Durch die Ausgangsbeschränkungen ist der soziale Austausch zwischen Geflüchteten und Wienerinnen und Wienern zusammengebrochen. Seit sechs Wochen ist es im „Freunde Salon“ der Integrationsinitiative „Fremde werden Freunde“ still. Sie musste ihre Angebote für geflüchtete Menschen ins Internet verlegen, um weiter in Kontakt bleiben zu können, sagte Mitgründerin Kathrin Limpl. „Wir haben das Erzählcafe online gemacht, Schach wird online gespielt, die Arabischstunde haben wir auf Zoom gemacht. Wir haben ein bisschen versucht es zu kompensieren. Das geht aber natürlich nicht genauso gut.“
Sozialkontakte nicht aufrechterhalten
Die Ausgangsbeschränkungen haben zu Integrationseinschränkungen für Geflüchtete und Migranten geführt, erklärt die Sozialwissenschafterin Judith Kohlenberger von der Wirtschaftsuniversität Wien. „Weil sie ihre Sozialkontakte nicht entsprechend aufrechterhalten konnten. Sozialkontakte beschränken sich aktuell auf den engsten familiären Kreis und das sind dann meistens keine Menschen der Aufnahmegesellschaft und keine Menschen mit denen man Deutsch spricht.“
Wenn das über viele Wochen passiert, werden die Sozialkontakte, die Geflüchtete aufgebaut haben, wieder abgebaut wurden. Kohlenberger arbeitet gerade an einer Studie zu diesem Thema. „Das wird sich wahrscheinlich erst in den nächsten Wochen und Monaten zeigen, wie nachhaltig da die Erosion der Sozialkontakte war. Aber wir sehen jetzt schon, das wir ja nicht wieder von null auf 100 hochfahren. Das heißt, es kommt erst sehr zögerlich wieder zu Sozialkontakten, die über den engsten Kreis hinaus gehen.“
Schwierige Integration in Corona Zeiten
Viele Deutschkurse und zahlreiche andere Integrationsmaßnahmen sind derzeit unterbrochen. Was das für die Integrationsbemühungen in der Stadt bedeutet, hat Katharina Weinmann recherchiert.
Informationen zu spät in Sprache der Betroffenen
Neben Kontakten sind auch Informationen wichtig, vor allem zu Beginn der Ausgangsbeschränkungen. Hier wären Fehler passiert, so die Sozialwissenschafterin. „Das weiß man ja mittlerweile, dass viele Informationen über Eindämmungsmaßnahmen erst zu spät oder auch fehlerhaft in die wichtigsten Migrantensprachen übersetzt wurden. Das hat zum Beispiel dazu geführt, dass sich viele Neuangekommene komplett isoliert haben.“
Das habe man auch bei „Fremde werden Freunde“ bemerkt, erzählt Limpl. „Man muss sich vorstellen, das sind Menschen, die mit Behörden schon eine ganz andere Erfahrung gemacht haben und natürlich extreme Angst haben, einen Fehler zu machen. Das heißt, viele haben sich ganz zurückgezogen. Sie sind in den ersten Tagen und Wochen gar nicht rausgegangen.“
ORF-Initiative für mehr Information
Aus der Integrationsinitiative ist deshalb in der Krise auch eine Informationsinitiative geworden. In Arabisch und Farsi werden Nachrichten rund um Corona für die Sozialen Netzwerke des ORF gemacht, zumindest bis im „Freunde Salon“ wieder Veranstaltungen stattfinden können. Die werden schon sehnsüchtig erwartet, denn die Mietkosten von 950 Euro können ohne Spenden, die bei Veranstaltungen lukriert werden, nicht gestemmt werden.