Chronik

Neue österreichweite Nummer für Männerberatung

Seit Montag gibt es eine neue österreichweite Rufnummer für Männer, die Gewalt in der Familie präventiv behandeln wollen oder schon gewalttätig geworden sind. Die Finanzierung der Rufnummer ist aber noch ausständig.

Unter 0720/704-400 bietet die „Männerinfo“ wochentags zum Ortstarif professionelle Krisen-, Deeskalations- und Konfliktberatung. „Die Rufnummer wird von sechs österreichischen Männerberatungsstellen abwechselnd betreut. Für uns ist das ein Meilenstein“, sagte Alexander Haydn, Leiter der Gewaltarbeit bei der Männerberatung Wien, bei einer Online-Pressekonferenz.

Anti-Gewalt-Training „in den meisten Fällen“

Erfolgt ein Anruf bei der „Männerinfo“, wird je nach Situation zunächst Krisenintervention geboten oder die Männer erhalten eine Auskunft – etwa, wenn sie mit einer einstweiligen Verfügung, einer Wegweisung oder einem Betretungsverbot bedacht worden sind. Derzeit kann lediglich auf Deutsch beraten werden, eine Ausweitung auf fremdsprachige Angebote wäre jedoch sinnvoll, meinte Haydn. Die sprachlichen Kompetenzen wären in einzelnen Einrichtungen vorhanden.

Beratung am Telefon

Männerberatung von Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr unter 0720/704 400 österreichweit zum Ortstarif erreichbar. Alternativ kann per E-Mail an beratung@maennerinfo.at Kontakt aufgenommen werden.

In einem zweiten Schritt ist es Ziel, den Männern Beratung von Angesicht zu Angesicht zu bieten. Dafür werden die Kontaktdaten des Anrufers nach dessen Zustimmung an die nächstgelegene regionale Beratungsstelle übermittelt, die in der Folge Kontakt aufnimmt.

„In den meisten Fällen wird dann ein Anti-Gewalt-Training in der Gruppe oder auch allein durchgeführt“, erklärte Haydn den typischen Ablauf. Zudem findet ein fallbezogener Austausch mit Opferschutzeinrichtungen statt, falls sich etwa die von der Gewalt des Mannes betroffene Lebensgefährtin in Betreuung befindet.

„200.000 bis 250.000 Euro“ an Kosten

Derzeit ist der Betrieb der Rufnummer noch nicht finanziert. „Wir rechnen damit, dass wir bei vier Vollzeitarbeitskräften mit 200.000 bis 250.000 Euro Förderung im Jahr auskommen würden“, meinte der Leiter der Männerberatung Wien. Förderansuchen an das Innen- und Sozialministerium sowie an die jeweiligen Sozialräte in den Bundesländern seien in Arbeit.

Das Frauenministerium werde dagegen nicht um Finanzierung gebeten, da den ohnehin mitunter unterfinanzierten Opferschutzeinrichtungen „kein Geld abgezwackt“ werden solle. „Diese Rufnummer sollte kein ehrenamtliches Angebot sein. Wir sind professionell und langjährig in dieser Sparte tätig und hoffen auf Förderungen, damit wir langfristig arbeiten können“, so Haydn.

Häusliche Gewalt in Coronavirus-Zeiten

Die Frauenhäuser seien derzeit noch nicht ausgelastet, trotzdem fordert Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, weitere Maßnahmen wie mehr Personal und dafür vor allem Geld.

Leiterin der Frauenhelpline erfreut

Maria Rösslhumer, Leiterin der Frauenhelpline, zeigte sich über das neue Angebot erfreut: „Es ist wichtig, dass Männer eine zentrale Anlaufstelle haben und wir eng zusammenarbeiten.“ Bei der Frauenhelpline würden immer wieder auch Männer anrufen, die nicht wissen, wo sie sich hinwenden sollen. „Wir werden das Angebot auf unsere Webseite stellen und auf die neue Nummer hinweisen“, versprach Rösslhumer.

Die Gründung der „Männerinfo“ hat nichts mit dem Coronavirus oder den derzeit gültigen Ausgangsbeschränkungen zu tun. „Wir sind keine Corona-Einrichtung. Wir sind hier, um zu bleiben“, betonte Haydn. Gewalt in der Familie sei auch ohne Ausgangsbeschränkungen schlimm genug. „Wir haben befürchtet, dass mit den Ausgangsbeschränkungen eine riesige Welle auf uns zukommen wird. Tatsächlich gibt es aber keinen massiven Anstieg an Kontaktaufnahmen. Auch die Zahl der Wegweisungen hat sich in den letzten vier Wochen nur leicht erhöht und ist nicht explodiert“, sagte der Leiter der Männerberatung.

Coedwort als Hilfe in Apotheken?

Die Frauenhäuser sind in Wien noch nicht ausgelastet, trotzdem fordert Maria Rösslhumer weitere Maßnahmen, wie mehr Personal und dafür mehr Geld. Bisher sind ihr von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) für die Coronakrise 20.000 Euro mehr versprochen worden. Sie bräuchte aber mindestens das vierfache, sagte Rösslhumer.

In anderen europäischen Ländern, wie Spanien und Frankreich, können Frauen in Apotheken gehen und mit dem Codewort „Maske 19“ dem Personal diskret ihre Notsituation mitteilen. In der Folge verständigt die Apotheke die Polizei. Das könnte auch in Österreich Sinn machen. „Grundsätzlich begrüßen wir Maßnahmen die Kindern und Frauen die unter häuslicher Gewalt leiden und bieten auch gerne unsere Unterstützung an“, sagte Susanne Ergott-Badawi, die Vizepräsidentin der Wiener Apothekerkammer, gegenüber „Wien heute“. Entscheidung aus dem zuständigen Ministerium gibt es dazu aber noch keine.