Verhandlungssaal
ORF.at/Zita Klimek
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Chronik

Spielsüchtiger überfiel Wettlokal: Drei Jahre Haft

Am Montag sind erstmals nach einer längeren CoV-Pause wieder Prozesse am Landesgericht für Strafsachen anberaumt gewesen. Ein 24-Jähriger wurde wegen eines bewaffneten Raubüberfalls auf ein Wettlokal in Meidling zu drei Jahren Haft verurteilt.

Ein Jahr wurde unbedingt ausgesprochen, 24 Monate bekam der Mann unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Die Verhandlung war eines der ersten Schöffenverfahren, das nach Ausbruch der Corona-Pandemie am größten Gericht des Landes durchgeführt wurde.

 Menschen mit Mund-/Nasenschutz vor Verhandlungsbeginn im Straflandesgericht Wien
APA/Herbert Neubauer
Menschen mit Mundnasenschutz am Montag vor Verhandlungsbeginn im Straflandesgericht Wien

Plexiglasscheiben im Gerichtssaal

Grundsätzlich wurde der Gerichtsbetrieb im März heruntergefahren, seither sind am Landesgericht nur die nötigsten Strafprozesse, wo Haftfristen zu beachten waren, abgewickelt worden. Die Sicherheitsvorkehrungen, die seit mehreren Wochen zum Schutz vor SARS-CoV-2 in der Justiz in Kraft sind, waren zuletzt um einen weiteren Schritt erhöht worden. Handwerker hatten in mehreren Gerichtssälen am Richtertisch Plexiglasscheiben installiert und damit diesen Bereich vom Rest des Raums abgeschirmt.

In dem Raubprozess trugen die Berufsrichter und die Schöffen vorschriftsgemäß ebenso MNS-Masken wie der Staatsanwalt, der Verteidiger und die Zuhörer, die ohne Schutzmaske gar nicht ins Gerichtsgebäude gelangt wären. Der Angeklagte war nicht persönlich anwesend. Er wurde nicht von der Justizwache vorgeführt, sondern verblieb in der Justizanstalt Josefstadt und wurde im Weg einer Videokonferenz in den Saal 211 zugeschaltet.

Spielsucht und Schulden

Der 24-Jährige befindet sich seit 28. Jänner in U-Haft – fast zwei Jahre nach dem inkriminierten Überfall war er als Tatverdächtiger ausgeforscht und festgenommen worden. Er hatte die Waffe – eine Gaspistole – nach dem am 23. Februar 2018 verübten Raub weggeschmissen. Die Pistole wurde nach einiger Zeit gefunden, über die Fingerabdrücke und den Verkäufer der Waffe kam man nach langwierigen Ermittlungen dem 24-Jährigen auf die Spur.

Der Angeklagte zeigte sich umfassend geständig und verwies hinsichtlich des Motivs auf seine damalige Spielsucht und damit verbundene Schulden. Bis zu 2.000 Euro habe er täglich verspielt. Um nicht weiter in Versuchung zu geraten, sei er sogar umgezogen, weil direkt gegenüber seiner alten Wohnung ein Wettlokal stand. Doch auch an der neuen Adresse habe er seiner Sucht nicht Einhalt gebieten können. Schließlich habe er sich von einem Geldverleiher eine dringend benötigte Finanzspritze besorgt – „zu Wucherzinsen“, wie Verteidiger Mirsad Musliu ausführte.

„Unter Druck, unter Stress“

Als der Geldverleiher die Summe samt Zinsen zurückverlangte und dabei immer bedrohlicher wurde, „war ich unter Druck, unter Stress“, sagte der Angeklagte dem Schöffensenat (Vorsitz: Christian Gneist). Also zog er sich einen Maleroverall an, steckte eine Gaspistole ein und marschierte damit in ein Lokal, um sich Bargeld zu besorgen. „Bitte verletz’ mich nicht“, rief die Angestellte, als sie die Waffe sah, die – was sie nicht wissen konnte – nicht geladen war. „Ich will nur das Geld“, so die Antwort. Der Verurteilte erbeutete knapp 3.000 Euro und lief davon.

Mit der Beute habe er seine Verbindlichkeiten bei dem Kredithai getilgt, versicherte der Angeklagte. Am nächsten Tag sei er wieder arbeiten gegangen. Der Mann war bei einem Baukonzern als Maurer Beschäftigt: „Ich arbeite sehr gern.“ Bis zu seiner Festnahme habe er „normal gelebt“, seine Verlobte erwarte ein Kind. „Mein Fuß wird nie wieder ein Wettbüro betreten“, sagt er am Ende seiner Einvernahme.