Eva van Rahden
Volkshilfe Wien
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Chronik

CoV: Sexarbeiterinnen von Armut betroffen

Die Coronavirus-Verordnung betrifft auch sexuelle Dienstleistungen. Viele Sexarbeiterinnen haben es nicht rechtzeitig geschafft, über die Grenzen in ihre Heimat zu kommen und sind nun mit Arbeits- und Wohnungslosigkeit konfrontiert.

„Die Problemlagen reichen von gleichzeitiger Erwerbs- und Wohnungslosigkeit bis zur verzweifelten Mutter, die nicht mehr zu ihren kleinen Kindern nach Rumänien reisen kann. Meine Mitarbeiterinnen leisten, wo sie können, die beste Unterstützung, wichtig ist die muttersprachliche Informationsweitergabe aber auch ganz konkrete Hilfe mit Lebensmittel und Hygieneartikel, dafür brauchen wir Spenden“, sagt Eva van Rahden, Leiterin der Beratungsstelle „Sophie“ für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter.

Ohne Einkommen gestrandet

Viele der in Österreich tätigen Sexarbeiterinnen hätten zu spät auf das sich anbahnende Verbot reagiert, oder es aufgrund sprachlicher Barrieren zu spät mitbekommen, erklärt van Rahden gegenüber wien.ORF.at. Nun sind die Grenzen geschlossen oder die öffentlichen Verbindungen bestehen nicht mehr. Für die kurzzeitigen Grenzöffnungen nach Ungarn wäre ein eigener PKW erforderlich.

Dadurch sitzen laut Polizei etwa 500 Frauen in Wien fest. „Die genaue Zahl wissen wir aber nicht. Vor dem Verbot waren über 3.000 Sexarbeiterinnen in Wien registriert“, so van Rahden. Die Abteilungsleiterin erwartet, dass diese Frauen zwar ein wenig Geld vom Coronavirus-Härtefallfonds der Regierung erhalten werden, aber sie rechnet mit einem relativ späten Zeitpunkt. „Ich glaube, wir müssen uns auf eine relativ lange, schwierige Phase einstellen.“

„Diese Frauen nicht vergessen“

Sexarbeiterinnen müssen sich als Neue Selbstständige versichern und bei der Polizei melden, um in Österreich legal tätig zu sein und Unterstützung aus dem Fonds beantragen zu können. Viele der Frauen würden diese Voraussetzungen auch erfüllen, gar eine Registrierkassa besitzen. Das größere Problem bestünde nun für jene Betroffenen, welche nicht im „formalen Bereich“ gearbeitet haben und damit nicht anspruchsberechtigt sind.

„Wir dürfen diese Frauen jetzt nicht vergessen und müssen Hilfe leisten“, fordert van Rahden. Andernfalls würden sie dazu gezwungen werden, ihre Dienstleistungen weiter illegal anzubieten. Und dafür drohen empfindliche Strafen: Freier zahlen bis zu 3.600 Euro für einen Verstoß gegen das aktuelle Verbot. Die Geldstrafen für Sexarbeiterinnen beginnen erst bei diesem Betrag. Um das zu verhindern, müsse den Frauen jedoch etwas angeboten werden, damit sie nicht Angst haben zu verhungern.

Mehrsprachige Beratung

„Ich denke da an humanitäre Hilfe analog zu den im Winter angebotenen Notschlafplätzen. Wir müssen uns die Frage stellen: Was können wir als Gesellschaft für diese Gruppe tun, die aus dem sozialen Sicherheitsnetz fällt“, sagt van Rahden. Das Beratungszentrum „Sophie“ betreut Sexarbeiterinnen direkt in Bordellen in Wien, Niederösterreich und Burgenland, oder im Beratungszentrum selbst.

Die Mitarbeiterinnen geben Lebensmittel an die Betroffenen aus und kümmern sich sogar um erkrankte Frauen in Wohnungen. Auf der Website von „Sophie“ wird anonyme und kostenlose Beratung in mehreren Sprachen angeboten. Die Nachfrage nach telefonischer Beratung sowie die online Zugriffsraten seien momentan doppelt bis dreimal so hoch wie sonst, sagt van Rahden.