Heinz-Christian Strache im „Wien heute“-Studiointerview
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Politik

Strache: „Habe mich zum Genieren verhalten“

Mit heftiger Kritik an der Regierung und historischen Worten hat heute Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache das Steuer des „Teams Strache“ als DAÖ-Nachfolger übernommen. Sein Verhalten auf Ibiza sei „zum Genieren“ gewesen , räumte Strache gegenüber „Wien heute“ ein.

Symbolisch übergab der ehemalige Rennfahrer und DAÖ-Obmann Karl Baron die Führung der Allianz in Form eines Lenkrads an Strache. Er wisse, wie schnell man bei einem Autorennen als Führender aus der Bahn geworfen werden könne, um dann das Feld von hinten aufrollen zu müssen. Er spielte damit auf das Ibiza-Video an.

Vor einem Jahr krempelte das 2017 aufgenommene Video mit FPÖ-Chef Strache als Hauptdarsteller die Republik um. In einer Villa auf der spanischen Insel Ibiza wurde heimlich jenes Video aufgenommen, in dem sich Strache und sein Freund Johann Gudenus, seines Zeichens später geschäftsführender Klubobmann der FPÖ, vor einer vermeintlichen lettisch-russischen Oligarchennichte um ihre Ämter redeten.

„Despektierlich im Tonfall mit blöden Gerüchten“

Neben Prahlereien und von zahlreichen Kommentatoren für peinlich befundenen Äußerungen und Aktionen (von „Bist du deppert, ist die schoarf“ bis zu Gudenus’ Baller-Geste zur Illustration der Familie Glock) wurde die damalige FPÖ-Spitze dabei aufgenommen, die ihr freilich gar nicht gehörende „Kronen Zeitung“ zu verkaufen, die Privatisierung des österreichischen Wassers anzubahnen und der eigenen Partei über illegale Umwege Spenden zukommen zu lassen. Die Folgen sind bekannt: Strache, der das Video als „b’soffne G’schicht“ relativierte, verlor all seine politischen Ämter sowie jegliche Unterstützung in der FPÖ.

Heinz-Christian Strache im Interview

Heinz-Christian Strache im Interview mit Chefredakteur Paul Tesarek.

Im Interview mit „Wien heute“ räumte Strache ein: „Ich habe mich zum Genieren verhalten. Denn niemand will in einem vermeintlich privaten Urlaub bei einer Einladung heimlich gefilmt werden, wo er teilweise herumlümmelt und vielleicht auch zu viel getrunken hat“. Und er habe sich auch „despektierlich im Tonfall verhalten mit blöden Gerüchten“.

Gleichzeitig betonte Strache erneut, in dem Video „jede Rechtswidrigkeit abgelehnt und nicht mitgespielt“ zu haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft prüft jedenfalls mögliche strafrechtliche Tatbestände hinsichtlich der in dem Video getätigten Aussagen von möglichen Geldflüssen an parteinahe Vereine der FPÖ und umstrittene Postenbesetzungen.

Strache: „Österreich bleibt frei“

„Es gibt keine Opposition mehr. Und dieses Vakuum fülle ich jetzt aus“, holte Strache auch zu einem Überblick über die Positionen seiner Bewegung aus. Diese solle eine neue, moderne und soziale Heimat und Bürgerbewegung werden unter dem Motto „Österreich bleibt frei“, bemühte Strache am Jahrestag der Staatsvertragsunterzeichnung die historischen Worte Leopold Figls, „Österreich ist frei“.

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Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Freitag, 15. Mai 2020, präsentiert sein Team Strache – Allianz für Österreich.
APA/Harald Schneider
Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Freitag, 15. Mai 2020, präsentiert sein Team Strache – Allianz für Österreich.
APA/Harald Schneider
Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Freitag, 15. Mai 2020, präsentiert sein Team Strache – Allianz für Österreich.
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Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Freitag, 15. Mai 2020, präsentiert sein Team Strache – Allianz für Österreich.
APA/Harald Schneider
Der frühere FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Freitag, 15. Mai 2020, präsentiert sein Team Strache – Allianz für Österreich.
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Ein Fahrzeug mit einem DAÖ-Werbesujet des ehemaligen FPÖ-Chefs und Vizekanzlers Heinz-Christian Strache
APA/Harald Schneider

Die Menschen lebten in sehr herausfordernden Zeiten, sagte Strache. Es brauche Antworten und Lösungen, die die derzeitige politische Landschaft nicht anzubieten habe. Die Regierung habe in vielen Bereichen versagt, keine Opposition: Es brauche also eine Bewegung, die sich abseits ausgetretener Pfade stärker den Bürgern öffne und sie einbeziehe in das politische Geschehen. „Genau das wollen wir“, sagte Strache.

Die Republik stehe erneut vor großen politischen Herausforderungen, etwa der Aufarbeitung der Folgen der Krise, die Strache eine „Jahrhundertherausforderung“ nannte und die über sämtliche Parteigrenzen hinweg im Interesse der Bevölkerung bewältigt werden müsse.

Strache sieht sich als Vorkämpfer freiheitlicher Ideen

Strache erhob Anspruch seiner Bewegung auf die Vertretung des freiheitlichen Lagers. Er sei es gewesen, der in den vergangenen Jahren Themen, die Menschen unter den Nägeln brennen, sichtbar gemacht habe, und er habe im Interesse der Menschen dargelegt, wie diese Probleme gelöst hätten werden können. Ein vornehmliches Ziel sei die Stärkung regionaler und nationaler Bedingungen.

Strache sprach sich auch für die Erhaltung der Neutralität als Gegengewicht zu einer völlig aus dem Ruder laufenden Globalisierung aus. Auf Basis der Verfassung stehe das Team für zentrale gesellschaftliche Werte wie Kameradschaft und Zusammenhalt. Das entspreche „dem immerwährenden Auftrag der freiheitlichen Bewegung in Österreich“. Würde das Team Strache heute das Fundament nicht schaffen, würde das freiheitliche Moment in Österreich verschwinden. „Österreich braucht uns als Bewegung, gerade in Zeiten wie diesen“, so Strache.

Vorfreude auf Wiener Wahlkampf „mit Herz“

„Ich freue mich auf diese Verantwortung vor allem im Vorfeld der Wiener Landtagswahl. Die Wiener wissen, was sie an mir haben und dass man sich auf mich verlassen kann“, sprach Strache ein explizit Wiener Thema an: „Das Original bin ich. Das wissen die Menschen.“ Der andere sei eine Kopie, so Strache über seinen Nachfolger bei der FPÖ Wien, Dominik Nepp. Laut Strache hat sein Team in Wien mehr als 1.000 Mitglieder und Unterstützer. Auf die Frage, ob er als Parteiobmann der neuen Partei jetzt gleich in den Landtag einziehen wolle, sagte Strache, „diese Frage stellt sich nicht“.

Comeback ein Jahr nach Ibiza

Genau ein Jahr nach dem Ibiza-Video hat Heinz-Christian Strache heute sein Comeback fixiert. Als Team HC Strache tritt er bei der Wien-Wahl an.

Strache stellte dann auch mit Christian Höbart den bisher prominentesten Neuzugang aus dem freiheitlichen Lager vor. Der 44-Jährige saß für die FPÖ über ein Jahrzehnt im Nationalrat und war geschäftsführender Obmann der niederösterreichischen Blauen, zuletzt aber parteiintern nicht unumstritten. Höbart werde nicht nur Wahlkampfleiter in Wien, sondern auch Landessprecher in Niederösterreich und Team-Generalsekretär.

Zur Finanzierung seiner Bewegung sagte Strache, man arbeite „mit vollstem Idealismus ohne Geld“. Es fiel das Wort „Minimundusbudget“, Strache sprach von der Hoffnung auf Spenden, man werde sich nach der Decke strecken. Es gebe wenig Geld für den Wiener Wahlkampf, aber man werde mit Herz, Leidenschaft und Seele in den Wahlkampf gehen. Unterstützer gebe es viele, so Strache weiter, Namen wollte er aber noch nicht nennen. Immerhin könne seine Bewegung bisher auf österreichweit rund 5.000 Unterstützer zählen. Darunter ist auch seine Frau, die Nationalratsabgeordnete Philippa Strache, die dem Team angehöre und dieses voll und ganz unterstütze.

Politberater: „Wohlbekannter Populismus-Wettbewerb“

Aus Sicht des Politikberaters Thomas Hofer gab es bei der Präsentation wenig Überraschendes. „Ich glaube überhaupt, dass es da einen Wettbewerb geben wird, vor allem zwischen der FPÖ und dem Team Strache, um jene, die jetzt eben die Auswirkungen der immanenten Corona-Krise spüren. Und da will man natürlich frustrierte Enttäuschte einsammeln und da gibt es den alten, wohlbekannten Populismus-Wettbewerb“, so Hofer gegenüber „Wien heute“.

Die Ibiza-Affäre und Vorwürfe zu Parteispesen seien bei den Wählerinnen und Wählern noch nicht vergessen. „Ich glaube schon, dass es in den Köpfen der Leute ist, dass die FPÖ, jedenfalls der Herr Strache, sich grad in Richtung Regierungsfähigkeit nicht mit Ruhm bekleckert hat“, so der Politikberater.

FPÖ: „THC-Partei als One-Man-Show“

In einer kurzen Reaktion der Wiener FPÖ bezeichnete Landesparteisekretär Michael Stumpf das Team Strache als „THC-Partei“: "Von der DAÖ zur THC-Partei, das hat die Bedeutung, wie wenn in China ein Radl umfällt. Spätestens jetzt sollte jedem klar sein, dass eine Stimme für die THC-Partei eine verlorene Stimme ist. Das Programm ist das, was die Freiheitlichen seit vielen Jahren vertreten, nur als One-Man-Show. Die freiheitliche Familie ist viel größer als eine Einpersonenpartei.“