Ludwig Online
APA/Barbara Gindl
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Politik

1. Mai mit virtuellem Aufmarsch

Der Wiener Rathausplatz hat sich am 1. Mai ungewohnt leer für einen „Tag der Arbeit“ gezeigt. Wegen des Coronavirus gab es statt des traditionellen Aufmarsches nur eine „virtuelle“ Kundgebung der SPÖ. Auch andere Parteien verlegten ihre Veranstaltungen ins Internet.

Statt der traditionellen Kundgebung am Rathausplatz – und vorherigem Sternmarsch aus den Bezirken – wurde eine Fernsehdokumentation produziert, die am Vormittag auf mehreren TV-Kanälen sowie online zu sehen war. In der Sendung wurde die Historie der Maifeierlichkeiten beleuchtet. Auch die Spitzen der Sozialdemokratie kamen zu Wort.

Ausgestrahlt wurde die rund 90-minütige Doku ab 10.30 Uhr, also in etwa zu jener Zeit, in der auch am Rathausplatz die Reden begonnen hätten. Begrüßt wurden die Zuseherinnen und Zuseher vom Wiener Landesparteichef und Bürgermeister Michael Ludwig, dessen Adjustierung zu Beginn – in der ersten Einstellung war er mit Mund-Nasen-Schutz zu sehen – schon auf den aktuellen inhaltlichen Schwerpunkt der Produktion hinwies: Die Coronaviruskrise.

Video der SPÖ Wien

Hoch der 1. Mai – Heute mehr denn je!

Der traditionelle Maiaufmarsch der SPÖ Wien kann aufgrund der Coronavirus-Pandemie heuer nicht stattfinden. Alternativ dazu präsentiert die SPÖ zum 1. Mai einen Film von Regisseur Robert Neumüller und Produzent Kurt Stocker, der die 130-jährige Geschichte des 1. Mai und die große Bedeutung für die Sozialdemokratie erzählt. Zu Wort kommen: SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner, Wiens Bürgermeister und Landesparteichef Michael Ludwig, ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, AK-Präsidentin Renate Anderl und Wiener SPÖ-Frauenvorsitzende, Marina Hanke. Weiters werden Heldinnen und Helden des Alltags, die Wien durch die Corona-Krise bringen, vor den Vorhang gebeten.

Ludwig warnt vor „Verteilungskämpfen“

„Der 1. Mai 2020 ist anders als sonst“, hielt Ludwig fest. Er zeigte sich überzeugt, dass die Auswirkungen der Krise etwa auf den Arbeitsmarkt eine starke Sozialdemokratie erfordern. „Gemeinsam mit den Sozialpartnern und dem Gewerkschaften werden wir darauf achten, dass nicht die Bevölkerung die Zeche zahlt, nicht jene, die jetzt schon hohe Leistung erbringen, die Heldinnen und Helden des Alltags sind, die aber wenig davon haben, dass man sie beklatscht und ihnen auf die Schulter klopft, sondern wo es darum gehen muss, die Einkommen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.“

Der Wiener Bürgermeister warnte vor großen Interessenskonflikten und Verteilungskämpfen. Die Sozialdemokratie werde jedoch so wie in der Vergangenheit an der Seite der Menschen in der Stadt stehen, beteuerte er.

Ins selbe Horn stießen auch Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl, ÖGB-Chef Wolfgang Katzian und die Wiener SPÖ-Frauenvorsitzende Marina Hanke. Verwiesen wurde dabei unter anderem auf das gemeinsam mit den Sozialpartnern umgesetzte aktuelle Kurzarbeitszeitmodell, wobei Katzian konstatierte: „Der Markt regelt jetzt gar nichts, der Sozialstaat regelt.“

Rendi-Wagner will Menschen „wieder aufhelfen“

SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner betonte: „Der Shutdown hat die Menschen niedergeworfen, wir müssen ihnen wieder aufhelfen und dürfen niemanden zurücklassen.“ Denn vielen Menschen sei nun die Lebensgrundlage weggerissen worden. Auch sie befand, dass die Krise zeige, wie wichtig der Sozialstaat sei. Und es mache sich nun bezahlt, dass die Sozialdemokratie in den vergangenen Jahren sich für den Erhalt des Gesundheitssystems eingesetzt habe – auch gegen Widerstände, wie sie sagte.

Rathausplatz mit ein paar Menschen
APA/Roland Schlager
Kleine Protestkundgebungen am Rathausplatz statt SPÖ-Maiaufmarsch

Neben jenen, die am 1. Mai wohl auch am Rathausplatz aufgetreten wären, waren auch eine Reihe weiterer Personen interviewt worden. In der Sendung waren etwa eine Pflegekraft, ein Polizist, eine Kindergärtnerin, eine Lehrerin, ein Feuerwehrmann, ein Mitarbeiter der Müllabfuhr oder auch ein Straßenbahnfahrer zu sehen. Die 130-jährige Gesichte der Maiaufmärsche wurde vom Historiker Wolfgang Maderthaner erläutert.

Ein großer Teil der Doku, in der auch historisches Filmmaterial gezeigt wurde, ist im Karl-Marx-Hof gedreht worden. Das Gespräch mit Rendi-Wagner hat in der ehemaligen Villa des früheren SPÖ-Bundeskanzlers Bruno Kreisky stattgefunden. Zum Schluss wurde – wie am Rathausplatz sonst auch – gesungen. Das „Lied der Arbeit“ und die „Internationale“ waren zumindest in Form von Aufnahmen von Aufmärschen der vergangenen Jahre zu hören.

Rote Fahnen und linke Kundgebungen

Die Lücke am Rathausplatz nutzten am Freitag, dem Tag der Arbeit, immer wieder andere Proponenten – aus höchst unterschiedlichen politischen Lagern – für Aktionismus am Rathausplatz. Die Sozialdemokratie war zumindest mit einigen Plakaten präsent, auf denen groß „Freundschaft“ zu lesen war, flankiert von überdimensionalen Pappnelken.

Rote Fahnen waren aber auch ganz in echt zu sehen. Die linke Initiative „Selbstbestimmtes Österreich“ hielt nämlich ab 10.00 Uhr eine kleine Kundgebung ab – genau dort, wo ansonsten die sozialdemokratischen Spitzenfunktionäre am 1. Mai ihre Reden halten. Tribüne war jedoch keine aufgebaut, man begnügte sich mit Lautsprecher und Mikrofon.

Am Asphalt waren mit Kreide Sterne aufgemalt worden. Das war keinesfalls nur eine politische Botschaft, sondern eine Notwendigkeit. Sie markierten den nötigen Abstand, denn die Ein-Meter-Coronavirus-Regel gilt auch für Demonstrationen. Am Nachmittag bzw. Abend wird eine weitere Demo den Rathausplatz ansteuern. Zu der von kapitalismus- und regierungskritischen Gruppierungen organisierten „mayday“-Kundgebung werden bis zu 500 Menschen erwartet.

Grüne verwiesen am 1. Mai auf „Lösung der Klimakrise“

Die ÖVP hatte heuer keinerlei Veranstaltungen zum 1. Mai geplant. Der grüne Vizekanzler Werner Kogler nahm den 1. Mai zum Anlass, um auf die Lösung der Klimakrise gleichzeitig mit dem nach der Coronakrise nötigen „Comeback für Arbeit und Beschäftigung“ zu pochen. Das Ziel sei jetzt, möglichst viele Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Dafür müsse man in moderne Umwelttechnologien, Digitalisierung und Regionalisierung investieren.

„Gerade in diesen modernen Zukunftstechnologien steckt ein enormes Potenzial an neuen, attraktiven und krisenfesteren Arbeitsplätzen“, Österreich soll in naher Zukunft in diesen Bereichen zu den Weltmarktführern gehören, bekräftigte Kogler in einer Aussendung.

FPÖ: Statt Jahrmarkt-Veranstaltung Online-Auftritt

Die FPÖ hat am 1. Mai ihre Veranstaltung Corona-bedingt nicht wie gewohnt am Urfahraner Jahrmarkt in Linz, sondern in virtueller Form begangen. Parteichef Norbert Hofer, Klubobmann Herbert Kickl und Generalsekretär Michael Schnedlitz warben in einer Druckerei im niederösterreichischen Himberg bei Wien vor allem um Stimmen für ihre Petition gegen die Regierungs-Maßnahmen.

Die FPÖ wolle zurück in die „normale Normalität“, wiederholten Hofer, Kickl und Schnedlitz in der live über den FPÖ-Youtube-Kanal übertragenen Veranstaltung einmal mehr das Credo der Blauen. „Am heutigen Tag der Arbeit ist vielen nicht wirklich zum Feiern zumute“, betonte der Parteichef mit Verweis auf die Rekordwerte bei Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit.

FPÖ warb für "Petition gegen Regierungs-Maßnahmen

Hofer sprach von einem „Chaos um die Coronavirus-Maßnahmen“ der Regierung, die das Land vor enorme Herausforderungen gestellt habe. „Die Bundesregierung hat anfangs zu spät, dann aber umso überzogen reagiert“, die Wirtschaft habe dadurch „schwersten Schaden gelitten“.

Es gelte nun, Druck auf die Regierung aufzubauen, warben Hofer und auch sein Vorredner, Klubobmann Kickl, um Stimmen für die blaue „Petition gegen den Corona-Wahnsinn“. Schnedlitz freute sich über „enormes“ Feedback zur Anfang der Woche gestarteten Initiative: Bisher konnte man schon mehr als 32.000 Unterstützer erreichen, berichtete er.

Die Wiener FPÖ hat aber auch ein Video am Rathausplatz gedreht. Der geschäftsführende Obmann der Wiener Blauen, Dominik Nepp, begrüßte darin die Absage der traditionellen Maikundgebung und höhnte über „sozialistische Bonzen“, die sich sonst am Rathausplatz „abfeiern“ lassen. Allerdings wurde auch der Bund – konkret das Vorgehen bei den Virus-Gesetzgebungen – ins Visier genommen.

Für NEOS ist 1. Mai „Tag der Bildung“

Für NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger gab der 1. Mai „Grund, mit Optimismus und Mut nach vorne zu blicken“. Sie sehe in der Coronakrise auch eine „enorme Chance“ – nämlich angesichts der gemeisterten großen Herausforderungen „in vielen Bereichen, aber vor allem in der Bildung, besser zu werden“, betonte sie in einer Aussendung.

Auf ihre übliche Veranstaltung zum „Tag der Bildung“ – zu dem die Pinken den „Tag der Arbeit“ umfunktioniert haben – haben NEOS heuer verzichtet. „Bildung ist der Grundstein für ein selbstbestimmtes Arbeitsleben“, erklärte Meinl-Reisinger deshalb heuer per Aussendung – und bekräftigte den Appell, „kein Kind zurückzulassen“.

Die KPÖ hält eine Online-Demonstration über ihre Social-Media-Kanäle ab. Am Abend des 1. Mai ruft die KPÖ zu einem Flashmob auf. Sympathisanten sollen um 18 Uhr „Die Internationale“ von Balkon oder Fenster aus intonieren, so der Aufruf.