Den Ländern, die damit die Hoheit über Finanzmittel verlieren würden, würde sie dafür mehr Kompetenzen bei der operativen Ausführung der Pflege vor Ort und einen Ausgleich über den Finanzausgleich anbieten. Eine solche Zusammenführung der Finanzströme in der Pflege sollte nach Ansicht der Präsidentin des Seniorenbundes und des Seniorenrates aber nur der erste Schritt sein.
Finanzierung aus Steuern oder Versicherung?
Langfristig wünscht sie sich, die Pflege und die Gesundheit gemeinsam zu finanzieren. Ob damit die Pflege auch in die Krankenversicherung integriert werden soll, lässt sie offen. Wie ein gemeinsames Finanzierungsmodell dann aussehen könnte, will sie derzeit noch nicht vorwegnehmen, dieses sei im Rahmen der Pflegereform zu diskutieren und zu erarbeiten.
Während die ÖVP schon vor der Nationalratswahl eine Versicherungslösung für die Pflegefinanzierung vorgeschlagen hat, tritt Korosec derzeit für ein steuerfinanziertes Modell ein. Das wäre ihrer Meinung nach zumindest in der jetzigen Phase aus dem laufenden Budget ohne Steuererhöhungen möglich.
Die Seniorenbund-Präsidentin ist überzeugt, dass die Finanzierung derzeit „ohne Beitrag des Einzelnen möglich“ ist. Ob dann vielleicht doch zusätzlich aufgrund der demografischen Verschiebung eine Versicherungslösung nötig sein wird, hänge von der Entwicklung ab und lasse sich derzeit noch nicht abschätzen. Eine eigene Pflegeversicherung wie in Deutschland kommt für Korosec aber nicht in Frage.
Korosec: „Deutlich mehr in Vorsorge investieren“
Nach dänischem Vorbild plädiert die Seniorenbund-Präsidentin für einen deutlichen Ausbau der Prävention. Um den Eintritt der Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zumindest zu verzögern, müsse deutlich mehr in die Vorsorge investiert werden, die Kosten dafür würden sich volkswirtschaftlich rechnen. Korosec hat dafür ein System mit Anreizen im Auge.

Konkret wünscht sie sich, das Modell der Selbstständigen-Krankenkasse mit einem Bonus bei Erreichung von Gesundheitszielen auszubauen. So könnte man etwa für die Absolvierung von Vorsorge-Untersuchungen oder Impfungen eine Verringerung der Rezeptgebühr andenken oder Gutscheine für ein Fitnesscenter oder für Massagen. Für jüngere Personen könnten dabei andere Anreize geboten werden als für Senioren.
Angehörige von „medizinischer Pflege“ entlasten
Angehörige will Korosec die medizinische Pflege nicht mehr machen lassen: Angehörige sollten für die persönliche Betreuung da sein, die medizinische Pflege sollte aber von Fachkräften erledigt werden – und zwar so weit wie möglich mobil. Dafür müssten die mobilen Dienste stark ausgebaut werden. Die im Regierungsprogramm angekündigten Community Nurses hält Korosec dabei für einen wichtigen Faktor.
Ziel müsse es sein, die Menschen mit fachmännischer Unterstützung so lange wie möglich daheim mobil zu halten. Korosec gesteht zu, dass die Pflegekräfte sehr gefordert sind, sie tritt deshalb für deren Entlastung ein. Die von der Gewerkschaft geforderte 35-Stunden-Woche in der Sozialwirtschaft hält sie aber nicht für den richtigen Weg.
Die ÖVP-Seniorenbund-Präsidentin betont auch die Zukunftsperspektiven des Arbeitsmarktes in diesem Bereich. Durch die Digitalisierung würden zwar Arbeitsplätze wegfallen, aber gerade in den Bereichen Pflege und Gesundheit würden künftig viele Arbeitskräfte nachgefragt. Dass nun zehn Schulversuche zur Pflegeausbildung mit zunächst 300 Schülern ab Herbst starten sollen, begrüßte Korosec. Und sie verweist darauf, dass ein in die Pflege investierter Euro zu einer Wertschöpfung von zwei Euro durch Steuern und Abgaben führt.
Peter Hacker: „Allen qualitätsvolle Pflege garantieren“
„Die zentrale Frage in der Pflege ist, woher das Geld für die Pflegefinanzierung überhaupt kommen soll“, heißt es von Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Sonntag. „Um diese zentrale Frage drückt sich die ÖVP wieder einmal mit diesem durchsichtigen Ablenkungsmanöver.“
Die Türkisen müssten jetzt Farbe bekennen: „Planen sie im Hintergrund in Wahrheit eine Pflegeversicherung, mit der die Senioren sich ihre Pflege selber bezahlen müssen oder gibt es eine steuerfinanzierte staatliche Pflegegarantie? Für die SPÖ ist die Antwort sonnenklar: Nach einem harten Erwerbsleben, muss der Staat allen eine qualitätsvolle Pflege garantieren.“, so der SPÖ-Sozialstadtrat.
Ein „Ablenkungsmanöver der ÖVP“ sieht auch Harry Kopietz, Präsident des Pensionistenverbands Wien. In einer Aussendung heißt es zu Korosecs Forderung: „Jetzt schon ist die ÖGK durch die schwarz-blaue Chaos-Zusammenlegung mit ihren Kern-Aufgaben überfordert. Wie soll sie angesichts dieser Überforderung auch noch die Pflege übernehmen?“, so Kopietz.