Türkette
Sylvia Koechl
Sylvia Koechl
Chronik

Öfter häusliche Gewalt in Quarantäne

Das Coronavirus hat auch in Österreich zu Quarantäne und Ausgangsbeschränkungen geführt. Frauenschutzeinrichtungen befürchten einen Anstieg körperlicher und sexueller Gewalt an Frauen in der Isolation.

„Wir rechnen auch in Österreich mit ansteigender Gewalt an Frauen und Kindern während der Coronavirus-Krise“, sagt Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) gegenüber wien.ORF.at. Der Hintergrund sind Berichte aus China, wonach die anhaltende Quarantäne vermehrt zu häuslicher Gewalt durch Väter und Ehemänner führt.

Mehr Anrufe bei Helpline

Am Montag schlossen in Österreich aufgrund des Coronavirus alle nicht versorgungsnotwendigen Geschäfte. Somit sind etwa Gaststätten, aber auch Sport- und Fußballplätze bis auf Weiteres gesperrt. „Die Probleme werden dann auf den Rücken von Kindern und Frauen ausgetragen“, so Rösslhumer. Zu bedenken seien ebenfalls die Situationen, in denen Gewalttäter nun arbeitslos werden und den ganzen Tag mit ihren Familien zusammenleben.

Aktuell würden vermehrt besorgte Frauen bei der „Frauenhelpline gegen Gewalt“ anrufen und sich beispielsweise darüber erkundigen, wie sie vorgehen müssten, wenn sie angesichts der Ausgangsbeschränkungen auf dem Weg zum Frauenhaus oder der Interventionsstelle von der Polizei angehalten werden. Manche Frauen wollen sich direkt an die Beratungsstellen wenden und den Kontakt mit der Polizei vermeiden. Deshalb müsse die jetzige Situation mit der Exekutive koordiniert werden, erklärt Rösslhumer.

Zusätzliche Quartiere notwendig

Noch gebe es keine Aufnahmestopps in den Frauenhäusern. „Wir nehmen aber an, dass die Häuser jetzt schnell voll werden und wir Ausweichquartiere finden müssen“, so die Geschäftsführerin. Es müsse nun mit den jeweiligen Bundesländern geklärt werden, wer die Kosten für solche Quartiere übernimmt.

Rösslhumer denkt da etwa an die Hotellerie und freie Betten in Apartments. Die Zusammenarbeit mit Flüchtlingsorganisationen sei ebenfalls vorstellbar, falls diese freie Kapazitäten in kleineren Häusern hätten. Dort müsste dann ebenfalls ausgebildetes Fachpersonal die Betreuung übernehmen. Der AÖF sei mit einer Vielzahl an Fragen konfrontiert, zum Beispiel, wie mit infizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Einrichtungen umgegangen werden muss.

„Es ist wichtig, dass die Nachbarn stärker für das Thema sensibilisiert werden“, sagte Rösslhumer. Es gelte, wachsam zu sein und Zivilcourage zu zeigen. Bei Gewalt an Frauen und Kindern müsse die Polizei gerufen werden.

Wien weiterhin für Opfer häuslicher Gewalt da

Im Zuge des befürchteten Anstiegs von häuslicher Gewalt in Zeiten der aktuellen Ausgangsbeschränkungen verweist die Stadt Wien auf die sichergestellte Verfügbarkeit von Hilfestellungen. Man sei darauf vorbereitet, dass ein Anstieg aufgrund der Krise und der eingeschränkten Bewegungsfreiheit zeitverzögert eintreten könnte.

„Auch in dieser Ausnahmesituation ist die Stadt Wien für Frauen in Not da und bietet Unterstützung“, versicherte Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). „Wer Hilfe und Schutz vor Gewalt braucht und sich in einer Notsituation befindet, hat in unserer Stadt ein Auffangnetz. Der 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien und der Frauenhausnotruf helfen rasch und unbürokratisch.“

Hilfe und Unterstützung

  • Frauennotruf Wien: 01 71 71 9

Betroffene in Wien können sich für eine rasche Soforthilfe, aber auch für allgemeine Informationen kostenlos und rund um die Uhr an den Frauennotruf wenden.

  • Frauenhäuser Wien: 05 77 22

Die Frauenhäuser bieten Frauen und ihren Kindern neben anonymen und kostenlosen Beratungsgesprächen direkten Schutz und Sicherheit durch eine vorübergehende Wohnmöglichkeit. Der Notruf ist Tag und Nacht erreichbar.

  • Frauenzentrum der Stadt Wien: 01/408 70 66

Das Frauenzentrum der Stadt Wien ist untertags telefonisch und per Mail erreichbar und berät kostenlos zu Themen wie Scheidung, Trennung, Obsorge, Kontaktrecht und Unterhalt.

  • Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555

Die Frauenhelpline ist die zentrale Informationsstelle der Österreichischen Frauenhäuser in den Bundesländern und bietet 24 Stunden kostenlose Tipps und Antworten. Die Beratung wird in unterschiedlichen Sprachen angeboten.

  • Nummer der Polizei: 133 oder 112

Bei akuter Gewalt muss die Polizei verständigt werden. SMS an: 0800 133 133 (auch Notruf für Gehörlose)