Michael Ludwig
APA/Helmut Fohringer
APA/Helmut Fohringer
Politik

Ludwig kündigt Gratis-Ganztagsschule an

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat am Dienstag in einer Rede angekündigt, dass die ganztägig geführten öffentlichen Volksschulen in Wien künftig kostenlos sein werden. Politikberater Thomas Hofer sieht im bevorstehenden Wahlkampf jedenfalls die „Mutter aller Schlachten“.

Auch eine Pflege- und Lehrplatzgarantie gab das Stadtoberhaupt ab. „Ich möchte garantieren, dass jede Wienerin und jeder Wiener, wenn benötigt, ein Appartement in einem Pensionistenwohnheim der Stadt Wien bekommt. Oder, wenn es notwendig ist, einen Platz in einer Pflegeeinrichtung“, so Ludwig. Zudem soll der Wien-Bonus ausgedehnt werden, was etwa Wiener Lebensmittelproduzenten zugutekommen soll.

„Kein Wahlkampfauftakt“ im Wahljahr

Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Entschlossen für Wien“. In der Event-Location K47 wurden dabei – am Beginn des heurigen Wien-Wahljahres – die inhaltlichen Schwerpunkte für die kommenden Monate dargelegt. Ludwig wollte den von der Partei organisierten Auftritt nicht als vorzeitigen Wahlkampfauftakt verstanden wissen. „Ich möchte keinen Wahlkampf eröffnen“, versicherte er den anwesenden Gästen – also etwa der gesamten roten Stadtratsriege. Er beteuerte zum Auftakt weiters, dass er nicht vorhabe, sich gegenüber andere Parteien abzugrenzen. „Auch nicht gegenüber der eigenen“, wie er hinzufügte.

Michael Ludwig
APA/Helmut Fohringer
Die Rede hielt Ludwig unter anderem vor der gesamten roten Stadtratsriege

„Die Wahl wird so wie vorgesehen im Herbst stattfinden“, versicherte Ludwig einmal mehr. Und er versprach, sich sehr dafür einzusetzen, dass vor der Wahl inhaltliche Debatten geführt werden und es zu keiner „Schlammschlacht“ komme. Derzeit gebe es noch die Möglichkeit, grundsätzliche Diskussionen zu führen – was er mit seiner Rede auch tun wolle.

Von Reumann über Gratz zu Häupl

Ludwig verwies zunächst auf die sozialdemokratische Geschichte in Wien. „Wir sind eine historische Partei, das wollen wir auch nicht verleugnen.“ Er erwähnte den ersten demokratisch gewählten Bürgermeister Jakob Reumann und spannte anschließend einen Bogen bis zu seinen Vorgängern Leopold Gratz, Helmut Zilk und Michael Häupl.

Aktuelle Herausforderungen sind laut dem derzeitigen Stadtchef etwa in den Bereichen der Digitalisierung, bei den Mietpreisen und der Medizin zu finden. Hier kündigte Ludwig an, dass bis 2025 insgesamt 36 Primärversorgungszentren errichtet werden sollen. „Das würde die Spitalsambulanzen entlasten und direkt vor Ort gute medizinische Betreuung ermöglichen.“ In den Ambulanzen sollen weiters 200 zusätzliche Kanzleikräfte aufgenommen werden.

Ludwig startet Wahlkampf der SPÖ

Bürgermeister Michael Ludwig stellt die Schwerpunkte für die Stadt in einer Rede vor 100 geladenen Gästen vor. Von der kostenlosen Ganztagsschule bis zur Lehrstellengarantie.

Spitze gegen Grüne beim Klimaschutz

Einmal mehr bekräftigte der Bürgermeister auch die grundsätzliche Bereitschaft, die Polizei vom Bund zu übernehmen. Diese müsse zumindest die Zahl der Beamten erhöhen, verlangte Ludwig. Denn Wien sei zwar eine der sichersten Städte weltweit, der Aufwand für die Exekutive sei aber hoch, unter anderem weil viele internationale Organisationen hier ihren Sitz hätten. Ludwig hob an dieser Stelle auch das neue „Einsatzteam Wien“ für Wien hervor, eine Einheit, die kürzlich gegründet worden ist und die sich unter anderem um Bürgeranliegen kümmert.

In Sachen Klima- und Umweltschutz sei Wien Vorreiter, schwor Ludwig. Denn schon vor 20 Jahren sei das Klimaschutzprogramm der Stadt initiiert worden. „Da geht’s uns nicht um die Behübschung von einzelnen Straßenzügen“, erläuterte der SPÖ-Politiker und formulierte damit doch eine Spitze gegen den grünen Koalitionspartner. Vielmehr drehe die Sozialdemokratie an den „großen Rädern“. Man greife dorthin, wo es starke CO2-Emissionen gebe – wobei Ludwig den Wohnbau und den öffentlichen Verkehr als Beispiele nannte.

Michael Ludwig
APA/Helmut Fohringer
Ludwig sprach viele Versprechen aus – etwa bei Pflege und Lehre

Gratis-Ganztagsschule startet an 63 Volksschulen

Weiters kündigte Ludwig an, die Vergabe von kommunalen Aufträgen stärker an Wien zu binden. Ein entsprechender Leitfaden soll bald mit der Wiener Wirtschaft präsentiert werden. Ein Bereich, der stärker in den Genuss öffentlicher Vergaben kommen soll, ist laut dem Bürgermeister etwa die Landwirtschaft. Würden Wiener Firmen bevorzugt, seien auch die Wege kurz, gab er zu bedenken – wobei er sogleich hinzufügte: „Trotzdem bin ich für Stadtstraße und Nordostumfahrung.“

Die maßgeblichsten Ankündigungen erfolgten im Kapitel Bildung: „Wir haben vor ziemlich genau zehn Jahren mit dem kostenfreien Kindergarten begonnen. Heute möchte ich den nächsten Schritt setzen.“ Ludwig kündigte an, die Gratis-Ganztagsschule in Wien zu realisieren. Das Angebot soll an 63 Volksschulstandorten kostenfrei werden. Pro Jahr soll es zudem bis zu zehn neue geben.

„Das ist finanziell abgedeckt. Wir haben uns das genau ausgerechnet“, beteuerte er. Jährlich wird die Maßnahme 25 Mio. Euro kosten. Ludwig stellte dabei auch klar, dass das Aus für die Elternbeiträge nicht für die Hortbetreuung an jenen Standorten gelte, die nicht ganztägig geführt werden. Auch ein neues Zentralberufsschulgebäude soll errichtet werden. Zugleich betonte der Stadtchef: „Ich möchte auch eine Lehrstellengarantie abgeben.“ Auszubildende sollen jedenfalls einen entsprechenden Platz finden, notfalls auch in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten der Stadt.

Politikexperte Thomas Hofer live im Studio

Die Taktik der Wiener SPÖ sei es, Ludwig aus dem Wahlkampf-Hickhack herauszuhalten und ihn als „Landespapa“ zu positionieren, analysiert Politikexperte Thomas Hofer.

Thomas Hofer: Wird „die Mutter aller Schlachten“

Für den Politikexperten Thomas Hofer war die Rede „natürlich so etwas wie ein inoffizieller Wahlkampfauftakt. Es ist klar, dass die Wiener SPÖ da in der Bringschuld ist, dass sie in die Offensive gehen muss. Nicht nur wegen der Krise der Partei auf Bundesebene, sondern eben auch wegen der eigenen Positionierung“.

Denn einerseits wolle man ein „Macher-Image für den Bürgermeister aufbauen“, und dann gelte es auch das Manko zu überwinden, dass im Wahlkampf die FPÖ als de facto „blaues Krokodil“ verloren gegangen ist. Deswegen versuche die Wiener SPÖ, „thematisch in die Offensive zu gehen und alte traditionelle Kernstärken der SPÖ wiederzubeleben“, analysierte Hofer gegenüber „Wien heute“.

Ludwig müsste einige der Ankündigungen aber bereits vor der Wahl umsetzen, wenn er „das Macher-Image“ anstrebt, so der Politikexperte. Das würde dann auch den Wahlkampf bestimmen und die Opposition „ein wenig unter Zugzwang“ bringen. Angriffe auf politische Mitbewerber sparte Ludwig in seiner Rede aus. Er „versucht sich da über dem tagespolitischen Hickhack zu positionieren“. Ob das gelingt, sei offen, denn es werde „wirklich die Mutter aller Schlachten in Wien“. Denn für die SPÖ gehe es da – nicht nur in Wien, sondern bundesweit gesehen – ums Ganze, sagte Hofer.