Fußgänger und Radfahrer am Kardinal-Nagl-Platz
ORF.at/Sonja Ryzienski
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Verkehr

Für ein fußgänger- und radfreundliches Wien

Die Initiative „Platz für Wien“ setzt sich für einen Ausbau der Fußgängerzonen, autofreie Schulvorplätze, Radschnellrouten und weniger Fokus auf Autos in der Stadt ein. Bis zur Wien-Wahl sollen Zigtausende Unterschriften gesammelt werden.

60 Kilometer zusätzliche Fußgänger- und Begegnungszonen, 13 Radschnellrouten oder 350 autofreie Schulvorplätze: Die Initiative „Platz für Wien“, der auch der Verkehrsplaner Ulrich Leth von der TU Wien angehört, kämpft für ein radikales Umdenken in der Verkehrspolitik.

Forderungskatalog mit 18 Punkten

Rund 50 Personen aus der Zivilgesellschaft umfasst die aus Spendengeldern finanzierte Bewegung laut eigenen Angaben. Unterstützung kommt von NGOs wie der Radlobby oder „Geht doch Wien“. Die gesammelten Unterschriften will man vor der Wien-Wahl im Herbst dem Gemeinderat sowie den Bezirksvertretungen übergeben. Zumindest ein Befürworter der Initiative ist im Rathaus jedenfalls kein Unbekannter: TU-Verkehrsexperte Leth hat für die Wiener Grünen immer wieder Studien für Verkehrsberuhigungsprojekte – zuletzt etwa die Landstraßer Hauptstraße betreffend – erstellt.

18 Punkte werden im am Mittwoch veröffentlichten Forderungspaket, das bis 2030 umgesetzt werden soll, an die rot-grüne Stadtregierung aufgelistet. Dabei geht es um eine stärkere Ausrichtung der Verkehrsinfrastruktur nach den Bedürfnissen von Fußgängerinnen und Radfahrern im Wiener Straßennetz, um kindersicherere Kreuzungen, aber auch um Gestaltungsmöglichkeiten im Kampf gegen klimawandelbedingte Hitzeinseln in der Stadt.

Gefordert werden in der Petition etwa die Verkehrsberuhigung in 100 zusätzlichen Wohngebieten, um den Durchzugsverkehr zu minimieren und mehr Möglichkeiten für Grünflächen zu schaffen. Außerdem plädiert man für 60 weitere Kilometer Fußgänger- und Begegnungszonen. Diese machten derzeit nur 24 Kilometer wienweit aus. Die Initiative sieht grundsätzlich ein Missverhältnis in der Aufteilung der Flächen. Obwohl der Kfz-Verkehrsanteil bei nur 30 Prozent liege, betrage der Fahrbahnanteil nach wie vor zwei Drittel.

Verkehrssicherheit für Kinder

Großzügige Gehsteige – 38 Prozent oder 1.457 Kilometer des städtischen Trottoirs verfügen aktuell über weniger als zwei Meter Breite – und 15.000 neue Bäume im Straßenraum, hauptsächlich in hitzegeplagten Grätzeln, finden sich ebenso in der Liste.

Für die Radfahrenden soll es in den kommenden Jahren 110 Kilometer neue Schnellkorridore geben. Die Stadt habe bereits 13 solcher Routen mit einer Länge von 140 Kilometern konzipiert, aber erst 30 Kilometer davon umgesetzt – keine einzige Verbindung ist bisher fertiggestellt, wurde beklagt. Deutlich mehr Möglichkeiten zum Radeln gegen die Einbahn, eine Erhöhung baulich getrennter Radwege und 50 Kilometer Radstraßen, auf denen Biker Vorrang haben, werden gefordert.

Die Initiative widmet sich auch der Verkehrssicherheit für Kinder. Vom Rathaus wünscht man sich 350 autofreie Schulvorplätze bis 2030, um Elterntaxis zu unterbinden. Außerdem sollen mehr Tempo-30-Zonen Unfälle verhindern. Immerhin würde auf einem Drittel des 2.800 Kilometer umfassenden Wiener Straßennetzes immer noch 50 km/h Höchstgeschwindigkeit gelten.

Citybike-Standorte verdoppeln

Damit mehr Menschen zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, sollen Ampelschaltungen so geändert werden, dass sie nicht mehr primär auf die Flüssigkeit des Autoverkehrs abstellen. Spaziergänger und Radfahrerinnen müssten derzeit oft lange warten, bis Ampeln auf Grün umspringen.

„Platz für Wien“ macht sich außerdem für attraktivere „Öffi“-Haltestellen stark. Immerhin hätten viele Bus- und Straßenbahn-Wartehäuschen keinen Witterungsschutz und nur kleine Wartebereiche. Stationen sollten außerdem gleich dazu genutzt werden, um sie zu Umsteigeknoten für den Radverkehr oder für andere Sharing-Angebote zu nutzen. Das Citybike-Netz sollte außerdem in den kommenden fünf Jahren um 125 Standorte verdoppelt und um Lastenräder erweitert werden, so eine der Forderungen.

Die Initiative will bis zur Wien-Wahl im Herbst so viele Unterstützungsunterschriften wie möglich sammeln, hieß es am Mittwoch. Als „symbolische Zahl“ hat man 57.255 angegeben – das entspreche fünf Prozent der Wahlberechtigten in Wien und damit der Hürde, um per Volksbegehren auf Landesebene einen Gesetzesentwurf in den Wiener Landtag einzubringen.