Landesparteiobmann der Wiener ÖVP, Gernot Blümel bei seiner Rede am 36. Bundesparteitages am Samstag, 29. Februar 2020 in Wien.
APA/Herbert P. Oczeret
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Politik

Blümel mit 96,8 Prozent wiedergewählt

Der Landesparteiobmann der Wiener ÖVP, Gernot Blümel, ist am Samstag beim Landesparteitag mit 96,8 Prozent wiedergewählt worden. Er nannte dabei die Ablöse von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) als Ziel für die Wien-Wahl im Herbst.

Blümel erhielt beim Landesparteitag in der „Metastadt“ 96,8 Prozent. Das sind insgesamt 394 Delegiertenstimmen. Der Neo-Finanzminister hat die Landespartei unmittelbar nach der Wien-Wahl 2015 interimistisch übernommen. Die offizielle Kür zum Obmann erfolgte bei einem Parteitag 2016. Damals erhielt er 94,84 Prozent der Stimmen. Auch die drei Stellvertreterinnen des Landesparteiobmanns, Margarete Kriz-Zwittkovits, Veronika Mickel-Göttfert und Elisabeth Woschnagg, wurden mit großer Mehrheit wiedergewählt.

Blümel hat sich in seiner Rede als Herausforderer von Bürgermeister Ludwig positioniert. Auch er zeigte sich wie zuvor Bundesparteichef Sebastian Kurz überzeugt, dass es möglich sei, der SPÖ das Amt abspenstig zu machen.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, Bundeskanzler Sebastian Kurz, Parteiobmann der ÖVP Wien, Gernot Blümel und Integrationsministerin Susanne Raab im Rahmen des 36. Bundesparteitages der ÖVP am Samstag, 29. Februar 2020 in Wien.
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Die Parteispitze ist für den Landesparteitag nach Wien gekommen

Sind nun „kantige Oppositionspartei“

Er sei oft gefragt worden, warum er sich das antue, erinnerte Blümel, der die Wiener ÖVP nach der Wien-Wahl 2015 übernommen hatte, in seiner Rede zunächst an die damals wenig erfreuliche Situation der Partei. Aber es sei „sonnenklar“ gewesen: „Wir wollen die Chance nutzen, von der viele gemeint haben, dass wir sie gar nicht mehr haben.“ Man habe den Mut zur Veränderung bewiesen und sei zu einer kantigen Oppositionspartei geworden, freute sich der Chef-Türkise.

Man habe es geschafft, die Bedürfnisse der Wienerinnen und Wiener wieder in den Mittelpunkt zu stellen und nicht „parteiinterne Befindlichkeiten“ – wie es die FPÖ derzeit vormache. Auch in der SPÖ fehle der Mut zur Veränderung. „Es ist bezeichnend, wenn aus Sicht des SPÖ-Bürgermeisters (Michael Ludwig, Anm.) das brennendste Thema der Herzerlbaum am Rathausplatz oder die Patenschaft fürs Eisbärenbaby ist“, meinte Blümel.

Nun gelte es, die Chance zu nutzen, denn der Bürgermeister müsse nicht immer SPÖ-Mitglied sein. Wichtig sei etwa, die großen sozialen Fragen der Zeit zu lösen. Es gehe um jene, die arbeiten und in der Früh aufstehen und die trotzdem das Gefühl hätten, dass am Ende wenig Geld übrig bleibe, sagte der Landesparteichef und Finanzminister.

Bundesparteiobmann der ÖVP und Bundeskanzler Sebastian Kurz im Rahmen des 36. Bundesparteitages der ÖVP am Samstag, 29. Februar 2020 in Wien.
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Kurz: ÖVP könnte in Wien „vom vierten auf den zweiten Platz springen“

Kurz sieht „historische Chance“ bei Wien-Wahl

„Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Jahr eine historische Chance für Wien ist“, hatte zuvor auch Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz betont. „Es ist erstmals möglich, dass wir vom vierten auf den zweiten Platz springen“, zeigte er sich überzeugt.

Er habe schon mehrere Wiener Wahlkämpfe miterlebt. „Das war nie so eine schöne Situation. Es war dann der Wahltag nie ein so großer Grund zur Freude“, erinnerte sich Kurz. Deshalb freue er sich besonders, nun eine Phase miterleben zu dürfen, „wo wir genau wissen, dass mit Gernot Blümel an der Spitze diesmal Großes möglich sein wird“.

Zuvor durfte ein Überraschungsgast das Wort ergreifen: der frühere Life-Ball-Organisator Gery Keszler. „Ich glaube an die Kraft der Veränderung, sowohl am politischen Parkett als auch abseits davon“, versicherte er. Stillstand sei Rückschritt, auch im politischen Bereich. Er selbst sei weder rechts noch links, beteuerte Keszler – wobei er konstatierte, dass Türkis-Grün von der Mehrheit der Österreicher gewünscht werde.

Leitantrag mit Grätzel-Fokus beschlossen

Beschlossen wurde außerdem ein Leitantrag, in dem die einstigen Stadt-Schwarzen – die ihre Parteifarbe ebenfalls bereits auf Türkis geändert haben – ihre wichtigsten Positionen und Forderungen für das heurige Wahljahr zusammengefasst haben. So wird etwa gefordert, Gebühren und Steuern zu senken, die „Zuwanderung ins Sozialsystem“ zu stoppen und den Krankenanstaltenverbund auszugliedern – womit ein „professionelles Management“ ermöglicht werden soll, wie es heißt. Auch die Aufwertung von Grätzeln wird urgiert.

Kritik von SPÖ

Kritik an den türkisen Forderungen kam umgehend von der SPÖ. Die „Angriffe der ÖVP auf Wien verfolgen leider einmal mehr das Ziel, den sozialen Zusammenhalt der Wienerinnen und Wiener zu zerstören und die Gesellschaft auseinander zu dividieren. Die gesamte Rede war abgehoben, arrogant und ohne Gespür für Wien“, fand die Wiener SPÖ-Landeparteisekretärin, Barbara Novak, laut einer Aussendung. Auch die FPÖ meldete sich zu Wort: „Wer in Wien die ÖVP wählt, wählt eine tiefschwarze Altpartei, die sich mit der SPÖ schon ins Bett gelegt hat und die Teil des linken Wiener Systems ist“, wurde der geschäftsführende Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp in einer Aussendung zitiert.