Taxis an einem Wiener Taxi-Stand
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Politik

Neue Regierungskritik an Wiener Taxi-Aktion

Nach dem Streit über die Bundesgärten kritisiert die Regierung, dass die Stadt Wien älteren Menschen Taxigutscheine für Besorgungen zur Verfügung stellt. Damit werde eine gefährdete Gruppe aus dem Haus gelockt, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag.

Der Schulterschluss im gemeinsamen Kampf aller gegen die Corona-Pandemie und ihre Folgen dürfte derzeit gerade ein wenig lockerer werden, zumindest wenn es um Wiener Themen geht. Nach der bis dato vergeblichen Aufforderung der Stadt Wien an den Bund, trotz fehlender Weisung zur Schließung von Parks die Bundesgärten wieder zu öffnen, kritisierte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag die Wiener Aktion Taxigutscheine für Senioren.

Die Aktion sei „grob fahrlässig und bringt Menschen in Gefahr“, sagte Nehammer gegenüber dem „Kurier“. Es werde eine gefährdete Zielgruppe aus dem Haus gelockt. „Gerade Personen über 65 Jahre sind besonders schutzbedürftig und sollten nicht mit anderen Personen in Kontakt kommen. Wir bitten diese Personen, unsere Maßnahmen zu befolgen, damit sie sich nicht anstecken können“, sagte Nehammer. Seiner Ansicht nach bewirkt die Aktion „das genaue Gegenteil“. Er forderte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf, sie einzustellen und stattdessen Senioren mit Einkaufsdiensten zu unterstützen.

Aktion für rund 300.000 Menschen

Mit der Aktion will die Stadt Wien älteren Menschen Besorgungsfahrten ermöglichen. Im Rathaus wurde auch darauf verwiesen, dass die Gutscheine auch für Besorgungsfahrten verwendet werden können und man sich Waren liefern lassen kann. Und es ist auch noch ein zweiter Aspekt damit verbunden. Die Aktion soll das derzeit ebenfalls stark in die Krise gekommene Taxigewerbe unterstützen.

Beschlossen worden war die Aktion am 18. März bei einem Gipfel der Sozialpartner. Personen über 65 Jahren war ein Taxigutschein in Höhe von jeweils 50 Euro in Aussicht gestellt worden. Diese Gutscheine werden mittlerweile ausgegeben. Rund 300.000 Wienerinnen und Wiener erhielten ein entsprechendes Info-Schreiben. An der Präsentation hatte unter anderem der stellvertretende Wiener Wirtschaftskammerdirektor Alexander Biach – der auch Obmann der ÖVP-Margareten ist – teilgenommen.

ÖVP-Seniorenbund: Gutscheine für Lieferfahrten

Die Wiener ÖVP-Landtagsabgeordnete und Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec, hielt die Ausgabe der Gutscheine am Donnerstag im APA-Gespräch ebenfalls für „nicht die beste Idee“. Aber als ganz furchtbar wolle sie die Maßnahme auch nicht bezeichnen, fügte sie hinzu. Senioren sollten zuhause bleiben oder nur kurze Spaziergänge unternehmen. Sie appellierte an Ältere, die Gutscheine vor allem für Lieferfahrten zu verwenden.

FPÖ verteidigt Rot-Grün gegen ÖVP

Die Wiener FPÖ wies Nehammers Kritik als „unmenschlich und kontraproduktiv“ zurück. Klubobmann Toni Mahdalik warf dem Innenminister vor, nicht nur das arg gebeutelte Taxi-Gewerbe in Wien endgültig ruinieren zu wollen, sondern auch „die ältere Generation gleichsam mit einer Fußfessel über Wochen wegsperren“ zu wollen. Regierungsmitglieder könnten sich offenbar nicht vorstellen, wie sich eine „alleinstehende 78-jährige Mindestpensionistin in ihrer 35 Quadratmeter-Gemeindewohnung ohne Balkon fühlt“, wenn sie dort über viele Wochen kaserniert wird, warf Mahdalik der Regierung fehlendes Augenmaß vor.