Touristen auf der Kärntner Straße
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Wirtschaft

CoV: Wiens Tourismus spürt deutliche Auswirkungen

Die Tourismusbranche spürt die Auswirkungen des Coronavirus bereits „sehr deutlich“. Das sagt Tourismus-Chef Norbert Kettner gegenüber „Wien heute“. Ein Radiologenkongress mit 23.000 Besuchern wurde zuletzt von März auf Juli verschoben.

Die Veranstalter wollen sich nun bei Bund und Land schadlos halten. „Wir wissen nicht, was sonst noch verschoben wird“, sorgte sich Wien-Tourismuschef Norbert Kettner. „Es gibt derzeit keine medizinischen oder epidemischen Gründe, Veranstaltungen abzusagen“, kritisierte Kettner.

„Große Unsicherheit“

„Aber wir haben eine große Unsicherheit, mit der wir umgehen müssen.“ Insgesamt spüre die Tourismusbranche in Wien die Auswirkungen des Coronavirus „schon sehr deutlich“. Gäste aus betroffenen Regionen bleiben auch Wiener Hotels fern, dazu kommen andere potenzielle Gäste die derzeit lieber nicht reisen.

Ein sehr spezialisierter Betrieb kämpfe schon um seine Existenz, sagte Dominic Schmid, Wiener Hotellerie-Obmann in der Wirtschaftskammer. Man werde mit den Sozialpartnern und dem Wirtschaftsministerium Förderungen für Betriebe finden müssen, forderte er.

Coronavirus sorgt für Einbußen im Tourismus

Der Wiener Tourismus kämpft mit Stornos wegen des Coronavirus. Einige Betriebe denken bereits an Kurzarbeit oder Kündigungen.

Kurzarbeit wird überlegt

Wenn die Buchungslage schlecht bleibe, müssten Maßnahmen überlegt werden. „Wir beginnen schon, Urlaubstage und Guttage abzubauen. Wenn es lange so weitergeht, was wir nicht hoffen, müssen wir überlegen, in Kurzarbeit zu gehen oder die Mitarbeiter gezielt einsetzen, wenn sie gebraucht werden“, sagte Schmid. Erst die letzte Konsequenz dürfe ein Mitarbeiterabbau sein. In der Tourismusbranche in Wien arbeiten rund 21.500 Menschen.

Der Bund hat am Mittwoch 10 Mio. Euro an Kreditgarantien für betroffene Unternehmen angekündigt. Schmid glaubt nicht, dass das reicht. Am Freitag könnten neue Maßnahmen verkündet werden. Denn Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) wollen wegen des Coronavirus wieder „Sofortmaßnahmen zur Unterstützung der Tourismusbetriebe“ verkünden.

Radiologenkongress überlegt Klage

Der Veranstalter des Radiologenkongresses überlegt unterdessen eine Klage. Er kritisiert, dass es seitens der Behörden keine Anordnung zur Absage der Veranstaltung gegeben habe und so die Verantwortung samt verbundenem Risiko auf den Veranstalter abgewälzt worden sei.

„Wir haben trotz intensiver Bemühungen keine klare Anweisung oder Entscheidung von einer österreichischen Behörde erhalten, ob der Kongress zum Schutz vor der Weiterverbreitung des Coronavirus abzusagen ist oder nicht, obwohl wir mehrfach und an alle zu informierenden Stellen auf die Risikolage und Gefährdung der öffentlichen Gesundheit hingewiesen haben“, ärgerte sich Peter Baierl, Geschäftsführer der Europäischen Gesellschaft für Radiologie.

Kongress auf Juli verschoben

Und auch bis dato würde keine behördliche Entscheidung vorliegen, hieß es in der Mitteilung weiter. Der Veranstalter habe sich aufgrund der „objektiv nicht erfüllbaren epidemiebezogenen Sicherheitsauflagen“ gezwungen gesehen, selbst über die Verschiebung zu entscheiden, obwohl die Voraussetzungen für eine behördliche Untersagung gegeben gewesen wären.

Baierl wirft nun den Behörden vor, „die Entscheidung über Maßnahmen zum Schutz vor einer Weiterverbreitung des Coronavirus, nämlich die Absage einer Großveranstaltung, auf den privaten Veranstalter zu überwälzen der so auf dem damit verbundenen Risiko sitzenbleibt“. Der Europäische Radiologiekongress mit mehr als 20.000 Wissenschaftern und Experten hätte von 11. bis 15. März in Wien stattfinden sollen. Er wurde auf Juli verschoben – mehr dazu in Coronavirus: Radiologie-Kongress verschoben.

ÖHV: Jedes zehnte Hotel hat bereits Mitarbeiter abgebaut

In der Hotellerie bahnt sich laut Wirtschaftskammer Wien dadurch eine Krise an. Zahlreiche Unternehmer seien in hohem Umfang mit Stornos konfrontiert. Laut einer Umfrage hat bereits jedes zehnte Hotel Mitarbeiter abgebaut.

Nach einem voraussichtlichen Rekordwinter schlägt nun mit dem Coronavirus das Pendel in der Hotellerie in die andere Richtung aus. Laut einer Umfrage der Hoteliervereinigung (ÖHV) melden aktuell drei Viertel der Betriebe Buchungsrückgänge. Dies würde sich am Arbeitsmarkt bemerkbar machen: 11,5 Prozent der Beherbergungsbetriebe hätten bereits Mitarbeiter abgebaut, so die ÖHV in einer Aussendung.

Sehr kurzfristige Absagen

„Die Betroffenheit unter den Betrieben ist sehr unterschiedlich. Betriebe, die sehr viele chinesische Touristen beherbergt haben, leiden massiv. Auch in den Negativzahlen sind Betriebe, die sich speziell auf italienische Schüler- und Studentengruppen spezialisiert haben. Sie sind massiv mit Stornierungen konfrontiert“, so Schmid.

Stornos aus Ländern, die ein Ausreiseverbot haben, seien besonders dramatisch für Hotelbetriebe. „In diesem Fall können keine Stornogebühren verrechnet werden.“ Private Veranstaltungen von Firmen, wie Kongresse oder Seminare, würden derzeit ebenfalls sehr kurzfristig abgesagt, hieß es – „da aufgrund interner Firmenvorgaben Reisetätigkeiten eingeschränkt oder sogar verboten werden“, so Schmid.

„Verschiebung natürlich besser als Komplettabsage“

Für die Wiener Hotellerie spielen Kongresse, Messen und Tagungen eine zentrale Rolle, hob er hervor. Denn der Tagungsgast gebe mehr als doppelt so viel aus wie ein „normaler“ Tourist. Die aktuelle Verschiebung des „European Congress of Radiology“ (Radiologenkongress, Anm.) von März auf Juli treffe die Wiener Hotellerie ebenfalls hart, denn mit 30.000 Teilnehmer handle es sich um einen der größten medizinischen Kongresse weltweit.

„Eine Verschiebung ist natürlich besser als eine Komplettabsage, allerdings stellt diese die Betriebe trotzdem vor einen Umsatzentgang, da die stornierten Zimmer so kurzfristig nicht mehr vergeben werden können und dann oft zum neuen Kongresszeitpunkt keine Zimmer mehr verfügbar sind. Darüber hinaus muss man auch davon ausgehen, dass die Teilnehmeranzahl im Urlaubsmonat Juli geringer ausfällt als im März. Unterm Strich bleibt ein deutliches Minus“, beklagte der Hotellerieobmann.

Die vom Bund ausgesprochene Kreditgarantie für betroffene Betriebe sei ein wichtiger Schritt, versicherte er. Allerdings warnte er davor, dass diese Initiative nicht ausreichen könnte: "Es ist definitiv notwendig, weitere Maßnahmen für finanzielle Unterstützungen betroffener Betriebe auszuloten.

Einreisestopp für Österreicher in Israel ab Freitag

Dazu gibt es aktuell Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium, den Sozialpartnern und der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank", sagte Schmid: „Der Tourismus ist derzeit die vom Coronavirus am meisten betroffene Branche, ganz besonders in Wien. Wir brauchen dringend Unterstützung.“

Stark treffen wird es auch die Tourismusbranche in Israel. Israel lässt ab Freitag um 8.00 Uhr keine Personen aus Österreich mehr einreisen. Davon ausgenommen sind jene Personen, die in Israel über einen gültigen Aufenthaltsstatus verfügen, sowie israelische Staatsangehörige. Diese werden jedoch in eine 14-tägige Quarantäne genommen. Die Details der neuen Regeln sind noch unklar.

AUA, Laudamotion und Wizzair streichen Israelflüge ab Wien

Die AUA und die Billigairline Wizzair streichen Israelflüge ab Wien. Auch die gesamte Gruppe der AUA-Mutter Lufthansa streicht die Flüge nach Israel. Grund dafür sind die Einreisebeschränkungen Israels aufgrund des Coronavirus. Der letzte AUA-Flug geht am Samstag. Dann werden die täglichen drei Flüge den März über ausgesetzt, sagte eine AUA-Sprecherin gegenüber der APA.

AUA-Passagiere, deren Flug gestrichen wird, werden wenn möglich umgebucht oder sie erhalten eine Rückerstattung des Flugpreises. Die Austrian Airlines bitten alle Fluggäste, die eine Verbindung im betroffenen Zeitraum gebucht haben, sich auf www.austrian.com unter „Meine Buchungen“ über den Status ihres Fluges zu informieren. Kunden, die während der Buchung Telefonnummer oder E-Mail-Adresse angegeben haben, sowie Mitglieder des Vielfliegerprogrammes Miles & More, werden per SMS oder E-Mail automatisch über Änderungen im Flugprogramm informiert.

Auch die Billigairline Laudamotion hat am Donnerstagabend noch bekanntgegeben, ihren täglichen Israel-Flug ab Wien zu streichen. Das wird wegen der Einreisebeschränkungen Israels aufgrund des Coronavirus vorerst vom 16. März bis 8. April der Fall sein. Die vorerst letzten „Rückholflüge“ werden bis inklusive 15. März 2020 durchgeführt, teilte die Luftfahrtgesellschaft mit.