Burgtheater in Wien
ORF.at/Zita Klimek
ORF.at/Zita Klimek
Kultur

Burgtheater plant sechs Uraufführungen

Trotz aller Unsicherheiten hat man am Wiener Burgtheater Pläne für die Saison 2020/21 geschmiedet und sie heute präsentiert. Geplant sind sechs Uraufführungen. Proben will man in kleinen Einheiten, „wie im Fußball“, so Burgtheater-Direktor Martin Kusej.

„Ich hoffe, dass die Zeit für uns arbeitet und dass wir im Herbst anfangen können zu spielen, mit möglichst wenig Einschränkungen“, sagte Kusej bei einem Pressegespräch im Kasino. Er werde nun mit seinen Schauspielern und dem Team „wie im Fußball“ kleine Einheiten bilden, die jeweils im Pool getestet werden. „Wir versuchen, Eigenverantwortung ernst zu nehmen. Und küssen kann man dann auch im Herbst proben“, so der Burgtheater-Direktor.

Eröffnungsstück musste getauscht werden

Eröffnet werden soll am 11. September mit Calderons „Das Leben ist ein Traum“. Die ursprünglich vorgesehene Eröffnungspremiere „Maria Stuart“ hätte heuer bei den Salzburger Festspielen herauskommen sollen. „Das war unter diesen Umständen nicht zu machen, das hätte man im April auf keinen Fall proben können. Deshalb habe ich rasch das Ruder umwerfen müssen“, so Kusej.

„Das Leben ist ein Traum“ thematisiert laut Kusej Fragen der Freiheit und passe auf unsere Zeit. „Im Theater sollte man im Grunde für jede Krise gewappnet sein. Daher ist vieles ohne eine Ahnung von der Krise geplant worden und passt natürlich trotzdem.“

Politischer Zugriff auf Körper als Leitthema

Das Eröffnungsstück sei auch die „Flagship-Produktion“ zu der Frage „Politik der Körper“: „Das ist quasi die Überschrift über dem Spielplan.“ Das Thema findet sich in zahlreichen weiteren Stücken. Der Österreicher Thomas Köck stellt in „antigone. ein requiem“ etwa Antigone in eine andere politische Situation. „Es werden zahllose tote Körper an den Strand von Theben angespült. Antigone schleppt die Toten in die Stadt und fordert die Verantwortung ein“, schilderte die stellvertretende künstlerische Direktorin Alexandra Althoff.

In „Das Himmelszelt“ von Lucy Kirkwood geht es um den Körper einer jungen Mörderin, in „Die Troerinnen“ des Euripides „wird über die Körper der trojanischen Frauen verhandelt. Der Krieg geht weiter, das Schlachtfeld sind die Körper der Frauen“, sagte Althoff. Sie rühmte die Australierin Adena Jacobs, die erstmals in Kontinentaleuropa inszeniert, „für ihre ungewöhnliche, bildmächtige Fortschreibungen antiker Stücke mit dezidiert feministischem Zugriff“.

Zehn Erstaufführungen

Insgesamt arbeiten in der nächsten Saison Regisseurinnen und Regisseure aus 14 Ländern am Burgtheater. Neuzugänge sind neben Adena Jacobs auch David Kramer („Pelleas und Melisande“), Antonio Latella (inszeniert Oscar Wildes „Bunbury“) und Lucia Bihler (inszeniert Thomas Bernhards „Die Jagdgesellschaft“). Erstmals am Burgtheater aktiv ist auch das Hamburger Trio „Kommando Himmelfahrt“ mit einer Rock’n’Roll-Inszenierung der „Zauberflöte“.

Mit sechs Uraufführungen und zehn Erstaufführungen im Spielplan sei zeitgenössisches Theater weiterhin eine wichtige Säule des Burgtheaters, betonte Kusej. So habe die Theaterszene zehn Jahre auf das neue Stück von Rainald Goetz gewartet. Dieses „schildert die planmäßige Abschaffung der demokratischen Grundrechte bei der ersten großen Krise des 21. Jahrhunderts“, nämlich nach 9/11: Robert Borgmann wird gegen Ende der Saison „Reich des Todes. Politische Theorie“ im Akademietheater inszenieren.

Castorf inszeniert Handke: „Zwei Widerspenstige“

„Eine besonders spannende Kombination aus Autor und Regisseur“ ist Kusej bei einem weiteren neuen Stück gelungen: Frank Castorf inszeniert Peter Handkes „Zdenek Adamec“. „Das sind nun wirklich zwei Widerspenstige“, schmunzelte der Direktor. Falls das Stück nicht wie ursprünglich geplant in Salzburg heuer uraufgeführt wird, müsse man den Wiener Termin aber eventuell überdenken.

Der Australier Simon Stone verwarf seine ursprünglichen Pläne und bringt nun „Kinder der Sonne“ auf die Bühne. Das Stück beschäftigt sich mit Cholera-Aufständen von Anfang des 18. Jahrhunderts rund um Verschwörungstheorien und Revolten gegen die Herrschenden. „Die Parallelen zur Coronakrise sind natürlich nicht zufällig“, so Althoff.

Ausgefallene Produktionen werden nachgeholt

Insgesamt acht Produktionen, die heuer aufgrund der Coronavirus-bedingten Schließungen nicht gezeigt werden konnten, sollen nachgeholt werden. „Wir haben unsere erste Spielzeit jäh unterbrechen müssen, ich glaube, dass wir einen sehr guten Start hingelegt haben“, sagte Kusej und nannte eine 80,4-prozentige Gesamtauslastung für 2019/20. „Ich bin froh, dass wir mit der Kurzarbeit allen Menschen eine gewisse Perspektive geben konnten. Ich merke, dass alle 540 Leute am Haus darauf brennen, dass wir spielen können.“

Die neue Situation werde wohl schwierig, „aber wir werden lernen müssen, damit umzugehen“. Um dem Publikum, das im Herbst vielleicht noch eine gewisse Scheu vor Theaterbesuchen haben könnte, Mut zu machen, werde er sich gerne auch selbst immer wieder ins Publikum setzen. „Manchmal muss der Käpt’n an Bord bleiben, wenn das Schiff untergeht.“ Dass es dazu aber nicht kommt, dafür sollen auch dringend notwendige Budgetverhandlungen sorgen. Denn die finanzielle Situation des Hauses, das stellte der Direktor klar, sei auch schon vor der Coronavirus-Krise alles andere als rosig gewesen.