Radweg auf der Praterstraße
ORF
ORF
Politik

Hebein verteidigt Pop-up-Radweg

Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) hat am Donnerstagabend den Pop-up-Radweg auf der Praterstraße verteidigt. Er sei „als temporäre Maßnahme gedacht“. Sie trat damit Vorwürfen entgegen, die darin eine reine Wahlkampfmaßnahme sahen.

Wegen der Lockerung der Coronavirus-Maßnahmen seien wieder mehr Menschen in der Stadt unterwegs, weil sie in die Schule oder in die Arbeit müssen. Daher sei der Plan zu dem Pop-up-Radweg entstanden: „Um die ‚Öffis‘ zu entlasten, um mehr Platz und Sicherheit für die Radlerinnen und Radler zu schaffen“, sagte Hebein im „Wien heute“-Interview.

Radweg bis Ende August

Es sei aber auf jeden Fall eine temporäre Maßnahme, genauso wie die Begegnungszonen in verschiedenen Bezirken. „Das ist ein Maßnahmenpaket, wo es letzten Endes darum geht, dass wir alle gemeinsam gut durch die Krise kommen“, so Hebein. Aktuell sei der Radweg bis Ende August angedacht, „dabei bleib ich“.

Sie habe aber schon zahlreiche positive Rückmeldungen in Form von Bildern bekommen von Personen, die den Radweg benützen. „Das ist gut, vergönnen wir den Menschen den Raum“, so die Vizebürgermeisterin. Es sei für sie die Aufgabe, jeden Tag aufs Neue zu überlegen, wie der Alltag für die Menschen in Wien erleichtert werden kann.

Kein Konflikt mit Ludwig

Einen Konflikt mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) um die Maßnahmen habe es nicht gegen. Aus seinem Büro hatte es geheißen, er sei kurzfristig am Mittwoch über die Maßnahme informiert worden. „Ich arbeite mit dem Bürgermeister sehr gut zusammen. Er wurde selbstverständlich informiert“, sagte Hebein. Auf die Kurzfristigkeit der Ankündigung angesprochen, antwortete sie: „Ich bin Verkehrsstadträtin.“

 Birgit Hebein und Uschi Lichtenegger radeln auf der Praterstraße
APA/Herbert Pfarrhofer
Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger und Verkehrsstadträtin Birgit Hebein radelten bei der Eröffnung auf der neuen Radspur

Gegenüber der APA hieß es aus dem Büro des Bürgermeisters, man gehe davon aus, dass sich alle zuständigen Stellen, also etwa Bezirk und Polizei, positiv geäußert hätten. Als Kritik an der Vorgangsweise wolle man das nicht verstehen, wurde beteuert. Verkehrsberuhigende Maßnahmen seien prinzipiell auch im Sinn des Bürgermeisters, hieß es.

Orangefarbene Markierungen

Der Pop-up-Radweg auf der Praterstraße wurde am Mittwoch angekündigt und bereits einen Tag später eingerichtet. Er führt jedoch nur stadtauswärts, stadteinwärts steht nach wie vor nur der schon bestehende Radstreifen neben dem Gehsteig zur Verfügung. Für den temporären Radweg wurden über Nacht eigene Markierungen angebracht.

Eine orangefarbene Linie trennt die rechte Fahrspur Richtung Praterstern, die nun von Radfahrern benutzt werden kann, vom Rest der Fahrbahn. Die „Pop-up-Bikelane“ ist zudem mit orangefarbenen Radpiktogrammen gekennzeichnet. An neuralgischen Punkten wurden außerdem Leitbaken aufgestellt.

Gespräch mit Verkehrsstadträtin Birgit Hebein

Stadteinwärts steht nach wie vor nur der schon bestehende Radstreifen neben dem Gehsteig zur Verfügung. Die Maßnahme sei vorerst bis Ende August befristet, sagte Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) im Studio.

Teilstück der Wagramer Straße soll folgen

Hebein bekräftigte bei der offiziellen Eröffnung am Vormittag, dass der Radfahreranteil in Coronavirus-Zeiten stark gestiegen sei. So passierten etwa in der Kalenderwoche 17 – also im Zeitraum vom 20. bis zum 26. April – 34.000 Radler allein die Zählstelle Praterstern. Das sei ein Anstieg von zwei Dritteln im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Coronavirus-Krise „hat uns gezeigt, wie wichtig der öffentliche Raum ist. Wir wollen Platz für alle schaffen“, sagte die Ressortchefin. Andere Metropolen wie Berlin, Barcelona und Madrid hätten ebenfalls schon Pop-up-Radwege geschaffen. Dass die Praterstraße nun nur in eine Richtung über einen solchen verfügt, erklärte Hebein mit entsprechenden verkehrstechnischen Prüfungen.

Gleichzeitig versprach sie: „Es wird nicht bei diesem einen bleiben.“ Ab 16. Mai soll die Kagraner Brücke – die Wagramer Straße über die Alte Donau – ebenfalls eine temporäre Radspur bekommen. Hier laufen noch letzte Untersuchungen. Ein Teilstück soll danach zu einem permanenten Radweg umgebaut werden, kündigte Hebein an.

Zwei Begegnungszonen wieder aufgelassen

Die Stadträtin nannte die Pop-up-Maßnahme am Donnerstag als nächsten Schritt zur Schaffung von mehr Platz für die Wienerinnen und Wiener. Der erste Schritt seien die temporären Begegnungszonen gewesen. Rund ein Dutzend Straßen wurden schrittweise ab Mitte April in solche umgewandelt, wobei einige besser, andere schlechter angenommen wurden.

Inzwischen wurden zwei Begegnungszonen wieder aufgelassen, wie Hebein nun sagte: die Rechte Bahngasse im Bezirk Landstraße sowie die Fernkorngasse in Favoriten. Alle weiteren wurden mindestens bis Ende Mai, ein Teil davon bis Anfang Juli verlängert. Einige Bezirke hätten weitere oder andere Vorschläge für temporäre Begegnungszonen eingebracht.

Praterstraßen-Plan verschiebt sich

Die Praterstraße sorgt schon länger für politische Debatten. Schließlich soll die breite Verbindung zwischen Praterstern und Donaukanal mittelfristig saniert und dabei auch verkehrsberuhigt werden, so zumindest der Wunsch der grünen Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger. Sie wollte das Konzept dafür eigentlich im April präsentieren.

Der Plan war infolge der Coronavirus-Pandemie nicht zu halten. Wann er nun vorgestellt werden kann, sei derzeit nicht abschätzbar, sagte die Bezirkschefin, die ebenfalls an der Eröffnung teilnahm. Die Teams hätten gerade erst wieder ihre Arbeit aufgenommen.

„Überraschend angekündigt und umgesetzt“

Was den Pop-up-Radweg anbelangt, hatten ÖVP und FPÖ bereits am Mittwoch ihre Ablehnung kundgetan. Am Donnerstag meldeten sich weitere Parteien und die Mobilitätsclubs zu Wort. Der Vizeklubchef von NEOS Leopoldstadt, Christian Moritz, begrüßte zwar die Maßnahme, monierte aber, dass die befristete Radspur nur auf einer Straßenseite verläuft. Er forderte zugleich die Verlegung des Umgestaltungskonzepts für die gesamte Straße. Karl Baron, Klubobmann von Die Allianz für Österreich, sprach von „verkehrspolitischem Unfug“.

Das Projekt sei „überraschend angekündigt und umgesetzt“ worden – „ohne Beteiligung der Bezirksvertretung oder Einbindung in ein Gesamtkonzept“, kritisierte der SPÖ-Fraktionsvorsitzende für Stadtentwicklung und Verkehr, Gerhard Kubik, am Donnerstag. Kubik sieht noch Verbesserungsbedarf: „Grundsätzlich sind gut ausgebaute Radwege ein wichtiger Beitrag zur aktiven Mobilität. (…) Es muss unbedingt erhoben werden, ob dieser Radweg auch bei Normalverkehr möglich ist.“

„Realitätsverweigerung, Provokation und Planlosigkeit“

Der ARBÖ ging mit der Maßnahme scharf ins Gericht. „Das, was derzeit im Wiener Verkehrsressort Tag für Tag passiert, ist an Realitätsverweigerung, Provokation und Planlosigkeit nicht mehr zu überbieten. Zuerst die leeren Begegnungszonen und jetzt ein Pop-up-Radweg auf der ohnedies bereits verstopften Praterstraße sind nicht mehr als teure ökoromantische Träumereien und haben mit nachhaltigen Verkehrslösungen für eine moderne Stadt nichts zu tun“, so ARBÖ-Landesgeschäftsführer Günther Schweizer in einer Aussendung.

Gegenteiliger Meinung ist der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). „Die Covid-19-Pandemie hat deutlich vor Augen geführt, wie wenig Platz den Fußgängerinnen und Fußgängern sowie dem Radverkehr in Wien gegeben wird. Dass nun in der Praterstraße der erste Pop-up-Radweg Wiens eröffnet wird, ist erfreulich und ein erster Schritt in die richtige Richtung“, meinte VCÖ-Sprecher Christian Gratzer.