Zettel an Gitter vor geschlossenem Augarten
APA/Herbert P. Oczeret
APA/Herbert P. Oczeret
Chronik

Streit wegen Bundesgärten spitzt sich zu

Der Streit zwischen Bund und Wien um die Sperre der Bundesgärten wird heftiger. Die Regierung spricht von einer „fahrlässigen Kampagne“ Wiens, um politisches Kleingeld daraus zu schlagen. Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) wehrt sich gegen die Vorwürfe.

„Auch draußen lauert die Gefahr einer Ansteckung. Das Öffnen der Bundesgärten wäre das völlig falsche Signal. Deshalb bleiben die Parks auch zu“, wurde Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in Medien wie „Heute“, „Krone“ und „Österreich“ zitiert. Sie habe kein Verständnis, dass die SPÖ eine „Kampagne“ fahre: „Das ist grob fahrlässig.“ Das oberste Ziel müsse jetzt sein, Ansteckungen mit dem Coronavirus zu verhindern. Die Lage sei viel zu ernst, um jetzt „politisches Kleingeld“ daraus zu schlagen. Es gehe hier nicht um „Bund gegen Stadt, es geht um Menschenleben“, mahnte Köstinger in Richtung Rathaus.

Ludwig und die Wiener SPÖ sollten in Coronavirus-Zeiten ihren Fokus lieber auf das Gesundheitssystem legen. Das Landwirtschaftsministerium begründete die Sperre auf seiner Homepage als „Präventivmaßnahme zur Eindämmung von Infektionen durch das Coronavirus“. Allerdings gibt es bis heute keine generelle Regelung der Bundesregierung, Parks in Österreich zu schließen. Das betonte auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober von den Grünen bereits am 19. März. Damals hieß es, ob das so bleibe, hänge von den Erfahrungen der nächsten Tage bei der Einhaltung des Mindestabstandes von einem Meter ab.

Spaziergänger auf den Steinhofgründen
APA/Petja Mladenova

Reger Briefwechsel zwischen Bund und Wien

Die zuständige SPÖ-Stadträtin Ulli Sima reagierte auf Köstingers Aussagen. „Das Niveau der Ministerin ist kindisch“, sagte Sima im „Kurier“. Wien halte sich an alle Vorgaben des Bundes, man habe auch bei strittigen Entscheidungen „nie gemurrt“. Dafür erwarte sie sich, dass „die Bundesregierung die Wienerinnen und Wiener jetzt unterstützt“.

Die Wiener SPÖ hatte in den vergangenen Tagen regelmäßig den Bund aufgefordert, die seit Mitte März gesperrten Bundesgärten – darunter fallen etwa der Augarten, der Schönbrunner Schlosspark oder der Burg- und Volksgarten – wieder zu öffnen. Die Stadt selbst hält ihre Parks und Grünflächen ja offen. Denn es sei klar, „irgendwann muss jeder kurz raus, und anders als am Land haben die meisten Wienerinnen und Wiener kein Haus mit Garten und müssen zum Kurz-Auslüften in den Park“, hatte Sima schon vor Tagen betont.

Peter Unger (ORF) aus Schönbrunn

Peter Unger (ORF) spricht über die Debatte rund um die Öffnung der Bundesgärten und die Diskussion rund um die Öffnung der innerstädtischen Straßen für Fußgänger.

„Wenn Köstinger die Gesundheit der Wiener wichtig wäre, hätte sie die Bundesgärten bereits gestern geöffnet“, sagte Sima. Denn durch die Sperren der Bundesgärten müssten viele Wienerinnen und Wiener auf andere Grünflächen ausweichen, um einmal Luft zu schnappen. Dadurch drängten sich mehr Menschen in den zugänglichen Freiflächen, weshalb es dort schwer werde, den geforderten Mindestabstand einzuhalten. Laut Stadt leben rund 113.500 Wienerinnen und Wiener in einem Umkreis von 500 Metern rund um die Bundesgärten. Das sind mehr Menschen als etwa in Klagenfurt leben, immerhin die sechstgrößte Stadt Österreichs.

Grüne wollen „bessere Nutzung“

Zurückhaltender, aber ebenfalls für eine Öffnung, sprechen sich die Wiener Grünen aus. „Wir arbeiten daran, die vorhandenen Flächen besser nutzbar zu machen. Ein Teil des Puzzles ist die Öffnung der Bundesgärten, ein anderer die Öffnung von Straßenzügen im dicht bebauten Gebiet“, sagte Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. Die Idee, einzelne Straßen für Autos zu sperren und damit für Fußgänger und Radfahrer mehr Platz zu schaffen, war zuletzt wiederum bei der Wiener SPÖ auf Ablehnung gestoßen.