Faulbehälter mit Nachklärbecken in Kläranlage in Simmering
Christian Houdek, ebswien
Christian Houdek, ebswien
Wissenschaft

CoV-Spuren im Kanal als Frühwarnsystem

Wiens Kläranlage unterstützt die Coronavirus-Forschung: Wissenschaftler konnten kürzlich Erbgutspuren des Coronavirus im Abwasser nachweisen. Damit könnte nun ein Frühwarnsystem installiert werden.

Das Erbgut des neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) wurde von Wissenschaftlern des Instituts für Wassergüte und Ressourcenmanagement der Technischen Universität Wien im Zulauf zur Hauptkläranlage der Stadt entdeckt. Zum Einsatz kam dabei eine Methode, die selbst geringste Spuren erkennt.

Stadt fördert Forschung

Mit den nachgewiesenen Spuren können nun Rückschlüsse über die Zahl der Infizierten gezogen werden. Steigt die Menge des Viren-Erbguts im Abwasser, lässt das auf eine Zunahme der Zahl der Personen schließen, die sich mit dem Virus infiziert haben. „Daraus könnte ein echtes Frühwarnsystem entstehen“, sagte Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Die Stadt fördert die Forschung mit 50.000 Euro.

CoV-Spuren im Kanal als Frühwarnsystem

Forscher der TU Wien versuchen anhand von Covid-19-Spuren im Abwasser Veränderung bei der Zahl der Infizierten zu berechnen.

Forscher der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), der Medizinischen Universität Innsbruck, der Technischen Universität Wien und der Universität Innsbruck hatten sich Anfang April zum Konsortium „Coron-A“ zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es herauszufinden, wie das Auftreten von SARS-CoV-2 in häuslichem Abwasser mit der Anzahl der Infektionen im Einzugsgebiet von Kläranlagen im Zusammenhang steht – mehr dazu in science.ORF.at.

Viren-RNA zerfällt

Gefunden wurde in der Kläranlage Simmering nicht das aktive, infektiöse Virus, sondern Spuren seines Erbgutes (RNA). Im Ablauf der Kläranlage in den Donaukanal konnten diese nicht mehr nachgewiesen werden. Die Viren-RNA zerfällt während des rund 20 Stunden dauernden Reinigungsprozesses oder ist im Klärschlamm gebunden, der aus dem Abwasser entfernt und verbrannt wird.

Der Nachweis im Zulauf der Kläranlage in Simmering könnte ein wichtiger unterstützender Baustein im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie sein, heißt es. Nun soll zunächst der Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Virus im Abwasser und der Zahl der Infizierten im Einzugsgebiet der Kläranlage näher untersucht werden.

Erkenntnisse über Dunkelziffer erhofft

Auch verschiedene Abwasserstränge des Kanalnetzes sollen untersucht werden, um damit auch für einzelne Teile Wiens belastbare Ergebnisse zu erzielen. Infizierte Personen – auch ohne Symptome – scheiden über den Stuhl das Virus aus. „Die Abwasseranalysen könnten auch die berühmte ,Dunkelziffer‘ der insgesamt Infizierten mit abbilden“, so Sima. Die Menge der viralen RNA von SARS-CoV-2 im Abwasser liegt laut der Voruntersuchung allerdings weit unter jenen Mengen, wie sie in infektiösen Tröpfchen vorkommen.

Reinigung nach Vorbild der Natur

Die von der ebswien betriebene Kläranlage der Stadt Wien reinigt in Simmering das gesamte in Wien anfallende Abwasser – jährlich rund 200 Milliarden Liter. Pro Sekunde fließen im Schnitt rund 6.000 Liter Abwasser über das 2.500 Kilometer lange Wiener Kanalnetz in die Anlage. Aktuell läuft die Kläranlage gemäß ihrem „Notfallplan Pandemie“.

Die Reinigung des Abwassers erfolgt nach dem Vorbild der Natur: In zwei biologischen Reinigungsstufen bauen Mikroorganismen – wie in natürlichen Gewässern – die im Abwasser enthaltenen Schmutzstoffe ab. In der Wiener Kläranlage aber wesentlich konzentrierter und damit schneller. Nach 20 Stunden in der Anlage fließt das gereinigte Abwasser über den Donaukanal in die Donau. Die Donau verlässt Wien mit der gleichen Wasserqualität, mit der sie in die Stadt gekommen ist.