatte, Luxusobjekte. Gleichzeitig sind sie aber auch vom Abriss bedroht, da sie ob ihrer relativ geringen Fläche in Zeiten steigender Grundstückspreise unrentabel sind. Daher sind die heutigen Eigentümer nicht selten auch ihre Retter, hieß es. Wien-Museum-Direktor Matti Bunzl zeigte sich vom Ergebnis begeistert: „Es ist eine wunderschöne Ausstellung geworden.“