Autos fahren hintereinander
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Wirtschaft

Asylwerber als Kleintransporteure ausgenutzt

Fast 50 Verstöße gegen das Arbeitsrecht hat die Finanzpolizei bei der Razzia im Amazon-Verteilzentrum bei Wien am Dienstag festgestellt. Betroffen waren Subfirmen, die Pakete ausliefern. Solche Zusteller sind oft Ein-Personen-Unternehmen. Die niedrigen Preise werden gegenseitig unterboten, auch Asylwerber werden ausgenutzt.

Durch immer mehr Bestellungen im Internet gibt es jedes Jahr neue Rekorde bei der Zahl der Paketzustellungen in Österreich. Die Kehrseite der Geschichte: Die Branche der Zusteller ist durch gegenseitiges Preis-Drücken mehr oder weniger kaputt, wie es von Seiten der Wiener Wirtschaftskammer in einem „Wien heute“-Beitrag geschildert wird.

Das zeigt sich auch beim Kommen und Gehen der einzelnen Zustell-Unternehmen: Derzeit gibt es bei der Wiener Fachgruppe der Klein-Transporteure rund 2.970 gemeldete Mitglieder. Zwischen 2016 und 2019 gab es allerdings rund 2.360 Neuanmeldungen und 2.810 Abmeldungen oder Entzüge.

Pakete am Fließband
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Durch die Zunahme an Bestellungen im Internet, läuft das Paketgeschäft wie am fließenden Band – allerdings mit Schattenseiten

Aufträge werden mehrmals an Sub-Firmen weitergereicht

„Es möchte ein jeder ins Geschäft kommen. Die Auftraggeber suchen sich natürlich denjenigen aus, der ihnen vom Preis her am günstigsten entgegen kommt“, erklärt Katarina Pokorny, Obfrau der Fachgruppe Kleintransporteure in der Wirtschaftskammer Wien. Da komme es dann dazu, dass „Lohn- und Sozialdumping bei den Auftragnehmern gang und gäbe“ ist.

Oft werden Lieferaufträge mehrmals an Sub-Unternehmer weitergegeben, jeder beteiligte Schreibtisch verdient etwas. Denen, die dann wirklich fahren, bleibt kaum noch etwas. Das wirft die Frage auf, wer macht das dann? Die Antwort: Zum Beispiel Asylwerber. Die dürfen nämlich einen Gewerbeschein nehmen und als Kleintransporteure arbeiten.

Wirtschaftskammer kritisiert „eine Art Sklaventum“

Die in Deutsch verfassten Verträge würden sie oft nicht im Detail verstehen, heißt es von der Wirtschaftskammer: „Ich finde es nicht in Ordnung, dass diese Leute mit diversen Verträgen zu einer Arbeit gezwungen werden, die wirtschaftlich und für sie einfach nicht zum Überleben ist“, so Pokorny.

Großrazzia in Amazon-Verteilzentrum

Am Dienstag hat im Amazon-Verteilzentrum in Großebersdorf eine Großrazzia der Finanzpolizei stattgefunden. Ziel der Razzia war aber nicht Amazon, sondern Boten und Subfirmen.

Außerdem fallen sie mit den gewerblichen Einkünften auch aus der Grundversorgung. Diese wieder zurück zu bekommen, sei dann sehr schwierig. Pokorny spricht von „einer Art Sklaventum“, die von manchen sehr ausgenutzt werde. Auch bei der Rechtsberatung der Caritas ist das Problem bekannt. Wie viele Asylwerber genau als Kleintransporteure arbeiten, ist jedoch nicht erfasst. Angeboten wird von der Fachgruppe der Wirtschaftskammer und auch von der Caritas, dass Verträge vor einer Unterschrit geprüft werden.

Blümel teilt geforderter Auftraggeberhaftung eine Absage

Allgemein gegen das ruinöse Preisdumping fordert die Kammer eine Auftraggeberhaftung: „Es muss der Auftraggeber wissen, wem er seine Aufträge gibt. Und er muss dann auch in die Haftung genommen werden, wenn seine Auftragnehmer das an diverse Subfrächter weitergeben und die nicht korrekt unterwegs sind“, fordert Pokorny.

Diese Forderung unterstützte am Donnerstag auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian: „Dieses Problem ist nur mit einer Auftraggeberhaftung in den Griff zu bekommen“, so Katzian. Außerdem werde man nicht um eine Aufstockung der Kontrollorgane bei der Finanzpolizei und im Arbeitsinspektorat herumkommen.

Der Forderung einer Auftraggeberhaftung analog zur Baubranche lehnte ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel als „nicht sinnvoll“ ab, weil sie alle Firmen pauschal unter Generalverdacht stelle. Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) kündigte eine Novelle des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes an. Details ließ sie offen.