Kunsthistorisches Museum Wien
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Kunsthistorisches Museum Wien
Kultur

Wiens digitales Kulturangebot

Zahlreiche Wiener Kulturstätten verschieben ihr Programm angesichts der Schließungen aufgrund des Coronavirus ins Internet und bieten kostenlose Aufzeichnungen an. Musikerinnen und Musiker spielen Konzerte live auf Plattformen wie Facebook und YouTube.

Bereits vor Inkrafttreten der Coronavirus-Maßnahmen haben sich viele Kulturstätten in Wien dazu entschlossen, ihren Einlass aus Sicherheitsgründen zu beschränken oder Vorstellungen ganz abzusagen. Bis zumindest Anfang April bleiben Theater, Museen und Opern geschlossen. Damit sind für Kulturliebhaber wie auch Kulturschaffende große Einschnitte verbunden. Es gibt aber auch erfreuliche Nachrichten: Das kulturelle Leben in Wien kommt nicht vollends zum Erliegen. Manche Institutionen bieten ihr Programm online im Videoformat (Streaming) an:

Konzerte österreichischer Bands

Um selbst in diesen schwierigen Zeiten den Zugang zu Kultur zu ermöglichen, überträgt das ORF RadioKulturhaus von Montag bis Freitag, jeweils um 20.00 Uhr Konzert-Highlights aus seinem Archiv im Video-Stream. Da viele Bands angesichts der abgesagten Konzerte vor existenziellen Sorgen stehen, soll besonders die heimische Musikszene unterstützt werden. Gezeigt werden unter anderem 5/8erl in Ehr’n oder Attwenger & koenig.

Radio FM4 überträgt bei seinen „FM4 Stay at Home Sessions“ ebenfalls Konzerte heimischer Künstlerinnen und Künstler. Die Live-Streams gibt es täglich um 19.00 Uhr. Als Nächstes zu sehen: Lou Asril, Voodoo Jürgens, Avec und Kreiml & Samurai.

Die Wiener Sängerknaben übertragen alle drei Tage auf Facebook, YouTube und der eigenen Homepage Stimmübungen und bekannte Volkslieder unter der künstlerischen Leitung von Gerald Wirth. Sämtliche Lieder werden mit Noten veröffentlicht. Mit dabei ist auch die Handpuppe Toni, um Abwechslung in den Alltag von Kindern zu bringen, die derzeit zu Hause bleiben müssen.

Der Nino aus Wien beweist Eigeninitiative und hat angekündigt, am 19. März ein Konzert aus seinem Wohnzimmer auf Facebook zu übertragen:

Streaming aus der Oper

Auch wenn alle Bühnen leer und die Vorhänge geschlossen bleiben, versucht die Staatsoper ihrem Spielplan zu folgen. Deshalb hat sie bereits am Sonntag damit begonnen, ihr Archiv zu öffnen und Aufzeichnungen früherer Opern- und Ballettaufführungen per Stream weltweit kostenlos zugänglich zu machen.

Die Aufführungen beginnen je nach Dauer um 17.00 oder 19.00 Uhr. Auf dem Programm stehen unter anderem die gesamte „Ring“-Tetralogie unter der musikalischen Leitung von Adam Fischer, Simon Rattle und Axel Kober, gleich drei unterschiedlich besetzte „Tosca“-Aufführungen, die Jubiläumsproduktion von „Die Frau ohne Schatten“ unter Christian Thielemann sowie das Ballett „Peer Gynt“.

ORF 2 zeigt am 20. März um 22.30 Uhr die Premiere der Oper „Fidelo“ unter der Regie von Hollywoodstar Christoph Waltz. Von vielen als eines der österreichischen Highlights zum Beethoven-Jahr 2020 erwartet, fanden die Proben vergangene Woche am Theater an der Wien ohne Publikum statt und wurden aufgezeichnet.

Wer die Ausstrahlung kaum noch erwarten kann, für den gibt es am Freitag bereits um 19.00 Uhr die Möglichkeit, diesen „Fidelio“ auf der Klassikplattform www.myfidelio.at zu sehen. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz kündigte unterdessen an, dass diese Produktion die erste von mehreren Übertragungen sei, „die der ORF ohne Live-Publikum von österreichischen Bühnen ausstrahlen wird“.

Gottesdienst via YouTube

Auch die katholische Kirche versucht sich im Live-Streaming. Kardinal Christoph Schönborn hält seine Frühmesse nun täglich um 8.00 Uhr auf dem YouTube-Kanal der Erzdiözese Wien ab.

Hintergrundvideos und Kabarett

Die Volksoper nutzt ihrerseits die Videoplattform YouTube dazu, Hintergrundvideos zur Produktionen sowie Interviews mit Künstlerinnen und Künstlern zu zeigen. Auf dem YouTube-Kanal der Volksoper werden etwa Ausschnitte aus Der Zigeunerbaron und Carmen, oder Probeneinblicke von Brigadoon gezeigt.

Freundinnen und Freunde des Kabaretts und Theaters haben aktuell die Möglichkeit das Streamingangebot des Globe Wiens kostenlos zu nutzen. Auf dem Videokanal sind Produktionen von und mit Michael Niavarani abrufbar, die in den letzten Jahren im Globe aufgezeichnet wurden. Das Angebot wird laufend erweitert und beinhaltet beispielsweise „Die höchst beklagenswerte und gänzlich unbekannte Ehetragödie von Romeo und Julia. Ohne Tod kein Happy End“ oder „Otto Schenk & Michael Niavarani. Zu blöd um alt zu sein“.

Naturhistorisches Museum Wien
Naturhistorisches Museum Wien
Der virtuelle Rundgang durch das NHM

Virtuelle Rundgänge

Mit der Web- und Smartphone-Anwendung „Google Arts & Culture“ kann man virtuell durch über 1.200 internationale Museen und Ausstellungen „schlendern“. Ermöglicht wird das durch eine hochauflösende Zoomqualität und Hintergrundinformationen, die von Künstlerinnen und Musikern eingesprochen werden. So kann man etwa das Gemälde „Großer Turmbau zu Babel“ von Pieter Bruegel dem Älteren betrachten, welches im Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) hängt, und sich die Details von der kanadischen Sängerin Leslie Feist erklären lassen.

Solche interaktiven Touren sind außerdem für die Albertina, das Leopold Museum, das Naturhistorische Museum Wien (NHM), das Weltmuseum, das Museum für angewandte Kunst (MAK) und das Jüdische Museum Wien (JMW) verfügbar. JMW-Direktorin Danielle Spera zeigt auf Facebook, Instagram, YouTube und Twitter die Ausstellung „Die Ephrussis. Eine Zeitreise“.

Das Belvedere bietet seit 14. März täglich um 15.00 Uhr online Kurzführungen via Instagram, Twitter, YouTube und Facebook an. Aktuell werden einzelne Kunstwerke aus der Schausammlung im Oberen Belvedere präsentiert. Erste Kunsttrips führten zu Werken wie Adolescentia von Elena Luksch-Makowsky und dem Landschaftsbild Die Reiherbeize von Laxenburg des Malers Johann Christian Brand. Die Idee kommt gut an: Laut Museum haben die ersten Ausstrahlungen allein auf Facebook mehr als 20.000 Menschen erreicht.

Kunstvermittler Markus Hübl in der Schausammlung im Oberen Belvedere
Florian Waitzbauer, Belvedere Wien
Kunstvermittler Markus Hübl in der Schausammlung im Oberen Belvedere

Auf der Website des Belvedere gibt es die „Stöbern & Flanieren“ Funktion, bei der ausgestellte Bilder zu ständig wechselnden Motivgruppen online betrachtet werden können. Das aktuelle Hauptthema lautet „Gebärden und Gebaren“, mit Unterkategorien wie „küssen“, „schlafen“, oder „lesen“.

Österreichs Kulturgeschichte

Das Archiv der zum Technischen Museum Wien gehörenden Österreichischen Mediathek enthält über zwei Millionen Tonaufnahmen und Videos zur österreichischen Kulturgeschichte – zum Beispiel Sprachaufnahmen zur Moskauer Deklaration aus 1943. Zudem bietet das Technische Museum auf seiner Homepage eine Rubrik speziell für Kinder von vier bis zwölf Jahren an. Unter „Experimente für Zuhause“ können spielerische Anleitungen heruntergeladen und ausprobiert werden.

Unbeeindruckt vom Coronavirus ist der Digitale Lesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB). Anders als in den derzeit geschlossenen analogen Lesesälen haben hier die Leserinnen und Leser ungehinderten Zugang zu den gewünschten Objekten. Im neuen Portal „ÖNB Digital“ sind derzeit über eine Million Bücher, Bilder und andere Werke abrufbar. Im Laufe des Jahres soll der Gesamtbestand auf weit über zwei Millionen anwachsen.

DÖW online einsehbar

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) hat sein virtuelles Angebot im Netz erweitert. So sind etwa die Ausstellungen zur Geschichte des Nationalsozialismus auf ihrer Website einsehbar. Die Schau zur Geschichte der NS-Medizinverbrechen findet man unter www.gedenkstaettesteinhof.at, dort sind unter anderem auch Videointerviews mit Überlebenden abrufbar. Viele Publikationen, Texte und Datenbanken sind ebenfalls kostenlos zugänglich.