Nach dem stabilen Ergebnis des Vorjahres kämpfen die Bundesbahnen heuer mit der Coronavirus-Krise, die für die ÖBB eine Ausdünnung des Fahrplans, einen großen Passagierrückgang und deutlich weniger Gütertransporte bedeutet. Die meisten Nachtzüge wurden eingestellt, im Konzern wurde eine Kurzarbeitsvereinbarung geschlossen.
Der Personenverkehr brach um rund 80 Prozent ein, der Güterverkehr bis zu 30 Prozent. Mit Kurzarbeit, einem Konjunkturprogramm, Anpassen von Verträgen mit den Bestellern und Förderungen für den Güterverkehr will die Staatsbahn wieder aus der Krise fahren.
„Haben einen Versorgungsauftrag“
Jetzt einen Ausblick für das laufende Jahr zu geben wäre zu früh, das hänge vom Wiederhochfahren von Handel und Wirtschaft, der Produktionen und besonders vom Aufsperren der Schulen ab, sagte Matthä. „Das Unternehmen gehört den Österreicherinnen und Österreichern, wir haben hier einen Versorgungsauftrag“. Die Bahn garantiere in der Krise auch die Versorgungssicherheit: Bei Konsum-Produkten wie Nudeln, Klopapier und Salz habe man um zehn Prozent mehr transportiert. Sonst gibt es allerdings heftige Rückgänge (50 Prozent bei Stahl).
Täglich fahren um 20 Prozent weniger ÖBB-Züge. Im Nah- und Regionalverkehr sind die Passagierzahlen um rund 80 Prozent eingebrochen, im Fernverkehr um 90 Prozent. Im internationalen Personen-Fernverkehr gibt es nur noch Verbindungen nach Deutschland und Ungarn. Doch auch wenn die Züge derzeit seltener und fast leer fahren, brauche man doch viele Mitarbeiter um den Betrieb aufrechtzuerhalten.
7.000 in Kurzarbeit
Etwa 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der im Inland rund 35.000 Beschäftigen der Staatsbahn sind derzeit in Kurzarbeit. Betroffen seien Postbuslenker, Zugbegleiter, Beschäftigte in Verschub und Verwaltung sowie technischen Services. Darüber hinaus werde auch Urlaub vom Vorjahr und Zeitguthaben abgebaut. „Wir versuchen, überall zu sparen“, sagte Matthä.
Angesprochen auf die kolportierten Gespräche um Staatshilfe sagten die Vorstände, man arbeite auf vielen Ebenen daran die Lage zu verbessern. So gebe es Gespräche mit den Bestellern der Personenverkehre, die Verträge an die derzeitige Lage mit extrem wenigen Passagieren anzupassen. Ansprechpartner seien die Verkehrsverbünde.
„Wir fahren, die AUA steht am Boden“
„Wir müssen hier Anpassungen machen, das sehen wir aber nicht unter dem Titel Staatshilfe“, betonte Finanzvorstand Arnold Schiefer und wehrte sich gegen allfällige Vergleiche mit der AUA, die um eine Finanzspritze von Hunderten Millionen verhandelt. „Wir fahren, die AUA steht am Boden und fliegt nicht.“ Außerdem habe die Bundesbahn schon durch den staatlichen Eigentümer Sicherheit für die Liquidität des Unternehmens. „Wir verhandeln mit unseren Bestellern die Rahmenverträge neu, dafür bringen wir auch eine Leistung.“
Sorgenkind Güterverkehr
Sorgenkind in der Krise ist der Schienengüterverkehr: Die Güterverkehrssparte Rail Cargo schloss schon im Jahr 2019 nur noch knapp positiv. Seit Mitte März mache der Totalausfall ganzer Produktionen, national und international in Automobil- und Stahlindustrie, dem Güterverkehr schwer zu schaffen. Der Ausfall sei bisher zwischen 25 und 30 Prozent gelegen – was allerdings zu wenig sei, um beim Covid-19-Fonds Hilfe zu beantragen, da dafür ein 40-prozentiger Umsatzrückgang erforderlich sei.
Hier gelte es, bestehende Förderungen für den Güterverkehr anzuschauen und eventuell zu erhöhen. Matthä warnte davor, dass der Lkw-Verkehr der große Gewinner aus der Krise sein könne. „Neben Corona gibt es auch Klimaschutz“, erinnerte er: Eine Rückverlagerung von der Schiene auf die Straße könne nicht im Sinne einer klimafreundlichen Verkehrspolitik sein.
Hoffnung auf Konjunkturprogramm im Herbst
Bei der Infrastruktur setzt der ÖBB-Vorstand seine Hoffnung auf ein Konjunkturprogramm der Bundesregierung im Herbst. Damit könnten die laufenden Bahninvestitionen aus dem Rahmenplan weiter intensiviert werden und nicht nur der heimischen Bahnindustrie, sondern auch Bauwirtschaft und Zulieferern einen Beschäftigungsschub geben. Derzeit laufe die Bautätigkeit nach einer Sozialpartnervereinbarung über Hygiene- und Arbeitsschutzmaßnahmen zu 95 Prozent weiter. Teilweise könnten Reparaturarbeiten auch intensiviert werden, weil rund 20 Prozent weniger Züge fahren.
Einen konkreten Ausblick auf das Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres 2020 wollten die Vorstände nicht abgeben. „Hoch gewinnen werden wirs nimmer“, scherzte Matthä mit einem Vergleich aus dem Fußball. Und Finanzvorstand Schiefer versprach nur, dass man sich bei der nächsten Bilanzpressekonferenz mit allen Teilunternehmen des Konzerns wiedersehen werde.
267 Millionen Fahrgäste im Vorjahr
Das Geschäftsjahres 2019 konnte indes mit einem stabilen Gewinn und wachsenden Fahrgastzahlen aufwarten, wie am Freitag mitgeteilt wurde: Der Personenverkehr auf der Schiene legte auf knapp 267 Millionen Fahrgäste zu. Der Güterverkehr musste jedoch einen deutlichen Einbruch hinnehmen und schloss nur knapp positiv ab. Bei einem Umsatz von 4,405 Mrd. Euro (plus ein Prozent zum Jahr davor) und 755 Mio. Euro Betriebsergebnis (EBIT) wurde das Vorsteuerergebnis (EBT) mit 168,5 Mio. Euro stabil zu 2018 (168,1 Mio.) gehalten.
Der Personenverkehr erzielte ein EBT von 100,1 Mio. Euro (2018: 90,9 Mio.), das Ergebnis der Rail Cargo brach auf 5,1 Mio. Euro (2018: 23,5 Mio.) ein. Das Ergebnis der Infrastruktur ging auf 38,3 Mio. Euro (2018: 45,3 Mio.) zurück.