Fahrgast mit Mundschutz in der U-Bahn am Donnerstag, 09. April 2020 in Wien. Im Zuge der Coronavirus-Maßnahmen kommt es ab 14. April 2020 zur Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln.
APA/Hans Punz
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Politik

Wien-Wahl unter dem Zeichen von Corona

Die Wahl des Wiener Gemeinderats und Landtags am 11. Oktober unterscheidet sich markant von vorangegangenen Urnengängen. Eine Frage ist, wer von diesen besonderen Umständen profitieren kann.

Dass Bürgermeister Michael Ludwig erstmals als Spitzenkandidat bei einer Wahl den ersten Platz für die SPÖ verteidigen muss, noch dazu unter besonderen Vorzeichen, müsse ihm nicht schaden, sagte Politologe Peter Filzmaier im „Wien heute“-Studiogespräch. Amerikaner würden dafür den Ausdruck „Rallye around the flag“ verwenden, was in etwa bedeute, man versammelt sich hinter dem Fahnenträger. Das wäre in Wien der Bürgermeister.

Es hätten alle Landeshauptleute ausgezeichnete Imagewerte, es habe der Bundeskanzler derzeit einen Vertrauensbonus. Warum solle also nicht auch der Bürgermeister in einer Krisensituation profitieren, denn er sei derjenige, der am meisten von allen Wien-Politikern handeln könne, so Filzmaier.

Grüne gegenüber Opposition im Vorteil

Die Wiener Grünen würden auf Basis der aktuellen Umfragedaten von der Regierungsbeteiligung der Grünen profitieren. Die Bundesgrünen liegen laut Filzmaier bei bis zu 20 Prozent, also einem Rekordhoch. Da sei ein indirekter Effekt für die Wiener Grünen möglich. „Nur jetzige Umfragedaten sind für eine Bundeswahl im Herbst 2024 sowieso sinnlose Zahlenspielerei. Und auch die Wien-Wahl ist erst in sechs Monaten. Kaufen können sich die Grünen dafür jetzt noch gar nichts“, sagte Filzmaier.

Politologe Peter Filzmaier zu Wahltermin

Eine Wahl unter besonderen Vorzeichen. Wer kann profitieren? Dazu ist im externen Studio im Funkhaus Politologe Peter Filzmaier zu Gast.

Die Grünen hätten mit dem Thema Klima keinen schlechten Start in Wien hingelegt. Doch irgendwie bleibe ihnen bei der Themensetzung das Pech treu, sagte Filzmaier. 2015 stand das bei ihnen wenig willkommene Flüchtlingsthema im Vordergrund. Jetzt ist es Corona. „Nur in abgeschwächter Form, wenn Regierungsparteien profitieren auf Landesebene und Stadtebene, gilt für die Grünen dasselbe wie für die Bürgermeisterpartei von Michael Ludwig. Man kann in der Regierung eher agieren als nur reagieren, und da hat es die Opposition schon noch schwieriger als die Grünen.“

Kanzler beliebter als ÖVP-Spitzenkandidat

Die ÖVP musste bei der letzten Wahl das bisher schlechteste Ergebnis in Wien hinnehmen. Jetzt aber gibt es einen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) tritt bei der Wahl in Wien an. Das sei ein Bonus. Aber damit verbunden sei auch eine alte Schlüsselfrage: „Der ÖVP-Politiker mit den allerbesten Imagewerten in Wien ist nicht Gernot Blümel, sondern Sebastian Kurz. Nur wie weit ist ein Bundeskanzler, auch wenn er aus Wien kommt, bereit, in einen lokalen Wahlkampf einzusteigen?“

Jetzt in Coronazeiten sei diese Frage für Kurz noch schwieriger denn je, denn er wolle sich als staatstragend, als Kanzler aller Österreicher präsentieren. Ob er sich da in die Niederungen eines Wahlkampfs auf lokaler Ebene begibt, der womöglich in eine Schlammschlacht ausartet, sei fraglich. Das Hickhack zwischen Wien und dem Bund um die Öffnung der Bundesgärten wollte Filzmaier abschließend nicht überbewerten. Er bezeichnete es als einen in allen Bundesländern beliebten Volkssport, sich mit der Bundesregierung zu duellieren, um sich damit auf Landesebene zu profilieren. „Ich glaube nicht, dass da jetzt jemand eine Wahl gewonnen hat“, schloss Filzmaier.