Komponentenspende beim Österreichischen Roten Kreuz, Im Bild. Mitarbeiterin beiPlasma-Spendegerät
OERK / Helmut Mitter
OERK / Helmut Mitter
Chronik

Rotes Kreuz will Plasma von Covid-19-Genesenen

Das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) sucht derzeit Personen, die an Covid-19 erkrankt waren und wieder gesund sind. Ihr Blutplasma und die darin enthaltenen Antikörper sollen schwer erkrankten Personen helfen, die Infektion besser zu überstehen.

Um schwere Verläufe abzumildern, sucht das Rote Kreuz jetzt dringend Menschen, die bereits eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben: „Dabei ist es wichtig, dass diese Erkrankung mit einem Schleimhautabstrichtest aus den Hals-Nasen-Rachen-Raum eindeutig diagnostiziert wurde, um sicherzugehen, dass diese Person tatsächlich an Covid-19 erkrankt war“, erklärte Christof Jungbauer, medizinischer Leiter der Blutspendezentrale für Wien, Niederösterreich und Burgenland. In diesen Fällen hat der menschliche Körper nämlich gesichert jene Antikörper entwickelt, die dem Immunsystem helfen, die Coronaviren zu zerstören.

Rotes Kreuz kann „bereits vorhandene Strukturen nutzen“

Einen Teil dieser Antikörper, die Genesene erfolgreich gebildet haben, kann beim Roten Kreuz in einem speziellen Verfahren aus dem Blut genommen werden. „Die entnommene Blutflüssigkeit mitsamt der Antikörper wird dann binnen weniger Tage einem kranken Menschen in Österreich verabreicht“, erklärte Jungbauer.

Auskünfte telefonisch

Das Service Center des ÖRK-Blutspendedienstes bietet unter 0800-190190 weitere Informationen zur Spende.

Der Spender bzw. die Spenderin bildet die Antikörper nach und bleibt auch weiterhin vor dem Coronavirus geschützt. „Wir erwarten für das Verfahren in Kürze die Genehmigung“, bestätigte eine ÖRK-Sprecherin gegenüber wien.ORF.at. Es soll sich nur mehr um eine Formsache handeln.

Bei dieser Therapieform werden nicht die Symptome von Covid-19, sondern das Virus selbst bekämpft, heißt es vom Roten Kreuz. Durch die Behandlung werden der Erkrankungsverlauf gemildert und die Genesung der Erkrankten beschleunigt. „Die Blutspendedienste des Roten Kreuzes sind hier in der glücklichen Situation, bereits vorhandene Strukturen nutzen zu können, um möglichst viele passende Spender zu motivieren“, so Jungbauer.

Blutplasma-Unternehmen bilden Allianz

Mehrere Pharmaunternehmen mit Produkten aus Spenderplasma haben eine Allianz gebildet. Sie wollen ein Medikament für Covid-19-Erkrankte herstellen. Das Unternehmen Takeda mit einem großen Standort für Plasmaprodukte in Wien hat bereits vor einigen Wochen mitgeteilt, ein Anti-SARS-CoV-2 polyklonales Hyperimmunglobulin als Arzneimittel entwickeln zu wollen. Das Unternehmen hat dafür zunächst eine Kooperation mit CSL Behring gestartet. Vier weitere Unternehmen haben sich dem laut einer Aussendung von Takeda angeschlossen.

Die Allianz wird umgehend mit der Prüfentwicklung eines markenlosen derartigen Arzneimittels beginnen, mit dem Potenzial, Personen mit schwerwiegenden Komplikationen von Covid-19 zu behandeln, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.

„Ein Medikament, das allen Menschen gehört“

Thomas Kreil, Leiter der globalen Pathogensicherheit: „Es geht nicht mehr darum, wer zuerst auf den Markt kommt, sondern darum, dass alle gemeinsam das Tempo erhöhen, die Erfahrungen und Anstrengungen bündeln und größere Mengen der Behandlung verfügbar werden. Das Ergebnis wird ein Medikament sein, das allen Menschen gehört.“

Für die Entwicklung und die spätere Produktion solcher Hyperimmunglobuline (mit konzentrierten Antikörpern) ist Spenderplasma notwendig. Man will Covid-19-Patienten, welche die Infektion vollständig überstanden haben und gesundet sind, bitten, Plasma zu spenden. Aus diesem Plasma werden dann die Antikörper durch „Fraktionierung“ konzentriert und haltbar gemacht. Kranke Patienten sollen schließlich die Antikörper aus dem Plasma (der wieder Gesunden, Anm.) in konzentrierter Form erhalten.

Noch nicht bekannt ist, wie viel an Antikörpern man aus dem Plasma von ehemaligen Covid-19-Patienten gewinnen kann bzw. wie viel man für die Therapie eines Patienten mit dem „konvaleszenten“ Antikörperpräparat in Form einer passiven Impfung benötigt. Das können pro Spender einer oder einige wenige Patienten sein. Das können pro Patient aber auch Antikörperpräparate von mehreren Spendern sein. Man schätzt, dass es neun bis 18 Monate für die Entwicklung des Hyperimmunglobulins gegen Covid-19 brauchen wird.

Bereits 70 Ex-Covid-19-Patienten zu Plasmaspende bereit

Die Suche nach wieder gesunden Covid-19-Plasmaspendern läuft bereits. Wer nachweislich nach einer Coronavirus-Infektion geheilt ist, kann sich beispielsweise telefonisch oder per Mail melden (+43 (0)120 609 2538 oder plasmaspende@takeda.com). Dann wird ein Termin in einem Plasmaspendezentrum vereinbart.

Nach den ersten Meldungen über das Projekt in den vergangenen Wochen haben sich bereits die ersten in Österreich wieder gesundeten Covid-19-Betroffenen für Plasmaspenden gemeldet: Das waren bisher mehr als 70 Personen. Davon wurden bereits bei mehr als 20 Plasmaspenden durchgeführt. Die anderen 50 haben in den nächsten Tagen ihren Termin, hieß es am Donnerstag.

304 Menschen in Wien wieder gesund

Die Zahl der nachweislich mit dem Coronavirus infizierte Personen ist in Wien wieder leicht in die Höhe gegangen: Aktuell (8.00 Uhr) gibt es 1.924 bestätigte Erkrankungen, teilte der medizinische Krisenstab der Stadt Wien am Donnerstag mit. Das sind um 55 mehr als noch 24 Stunden zuvor. Der Anstieg beträgt rund drei Prozent.

62 Menschen haben Covid-19 nicht überlebt, das sind um vier mehr als 24 Stunden zuvor. Bei den jüngst Verstorbenen handelt es sich um eine 93-jährige Frau und drei Männer im Alter von 65, 82 und 87 Jahren. Leicht, aber stetig steigt unterdessen die Zahl jener Menschen, die genesen sind. Derzeit sind es 304 Personen.