Chronik

Keine Tafel für Hitler-Balkon am Rathaus

Adolf Hitler hat 1938 nicht nur vom Balkon der Hofburg gesprochen, er ist auch auf einem Holzbalkon am Wiener Rathaus gestanden. Später wurde die Holzkonstruktion in Stein nachgebaut. Eine Tafel, die über die Geschichte aufklärt, wird es nicht geben.

Am 9. April 1938 hielt Hitler im Festsaal des Rathauses die als „Perlenrede“ bekannt gewordene Ansprache, in der er die Stadt in die Obhut des „deutschen Volkes“ stellte. Anschließend schritten Hitler und Propagandaminister Goebbels auf die Turmloggia. Dort hatte man eigens für diesen Anlass einen provisorischen Balkon errichtet, von dem aus Hitler den Beifall des Publikums am Rathausplatz entgegen nahm.

Die Holzkonstruktion wurde wenig später in Stein nachgebaut. Die Initiative „Memory Gaps“ forderte immer wieder den Abriss. „Dass nichtsahnende Touristen diesen Tag für Tag seit Jahrzehnten fotografieren, ist ein kultureller Schönheitsfehler“, hieß es von der Initiative.

Adolf Hitler 1938 am Balkon des Wiener Rathauses
ÖNB/OEGZ S410/35
Hitler 1938 am Balkon des Wiener Rathauses

Eintrag in Online-Lexikon statt Zusatztafel

„Es gibt kein Bestreben, den Balkon abreißen zu lassen. Wie Historiker und Historikerinnen immer wieder betonen, geht es ja grundsätzlich nicht darum, etwas zu verschweigen oder zum Verschwinden zu bringen, sondern sich damit auseinanderzusetzen“, heißt es dazu aus dem Büro von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler.

Eine erklärende Zusatztafel, wie etwa bei belasteten Straßennamen, wird es nicht geben. „Kontextualisierung direkt am Ort ist nicht sinnvoll, weil sie dort nicht gesehen und wahrgenommen wird. Der sogenannte Hitlerbalkon ist öffentlich nicht begehbar, dort kommt niemand hin“.

Das Kulturressort im Rathaus hat sich stattdessen dazu entschieden, einen Artikel zur Geschichte des Balkons auf Wien Geschichte Wiki zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich um ein Online-Lexikon der Stadt mit zigtausenden Einträgen zur Wiener Stadtgeschichte.